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Das Bauhaus reagierte auf die tiefgreifenden Folgen der industriellen Revolution, den damit einhergehenden sozialen Veränderungen, auf zwei Weltkriege und Revolutionen. Wir sehen uns heute vor anders gewandeten Herausforderungen, die ähnlich folgenschwer unsere Gegenwart und Zukunft bestimmen. Klimawandel, geopolitische Veränderungen und künstliche Intelligenz – das Stichwort lautet Multiple Krisen. Die sozialen, ökonomischen und kulturellen Ungleichheiten, die daraus resultieren, fordern uns zum Handeln auf. Auch die derzeitige Corona-Pandemie (seit 2019) stellt uns vor neue, nicht da gewesene, Herausforderungen. Obwohl die Ausgangslage scheinbar eine andere ist, leben wir in einer ähnlichen Welt der Umbrüche, in der der Wille zur Veränderung neue Potentiale frei setzt: Jener Wille, unsere Gegenwart und Zukunft nachhaltig, inklusiv und demokratisch zu gestalten. Vom Bauhaus zu lernen bedeutet, diese Energie und diesen Willen zur Veränderung, welche aus den Umbrüchen resultieren, zu nutzen und die Problemstellungen gemeinsam anzupacken. Das Bauhaus hat mit seinem Mut, veraltete Strukturen aufzubrechen und – entgegen den bewährten Traditionen – neue Herangehensweisen in Design, Architektur, Bildung und dem Zusammenleben auszuloten, den Weg zu einer neuen Epoche geebnet: der Moderne. Diese muss durchaus kritisch befragt und untersucht werden, jedoch bleibt das Bauhaus eine kulturell prägende Institution. Es hat maßgeblich an einer neuen Ästhetik mitgewirkt, an neuen Wohnmodellen experimentiert, interdisziplinär gearbeitet, einen neuen kunstpädagogischen Diskurs gestartet und dabei Gemeinschaft gelebt. All das mit dem Ziel, einen neuen „Bau der Zukunft“ auf den Trümmern des vorangegangenen Jahrhunderts zu errichten. Kunst, Design und Architektur können uns dabei Werkzeuge anbieten, unsere Welt und unser Zusammenleben gemeinsam zu gestalten und unsere Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten zu erweitern. Globale Probleme können somit lokal angegriffen werden. Gestaltung wird dabei zum Instrument, um zu einem zukunftsfähigen Wandel sowie einem sorgetragenden Miteinander nachhaltig beizutragen. Es bedeutet dabei nicht, die Lösungsvorschläge des Bauhauses eins zu eins zu übernehmen. Es bedeutet auch nicht, das Bauhaus kritiklos zu glorifizieren. Vielmehr sollen die Mechanismen dahinter frei gelegt werden, um sie gezielt für unsere Bedürfnisse anzuwenden. Es bedeutet, mit Neugierde, Mut und viel Kreativität auf die brennenden Fragen unserer Zeit zu reagieren. Vom Bauhaus zu lernen bedeutet, den Jetzt-Zustand kritisch zu hinterfragen, Probleme und Potentiale zu identifizieren und den Herausforderungen unvoreingenommen, dynamisch und idealistisch zu begegnen. Den Fragestellungen unserer Gegenwart kann kollektiv und interdisziplinär begegnet werden um somit die Potenziale der Vielfalt zu nutzen. Ausgetretene Pfade werden hinter sich gelassen und neue Wege gedacht und erkundet. Vom Bauhaus zu lernen bedeutet außerdem, zu experimentieren, Expertisen aufzubauen und der Neugierde immer Raum zu lassen. Der Anspruch auf einen gleichberechtigten, demokratischen und menschenfreundlichen Entwurfsprozess wird dabei nicht nur angewandt, sondern gelebt und in alle dem soll - wie von den Bauhäusler*innen vorgelebt - niemals auf das Feiern vergessen werden! Ziel der Diplomarbeit ist eine umfassende Analyse, die sowohl den geschichtlichen Kontext, die treibenden Schlüsselfiguren, die Lehre als auch die ästhetischen Auffassungen am Bauhaus aufarbeitet. Komplettiert wird dies durch Einblicke in den Alltag am Bauhaus. Von der Faszination geleitet, die das Bauhaus in seinem lustvollen Umgang mit Gestaltung ausübt, ist das Bestreben, detailorientiert Bezüge zwischen den einzelnen Aspekten herzustellen um daraus Prinzipien abzuleiten, die uns ein zukunftsorientiertes Handeln ermöglichen. Im ersten Teil der Arbeit wird die „Methode Bauhaus“ dechiffriert. Es leiten sich neun Thesen ab, die wir vom Bauhaus auf unsere gegenwärtige Architekturpraxis anwenden können. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der aktuellen Rolle des Handwerks. Im Zuge des Projekts „Handwerk & Baukultur“ entstand die praktische Ausarbeitung des Raumprogramms des Auftaktworkshops am 10.3.2023 im Südbahnhotel am Semmering.
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