Weigert, M., Daxbeck, H., Raab, J., Kisliakova, N., Bischofberger, A., Hölzl, R., & Lepuschitz, B. (2023). Sondierung zur Durchführbarkeit CO₂-neutraler Demonstrationsbaustellen. Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. https://doi.org/10.34726/5299
Das Vorgängerprojekt „CO2 neutrale Baustelle“ identifizierte viele Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen in der Errichtungsphase von Bauwerken. In der Sondierung soll nun die Testung von Maßnahmen auf konkreten Baustellen in Österreich in großer Anzahl vorbereitet werden. Durch die breite Aufstellung von organisatorischen Maßnahmen, technischen Entwicklungen sowie Erzeugung und Zukauf von erneuerbarer Energie können zahlreiche Erfahrungen und Erkenntnisse aus Praxistests gewonnen werden. Der nächste logische Schritt war, Voraussetzungen zu schaffen, diese in Zukunft auf unterschiedlichen Baustellentypen gesammelt anwenden zu können und damit erste CO2-neutrale Baustellen ohne Kompensation bis 2030 abzuwickeln.
Aufgrund der sich anbahnenden Klimakatastrophe, die spätestens durch die Häufung von Extremwetterereignissen auf der gesamten Nordhalbkugel bei Projektabschluss (Juli 2023) evident wurde, ist die Nichteinhaltung der Klimaziele durch nichts mehr zu rechtfertigen. Der Gebäudesektor hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten im Vergleich zur Agrarwirtschaft und zum Verkehr stark verbessert. Im konkreten Fall müssen sich Bauprozesse jedoch nicht zuletzt auch aufgrund des 2019 etablierten European „Green Deals“ laufend verbessern, damit sie taxonomiefähig – und damit finanzierbar – bleiben und nicht als „gestrandetes Asset“ zum Erliegen kommen.
Mit dem Forschungsprojekt wird darauf abgezielt, konkrete Demonstrationsvorhaben zu identifizieren und individuell abgestimmte Maßnahmen zur CO2-reduzierten Baustellenführung vorzubereiten. Aus derzeitiger Sicht ist eine komplett CO2-neutrale Baustelle ohne Kompensation noch teuer und in den meisten Fällen gar nicht möglich. Andererseits können geringfügige Einsparungen und Kompensation rasch und einfach erreicht werden. Daher wird das konkrete Ziel für die Demo-Baustellen wie folgt definiert: 20 % reale Einsparungen auf den Demo-Baustellen vor Kompensationsmaßnahmen. Die Summe der Maßnahmen, die getestet und so für die breite Anwendung in der Praxis vorbereitet werden, sollen die Voraussetzungen für eine CO2-neutrale Baustellenführung (ohne Kompensation) bis 2040 als Standard schaffen.
Die Grundlagen wurden anhand umfangreicher Online-Recherchen und Befragungen ermittelt. Zur Erhebung der Stimmung in der Baubranche wurde eine Online-Umfrage zum Klimaschutz im Bauwesen durchgeführt. Die Beobachtung einer Pilotbaustelle mit ausgewählten Maßnahmen hat geholfen, die Risiken besser zu verstehen und einschätzen zu können. Die Sondierung selbst erfolgte hauptsächlich durch einen Online-Workshop mit Anbietern innovativer Technologien zur CO2-Reduktion sowie potenziellen Bauherr:innen.
Mitarbeiter:innen der Baubranche wünschen sich mehrheitlich ein klimaverträgliches Agieren der Bauindustrie. Die Mobilitätswende am Bau ist kostspielig, öffentliche Förderungen dafür sollten erhöht werden. Die wesentlichen Technologien – insbesondere alternative Antriebssysteme – für eine Systemwende hin zur Nachhaltigkeit am Bau sind bereits verfügbar, der Markt ist jedoch (noch) nicht gesättigt. Große Baugeräte werden in absehbarer Zeit nicht substituiert werden; sie könnten eine Nische für E-Fuels oder Bio-Fuels bieten. Durch den massiven Ausbau in Wasserstoff-Infrastruktur könnte sich dieser bei Vorhandensein von ausreichend grünem Wasserstoff als ein Antrieb der Zukunft von LKWs durchsetzen. Die Verankerung von Klimaschutz im Bauwesen ist im Bundesvergabegesetz gut gewählt.
Das Bundesvergabegesetz bietet Möglichkeiten zur Berücksichtigung ökologischer Aspekte in öffentlichen Ausschreibungen bzw. im Zuge öffentlicher Vergabeverfahren, z.B. durch die Formulierung von Bedingungen im Leistungsvertrag und die Heranziehung entsprechender Zuschlagskriterien. Im Bauvertrag sind Pönaleregelungen zu verankern, die schlagend werden, wenn der Unternehmer seinen Leistungsversprechen, wie etwa die Einhaltung zugesagter ökologischer Maßnahmen, nicht nachkommt.
Als Demonstrationsbaustelle wurde im Zuge des Projektes eine Wohnbau-Baustelle in Feistritz (Kärnten) ausgewählt. Das geplante Objekt umfasst zwei Wohngebäude mit jeweils 18 Wohnungen auf drei Obergeschoßen und einem Untergeschoß. Die Brutto-Grundfläche pro Gebäude beträgt in etwa 1.150 m². Geplanter Baubeginn ist im Herbst 2023 und die Bauzeit beträgt zwei Jahre. Die Maßnahmen, welche ausgewählt wurden, um die Emissionen zu reduzieren, umfassen energieeffiziente Baucontainer mit Einsatz von Photovoltaik, Batterien, Ladestationen, Einsatz von E-LKWs, eine Optimierung der Baustellentransporte sowie die Verwendung von UZ46-zertifiziertem grünen Strom für die restliche benötigte Energie.
