dc.description.abstract
Die Eindämmung des Klimawandels ist aktuell ein wichtiges Thema in Politik und Gesellschaft. Grüne Energieerzeugung, ihre Nutzung und die Verbesserung und Entwicklung neuer Technologien sind dabei von zentraler Bedeutung. Dazu gehören Energiespeichersysteme, Windturbinen, Solarkraftwerke, Elektrofahrzeuge und die dazugehörige Ladeinfrastruktur. Die meisten ‒ wenn nicht alle ‒ grünen Technologien benötigen Stromumwandlungssysteme. Ein zentrales Bauteil in diesen Stromumwandlungssystemen ist „ein einfacher Schalter“. In der Vergangenheit war hierfür der Silizium (Si)-basierte insulated gate bipolar transistor (IGBT) die beste Lösung. Eine neue Materialklasse gewinnt jedoch rasant an Bedeutung: Halbleiter mit breiter Bandlücke. Insbesondere der 4H-Siliziumkarbid (SiC) Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor (MOSFET) ist derzeit die beste Lösung für Anwendungen mit hoher Leistung und Spannung, da er Gewicht und Größe dieser Systeme reduziert und gleichzeitig ihre Energieeffizienz verbessert. In diesen Anwendungen befindet sich ein SiC MOSFET in einem Betriebsmodus, in dem er kontinuierlich bei hohen Frequenzen von bis zu Hunderten von Kilohertz zwischen seinem leitenden und nichtleitenden Zustand umgeschaltet wird. Wie bei jeder anderen Technologie auch, ist es hier von großer Bedeutung, eine hohe Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Das beinhaltet auch allmähliche Verschiebungen der Bauteilparameter über die Betriebszeit zu limitieren. Ein bekannter Mechanismus, der zu solchen Veränderungen der Bauteilparameter führt, ist die bias temperature instability (BTI), die durch das kollektive Verhalten von Punktdefekten nahe der Halbleiter-Isolator-Grenzfläche verursacht wird. Diese Defekte wirken als Fallen für Ladungsträger aus dem Halbleiter. Daher ist das Verständnis der Einfang- und Emissionskinetik dieser Defekte von zentraler Bedeutung für das Forschungsgebiet der Zuverlässigkeitsphysik. Die Kinetik von BTI in SiC-MOSFETs unterscheidet sich erheblich von der Kinetik in konventionellen Si-basierten Bauelementen, wobei der wichtigste Unterschied in der ausgeprägteren Verteilung von Defekten mit sehr kurzen Einfang- und Emissionszeitkonstanten besteht, die unter dem Begriff recoverable component zusammengefasst sind. Das Ziel der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimente und Untersuchungen war es, das Verständnis der Einfang- und Emissionskinetik an der SiC/SiO2-Grenzfläche im Zusammenhang mit BTI zu vertiefen, aber auch neue Mechanismen und Prozesse aufzudecken und zu untersuchen. Zunächst wurde der Fokus auf einwertige Aktivierungsenergien gelegt, die üblicherweise in der Zuverlässigkeitsmodellierung verwendet werden. Da BTI das Ergebnis einer großen Population von Defekten ist, kann es nur Verteilungen von Aktivierungsenergien geben und Einzelwerte können bestenfalls als grobe Näherung dienen. Zwei verschiedene Extraktionsmethoden für die einwertige Aktivierungsenergie wurden im Hinblick auf ihre Gültigkeit und ihre Abhängigkeit von Messparametern wie dem Extraktionspunkt in der Driftkurve oder der Erholungszeit analysiert. Analytische Näherungen für die Parameterabhängigkeiten wurden hergeleitet. Neben der Beeinflussung der Extraktion von einwertigen Aktivierungsenergien kann die recoverable component in SiC-MOSFETs zu kurzfristigen Verschiebungen der Schwellenspannung führen, was die korrekte Messung der Bauteilparameter zu einer Herausforderung macht. Anhand mehrerer