Integrierte Raum- und Infrastrukturentwicklung beim Aufbau der transeuropäischen Verkehrsnetze Schiene : Lehren aus der Fallstudienanalyse Aus- und Neubaustrecke Karlsruhe–Basel (Korridor Rhein-Alpen) und Empfehlungen für den weiteren Aufbau der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) Schiene, dargestellt am Beispiel des Korridor Orient/Östliches Mittelmeer

Abstract

Ein Ziel der Europäischen Union ist, den Transport von Personen und Waren in Europa zu vereinfachen. Hierzu unterstützt die Europäische Union den Aufbau eines einheitlichen, transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V). Ein besonderer Fokus beim Aufbau der TEN-V kommt dem Ausbau der Schieneninfrastruktur zu. Um das TEN-V fertigzustellen, sind zahlreiche Infrastrukturprojekte zu realisieren. Neben einer Stärkung des Verkehrsträger Schiene können die Investitionen in die TEN-V auch eine Änderung räumlicher Entwicklungen bewirken. Die Realität zeigt jedoch, dass die Europäische Verkehrspolitik sektoral ausgerichtet ist. Die Förderung von Vorhaben ist stark auf den Bau neuer Verkehrsinfrastrukturen ausgelegt. Räumliche Interessen und Wirkungen stehen bei der Vergabe von Fördermitteln im Hintergrund. Mittels einer hypothesengestützten Ex-post Fallstudienanalyse werden im ersten Teil dieser Arbeit Planung und Umsetzung eines strategisch bedeutenden TEN-V Vorhabens exemplarisch untersucht. Fallstudie ist die rund 190 km lange Ausbaustrecke/Neubaustrecke (ABS/NBS) Karlsruhe–Basel. Als Fallbeispiel besonders geeignet ist das Vorhaben ABS/NBS Karlsruhe–Basel, da diesem eine zentrale Bedeutung für die Funktion des TEN-V Korridor Rhein–Alpen zukommt. Planung und Realisierung waren jedoch geprägt von vielfältigen Verzögerungen — insbesondere auch verursacht durch räumliche Konflikte. In dieser Arbeit werden vier Umstände identifiziert, welche sich weitreichend auf Planung und Umsetzung des Vorhabens ABS/NBS Karlsruhe–Basel auswirkten. Fünf Empfehlungen werden für eine stärkere Integration der Raum- und Infrastrukturentwicklung bei künftigen Vorhaben des deutschen Bedarfsplan Schiene formuliert. In Bezug auf den weiteren Ausbau der TEN-V verdeutlicht die Fallstudienanalyse zudem die Bedeutung, welche den Nationalstaaten dabei zukommt, Infrastrukturprojekte von europäischer Bedeutung umzusetzen. Im zweiten Teil der Arbeit wird überprüft, wie die Europäische Union eine integrierte Raum- und Infrastrukturentwicklung beim weiteren Aufbau der TEN-V unterstützen kann. Am Beispiel des TEN-V Korridors Orient/Östliches Mittelmeer wird gezeigt, dass eine länderübergreifende Aufbaustrategie der Europäischen Union und den Nationalstaaten erlaubt, über technische Mindestparameter hinaus Leistungsziele für einen Verkehrskorridor festzulegen. Auch können räumliche Ziele wie die gezielte Stärkung von Städtenetzwerken Eingang in die länderübergreifende Strategie finden. Europäische Fördermittel lassen sich auf Grundlage einer länderübergreifenden Aufbaustrategie gezielter auf die Vorhaben lenken, welche unmittelbar den größten Mehrwert erbringen.

One of the European Union's goals is to simplify the transport of people and goods in Europe. With this in mind, the European Union is supporting the development of coherent Trans-European Transport Networks (TEN-T). A particular focus in the development of the TEN-T is the expansion of the rail infrastructure. In order to complete the TEN-T, numerous infrastructure projects must be implemented. In addition to strengthening rail as a mode of transport, investments in the TEN-T can also bring about a change in spatial developments. However, reality shows that European transport policy is sectoral. The promotion of projects is strongly focused on the construction of new transport infrastructures. Spatial interests and impacts are in the background when funding is allocated. By means of a hypothesis-based ex-post case study analysis, the planning and implementation of a strategically important TEN-T project are examined exemplarily in the first part of this paper. The case study is the approximately 190 km long Karlsruhe–Basel high-speed line. The Karlsruhe–Basel high-speed line project is particularly suitable as a case study, since it is of central importance for the functioning of the TEN-T Rhine–Alpine Corridor. In addition, planning and realization were characterized by various delays—especially caused by spatial conflicts. This thesis identifies four circumstances that had a far-reaching impact on the planning and implementation process of the Karlsruhe–Basel high-speed line project. Five recommendations are formulated for stronger integration of spatial and infrastructure planning in future projects of the German Federal Transport Infrastructure Plan. With regard to the further development of the TEN-T, the case study analysis illustrates the importance of the nation states in implementing infrastructure projects of European importance. The second part of the thesis is devoted to the question of how the European Union can support integrated spatial and infrastructure development for the further development of the TEN-T. Using the example of the TEN-T Orient/East–Med Corridor, it is shown that a transnational development strategy allows the European Union and the nation states to set performance targets for a transport corridor beyond minimum technical parameters. Spatial objectives, such as the targeted strengthening of urban networks, can also find their way into the transnational strategy. Thus, European funding can be directed specifically to projects with the greatest immediate added-value on the basis of a transnational development strategy.