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Seit Anfang der 2010er Jahre häufen sich die Behauptungen einer Revolution der Automatisierung, die nicht nur Verkehrssysteme transformieren, sondern auch das räumliche Gefüge und das Leben in Städten grundlegend verändern würde. Inmitten der neu entfachten Euphorie für selbstfahrende Fahrzeuge, die um die Jahrtausendwende von Forschenden und Technologieunternehmen ausgelöst wurde, sind Planungsämter und die öffentliche Hand aufgerufen, sich vorzubereiten und den komplexen und wahrscheinlich chaotischen Übergang in eine Zukunft mit automatisierter Mobilität in geordnete Bahnen zu lenken. Die Ressourcen und Kapazitäten von Planungsakteur:innen, um proaktiv zu handeln oder, besser noch, identifizierte Steuerungsansätze umzusetzen, variieren jedoch erheblich zwischen Gemeinden und Regionen, die daran beteiligt sein wollen, wie sich Entwicklungspfade automatisierter Fahrzeuge auf lokaler Ebene manifestieren. Um zu analysieren, wie, mit welchen Mitteln und zu welchem Zweck sich Planungsakteur:innen auf die potenzielle Einführung der automatisierten Mobilität in einer der am schnellsten wachsenden Metropolregionen Nordamerikas vorbereiten, dienen Planungsinitiativen im Großraum Toronto als Fallbeispiel für eine eingehende Analyse. Auf der Grundlage neo-institutionalistischer und sozialwissenschaftlicher Theorien wird Transformation als ein gradueller Wandel verstanden, der sich durch viele Instanzen explorativer Abweichung und Neuausrichtung vollzieht. Die Analyse stellt das transformative Potenzial endogener Veränderungsprozesse in den Mittelpunkt, die durch kreatives Handeln und soziales Lernen vorangetrieben werden, und widerlegt damit die weit verbreitete Behauptung, dass Automatisierung eine externe Disruption darstellt. Die Fallstudie zeigt die Handlungsfähigkeit von Planungsakteur:innen im Großraum Toronto auf, ihr Umfeld zu gestalten und neu zu erschaffen, indem sie bestehende Formen der Planungspraxis verändern. Die Veränderung bestehender Planungsmethoden kann entscheidend sein, um sicherzustellen, dass lokale und regionale Entwicklungspfade einer automatisierten Mobilität mit gesellschaftlichen Interessen in Einklang stehen. Innerhalb der institutionellen, politischen, kulturellen und räumlichen Rahmenbedingungen, die neue Formen der Praxis ermöglichen und gleichzeitig einschränken, schmiedet eine neue Generation von Verkehrsplaner:innen neue Beziehungen, Prozesse und Taktiken, um alternative Mobilitätsvisionen zu realisieren.Die Studie bietet ein ausgewogeneres Verständnis von Transformation im Kontext automatisierter Fahrzeuge, indem sie deren Bedeutung für Mobilitätssysteme, städtischen Raum und Planungspraxis dekonstruiert. In einem aufschlussreichen Moment der Ungleichzeitigkeit hebt sie die Vielfalt des gesellschaftlichen, technologischen und räumlichen Wandels hervor, der sich in unterschiedlichem Tempo vollzieht. Während die anfänglichen Vorstöße von IT-Unternehmen schneller erschienen, als Regierungen imstande waren zu reagieren, haben technologische Rückschläge inzwischen die Zeitachse der Kommerzialisierung von automatisierten Fahrzeugen verändert, mancherorts in einem Ausmaß, dass die Planungspolitik das Tempo der technologischen Innovation überholen ließ. Diese Zeitverzögerung muss als Chance erkannt werden, um den engen Fokus auf die technische Leistung zu erweitern und Raum für soziale Innovationen zu schaffen. Ob das Aufkommen automatisierter Fahrzeuge den Status quo im Verkehrswesen festigt und bestehende Herausforderungen verschärft oder stattdessen alternative Mobilitätsvisionen fördert, hängt auch von der Fähigkeit der Planer:innen ab, die sozialen Praktiken, die der Umsetzung von transformativen Visionen, Politiken und Konzepten im Wege stehen, neu auszurichten.
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