handelsüblicher Bauelemente unterschiedlicher Bauart werden die Auswirkungen der recoverable component bei solchen Messungen untersucht. Außerdem wird der Vorteil der Konditionierung vorgestellt, mit der ein Bauelement schneller nah an das thermische Gleichgewicht gebracht werden kann.Ein zentrales Thema dieser Arbeit ist eine neue Art von Instabilität, die so genannte gate switching instability (GSI), die nur beim häufigen Schalten zwischen Gate-Source Spannungspegeln auftritt, die sich in Inversion bzw. Akkumulation befinden. Da dies der Betriebsmodus ist, mit dem die Bauelemente in Stromumwandlungssystemen konfrontiert sind, ist GSI für die Zuverlässigkeit von großer Bedeutung. Die entscheidenden experimentellen Merkmale von GSI werden vorgestellt und es wird gezeigt, dass das häufige Schalten aktive, akzeptorähnliche Grenzflächendefekte erzeugt, die für die Degradation verantwortlich sind. Darüber hinaus werden diese Ergebnisse genutzt, um einen kürzlich vorgeschlagenen Mechanismus zu widerlegen, der auf verstärktem Elektroneneinfang durch lokal verstärktes elektrisches Feld beruht. Tatsächlich wird experimentell nachgewiesen, dass der zugrundeliegende physikalische Mechanismus, der für die beobachtete Degradation verantwortlich ist, auf recombination-enhanced defect reactions (REDRs) basiert, was anschließend zur Erstellung eines physikalischen Modells verwendet wird, das mit allen vorliegenden experimentellen Ergebnissen übereinstimmt.Schließlich wird gezeigt, dass SiC-Leistungs-MOSFETs unter denselben Betriebsbedingungen, bei denen GSI auftritt, Licht emittieren. Dabei verursacht der Feldeffekt Defekt-unterstützte Rekombination an der SiC/SiO2-Grenzfläche. Im Rahmen dieser Arbeit werden Methoden zur Charakterisierung dieser Lichtemission in vollständig prozessierten SiC-Leistungs-MOSFETs vorgestellt. Dazu gehört die Messung von nur einigen hundert Photonen aus einem einzigen Übergang der Gate-Source-Spannung, die optische Spektroskopie und die zeitabhängige optische Spektroskopie. Basierend auf einem Pump-Probe-Schema konnte eine Eins-zu-Eins-Korrelation zwischen der Lichtemission und der Erholung der Schwellenspannungsverschiebung nach Mikrosekunden-Gate-Pulsen nachgewiesen werden. Diese Korrelation wurde auch bei der Abhängigkeit vom Spannungsniveau und sogar bei längerem Gate-Stress beobachtet. Insgesamt ergibt sich damit ein Zusammenhang zwischen der Emission von Photonen und der recoverable component der BTI in SiC-MOSFETs und es zeigt sich, dass die BTI nicht ausschließlich aus nicht-strahlenden Übergängen besteht ‒ auch strahlende Übergänge können auftreten. Außerdem liefert das Spektrum der emittierten Photonen wertvolle Informationen über die beteiligten Defekte. Insbesondere die zeitabhängige optische Spektroskopie ermöglichte es, das Vorhandensein von zwei verschiedenen Spektralkomponenten aufzudecken. Basierend auf dem Fitten einer dieser Komponenten mit einem quantenmechanischen Modell konnte die Komponente einem kohlenstoffclusterähnlichen Defekt mit einer lokalen Schwingungsmode von 220 meV zugeordnet werden ‒ das ist höher als jede Phononenmode in 4H-SiC oder SiO2. Andere Übergänge konnten der EH6/7-unterstützten, EK2-D- und Stickstoff-Aluminium-Donor-Akzeptor-Paar-Rekombination zugeordnet werden. Diese neuen Erkenntnisse erweitern nicht nur den Blickwinkel auf Charakterisierungsmethoden von Grenzflächendefekten, sondern werden in Zukunft auch zu einer verbesserten Zuverlässigkeit und Leistung dieser Bauelemente beitragen.