Die Risikovorerhebung ergab, dass eine ausreichende Anschlussleistung, wie bereits im Vorgängerprojekt vermutet, essenziell für das Gelingen einer Baustelle mit elektrisch betriebenen Geräten ist. Ferner ist beim Einsatz elektrischer Baugeräte vorab genau zu prüfen, ob die (Dauer-)Leistung des Elektrogeräts für das Vorhaben ausreichend ist. Das Monitoringkonzept sollte für einen effizienten Ablauf vor Baubeginn eigens an die realen Umstände angepasst werden. Das genaue Vorgehen der Messung und die Berechnungsmethode für Emissionen sowie Einsparungen werden vor Baubeginn vertraglich festgelegt.
Der nächste Schritt, um die Klimaziele der österreichischen Bundesregierung umsetzen zu können, ist die Ausschreibung und der Testbetrieb der Demonstrationsbaustellen. Die Erkenntnisse daraus können verwendet werden, diese Baustellen zu optimieren, Leistungsverluste zu erkennen und diese gegebenenfalls durch einen Optimierungsprozess auszugleichen.
Weiters sollte die Bilanzierung von Bauvorhaben genauer erforscht werden, um durch standardisierte Bewertungssysteme den Einfluss auf die Umwelt frühzeitig zu erkennen. Einheitliche, transparente und österreichweit abgestimmte Nachhaltigkeitsbewertungen könnten somit eine Entscheidungsgrundlage für Projekte und einen wesentlichen Eckpfeiler für das Erreichen von Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen darstellen.
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The previous research project "CO2 neutral construction site" identified numerous measures to reduce CO2 emissions in the erection phase of buildings. In the exploratory project, the testing of measures on specific construction sites in Austria should be prepared in a large number. A wide range of organizational measures, technical developments, and the generation and purchase of renewable energy can be used to gain a significant amount of experience and knowledge from practical tests. The next logical step was to create the prerequisites to apply them collectively to different types of construction sites in the future and thus to handle the first CO2-neutral construction sites without compensation by 2030.
Initial situation/status quo
Due to the approaching climate disaster, which became evident at the latest by the accumulation of extreme weather events in the entire northern hemisphere at the end of the project (July 2023), there is no longer any justification for missing the climate targets. The building sector has improved greatly in recent years and decades compared to the agricultural and transport sectors. However, in the specific case, construction processes must improve continuously, not least due to the European "Green Deal" established in 2019, so that they remain taxonomy-capable – and thus financeable – and do not come to a standstill as a "stranded asset."
The research project aims to identify concrete demonstration projects and develop individually tailored measures for carbon-reduced construction sites. From today's perspective, a completely carbon-neutral construction site without any compensation measures is still costly and, in most cases, not even possible. On the other hand, minor savings and compensation can be achieved quickly and easily. For this reason, the specific target for the demonstration building sites has been defined as follows: 20 % real savings on the demo sites before compensation measures. The sum of measures, which are tested in practice and are thus prepared for a broad application, should create the requirements for a carbon neutral construction site (without compensation) as a standard by the year 2040.
Basic information has been gathered through extensive online research and interviews. An online survey on climate protection in the construction industry was carried out to gauge the industry's mood. The observation of a pilot construction site with selected measures helped gain a better understanding and assessment of the risks involved. The actual probing was mainly conducted through an online workshop with providers of innovative technologies for CO2 reduction and potential building owners.
The majority of employees in the building and construction industry are in favor of the climate-friendly behavior of the construction industry. Switching to sustainable construction is costly, and public funding should be increased. Climate-friendly technologies, especially alternative propulsion, are already available, however, the market is not saturated (yet). There is no replacement for large construction equipment in the foreseeable future, but there could be a niche for e-fuels or bio-fuels. Massive expansion of hydrogen infrastructure could make H2 the future for powering trucks, provided that enough green hydrogen is available. The anchoring of climate protection in construction is well chosen in the Austrian Federal Procurement Act Of 2018 (referred to as "Bundesvergabegesetz 2018").
The Bundesvergabegesetz 2018 offers opportunities to consider ecological aspects in public tenders or during public procurement procedures, e.g., by formulating conditions in the contract and corresponding award criteria. Penalty clauses should be included in the construction contract. These apply if the contractor fails to meet the performance commitments, such as compliance with promised environmental measures.
During the research project, a residential building site in Feistritz (Carinthia) was chosen as a demonstration site. The proposed site consists of two residential buildings, each with 18 apartments on three upper floors and a basement. The gross floor area per building is about 1,150 m². The estimated start of construction will be in the fall of 2023, and the construction period is two years. Measures selected to reduce emissions include using energy-efficient containers with photovoltaics, batteries, charging stations, e-trucks, optimizing site transportation, and using certified green electricity for the rest of the required energy.
As was already assumed in the previous project, the preliminary risk assessment showed that a sufficient connected load is a prerequisite for the success of a construction site with electrically operated equipment. Moreover, when using electrical construction equipment, it must be checked beforehand whether the (permanent) power of the electrical equipment is sufficient for the project. The monitoring concept should be adapted to the actual conditions before construction starts for an efficient process. The exact measurement procedure and the calculation method for emissions and savings are contractually defined before construction begins.
The next step in achieving the Austrian government's climate goals will be to tender and test the demonstration sites. The results can be used to optimize these sites, to identify performance losses, and, if necessary, to make up for these losses through an optimization process.
In addition, life cycle assessment of construction projects should be studied more closely to identify environmental impacts early using standardized evaluation systems. This way, consistent, transparent, and nationally coordinated sustainability assessments can serve as a basis for project decisions and a key element in achieving environmental and sustainability targets.