de
dc.description.abstract
Climate change mitigation is a prominent topic in politics and society today. Green energy generation, its use and improving and developing new technologies is hereby of central importance. This includes energy storage systems, wind turbines, solar power plants, electric vehicles, and associated charging infrastructure. Most ‒ if not all ‒ green technologies require power conversion systems. A central device in these power conversion systems is “a simple switch”. In the past, the premier solution for this switch has been the silicon (Si)-based insulated gate bipolar transistor (IGBT). However, a new class of materials is becoming increasingly important: wide-bandgap semiconductors. In particular the 4H-silicon carbide (SiC) metal-oxide-semiconductor field-effect transistor (MOSFET) is currently the most suited solution for high power and high voltage power conversion applications because of its ability to reduce weight and size of these systems, while improving their energy efficiency. In these applications, a SiC MOSFET is in an operation mode where it is continuously switched at high frequencies up to hundreds of kilohertz between its conductive and non-conductive state. As for any other technology, it is of major importance to guarantee excellent reliability. This includes limiting gradual shifts of device parameters over operation time.A known mechanism leading to such gradual shifts of device parameters is bias temperature instability (BTI), which is caused by the collective response of point defects close to the semiconductor-insulator interface. These defects act as traps for charge carriers from the semiconductor. Consequently, understanding the trapping and detrapping kinetics of these defects must be of central importance to the research field of reliability physics. The kinetics of BTI in SiC MOSFETs differs considerably from the kinetics in conventional Si-based devices, whereby the most important difference is the higher density of a distribution of defects with very short capture and emission time constants, that is summarized under the term “recoverable component”.The all-embracing goal of the experiments and investigations conducted in the course of this work was to deepen the understanding of the trapping and detrapping kinetics at the SiC/silicon dioxide (SiO2) interface in the context of BTI, but also to reveal and investigate new mechanisms and processes. First, the focus was placed on single-value apparent activation energies that are commonly used in reliability modeling. As BTI is the result of a large population of defects, only distributions of activation energies must exist and single values can at best be used as a crude approximation. Two different extraction methods for the apparent activation energy were analyzed with respect to their validity and dependence on measurement parameters, such as the extraction point in the drift curve or the recovery time. Analytic approximations for the parameter dependencies were deduced. Besides affecting the extraction of apparent activation energies, the recoverable component in SiC MOSFETs can introduce short-term shifts in the threshold voltage, which make correct device parameter measurements challenging. Using several commercially available devices of different designs, the effect of the recoverable component in such measurements is evaluated. Also, the advantage of using device conditioning to bring a device faster back to a close-to-equilibrium state is presented.A central topic of this work is a new type of instability, the so-called gate switching instability (GSI), which arises only upon extensive switching between gate-source voltage levels situated in inversion and accumulation, respectively. However, as this is exactly the operation mode the devices face in power conversion systems, GSI is highly relevant for reliability evaluations. The defining experimental characteristics of GSI are presented and it is shown that the gate switching creates active, acceptor-like interface defects that are responsible for the degradation. Furthermore, these findings are used to disprove a recently proposed mechanism based on increased electron trapping upon a locally-enhanced electric field. In fact, experimental evidence is shown that the underlying physical mechanism responsible for the observed trapping kinetics is based on recombination-enhanced defect reactions (REDRs), which is subsequently used to create a detailed physics-based model that fully agrees with all available experimental results presented so far.Finally, SiC power MOSFETs are shown to emit light under the exact same operation condition where GSI is encountered. Hereby, the field effect stimulates defect-assisted recombination at the SiC/SiO2 interface. Within the course of this work, methods to characterize this light emission in fully-processed SiC power MOSFETs are presented. This includes the measurement of only a few hundreds of photons from a single transition of the gate-source voltage, optical spectroscopy, and time-gated optical spectroscopy. Based on a pump-probe scheme, a one-to-one correlation between the light emission and the recovery of the threshold voltage shift after microsecond gate pulses could be revealed. This correlation was equally observed in the voltage level dependence and even upon extended gate stress. Overall, this links the emission of photons also to the recoverable component of BTI in SiC MOSFETs and shows that BTI is not exclusively governed by non-radiative transitions ‒ also radiative transitions can occur. Furthermore, the spectrum of the emitted photons provides valuable information on the involved defects. In particular time-gated optical spectroscopy enabled to reveal the presence of two different spectral components. Based on fitting one of these components with a quantum mechanical model, the component could be assigned to a carbon cluster-like defect with a local vibrational mode (LVM) of 220 meV ‒ this is significantly higher than the highest phonon mode in 4H-SiC or SiO2. Other transitions could be assigned to EH6/7-assisted, EK2-D, and nitrogen-aluminum donor-acceptor-pair recombination. These novel insights do not only broaden the perspective on experimental characterization techniques of interface defects, but will in the future contribute to an improved reliability and performance of these devices.
en