dc.description.abstract
Komponenten aus Ni-Superlegierungen werden z. B. in heißen Bereichen von Gasturbinen eingesetzt. Aufgrund ihrer hohen Temperaturfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit halten sie Betriebstemperaturen von bis zu 1100 °C stand. Diese Eigenschaften werden durch eine Wärmebehandlung erreicht. Dabei bildet sich ein hoch geordnetes Zweiphasensystem, welches als γ- und γ′-Phase bezeichnet wird und die plastische Verformung der Versetzungsbewegung behindert. Verschlissene Komponenten wurden bisher ersetzt. Mit additiven Fertigungsverfahren wie Laserauftragsschweißen (engl. laser metal deposition, LMD) können Teile lokal repariert und die Wartungskosten gesenkt werden. Dieses so erzeugte Material ist anfällig für Rissbildung, weshalb der Einfluss der Mikrostruktur auf die Rissbildung von entscheidender Bedeutung ist. Abgesehen von den mechanischen Eigenschaften war bisher wenig darüber bekannt, wie die Mikrostruktur die makroskopischen Eigenschaften der Ni-Superlegierungen beeinflusst. Die beiden Ziele dieser Arbeit sind daher (i) die Mikrostruktur im mm- bis nm-Bereich mittels elektronenmikroskopischen Verfahren zu charakterisieren und (ii) eine Struktur-Eigenschafts-Korrelation für magnetische und elektrische Eigenschaften aufzustellen. Zu diesem Zweck wurden übliche Materialien wie Ni60Cr17Co8Al7Ti4Ta1W1Mo1Nb1 (kurz Ni60Cr17Al7, „IN738“) auf einkristallinen Ni60Cr14Co9Al8Ti5Ta1W1Mo1 (kurz Ni60Cr14Al8, „PWA1483“) Substraten aufgetragen. Laserleistung, Lasergeschwindigkeit und Pulverzustrom wurden variiert, um deren Einfluss auf die Rissbildung zu untersuchen. Die 3 mm dicken Auftragsschichten bedeckten 10 × 10 mm^2 des 10 mm dicken Substrats. Sie wurden anschließend wärmebehandelt. Mittels Rückstreuelektronenbeugung (EBSD) wurden Kornorientierungskarten und Polfiguren der polykristallinen Ni60Cr17Al7-Auftragsschichten erstellt, um die Mikrostruktur im μm- bis mm-Bereich zu charakterisieren. Durchschnittliche Korngrößen zwischen 75 μm und 196 μm korrelieren mit Rissdichten zwischen null und 2,1 mm^−2. Die Rissdichte steigt mit zunehmender Laserleistung und abnehmendem Pulverzustrom. Heißrisse treten an großwinkligen Korngrenzen (>15°) auf. Die Wärmebehandlung verringert die Korngröße um ca. 10% und erhöht die Rissdichte um 0,3 mm^−2. Besonderes Augenmerk galt den mikrostrukturellen Veränderungen der Gitterparameter, der chemischen Zusammensetzung und der Phasenanteile der γ- und γ′-Phasen, da deren Ausscheidung die physikalischen Eigenschaften verändert. Die Mikrostrukturanalyse im nm- bis μm-Bereich wurde mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) JEOL JEM-2200FS mit Ω-Energiefilter durchgeführt. Der Energiefilter verbessert Abbildung und Beugung erheblich. Bei LMD bildeten sich bereits 15 nm große γ′-Ausscheidungen aus der γ-Mischkristalllösung. Während der Wärmebehandlung wächst die Größe der γ′-Phase mit einer Ni3Al-Kristallstruktur (Raumgruppe Pm-3m) auf etwa 500 nm an. Die chemisch unterschiedliche γ-Matrix hat eine Ni-Kristallstruktur (Fm-3m) mit gleicher Kristallorientierung und nahezu identischem Gitterparameter. Für beide Phasen wurde dieser mittels konvergenter Elektronenstrahlbeugung (CBED) auf 0,361 nm bestimmt. Zur Untersuchung plastischer Eigenschaften und Rissbildung wurden TEM-Bilder unter definierten Zweistrahlbedingungen aufgenommen, die Versetzungen und deren Wechselwirkung mit Ausscheidungen zeigen. Karbide an Korngrenzen verursachen Superversetzungen in γ′ und werden daher aufgrund ihrer hohen inneren Spannungen als Rissinitiatoren angesehen. Die Wärmebehandlung reduzierte die Versetzungsdichte v on 3,0 × 10^10 cm^−2 auf 2,0 × 10^10 cm^−2. Es wurden keine Stapelfehler oder Zwillinge beobachtet, obwohl Studien zur Legierung NiCrCo darauf hindeuten, dass die Stapelfehlerenergien (SFE) für die untersuchten Ni-Superlegierungen nur etwa ein Drittel derer von reinem fcc-Ni betragen. Sowohl die Ni60Cr17Al7-Auftragsschichten als auch das Ni60Cr14Al8-Substrat zeigten homogen verteilte, granulare, wenige nm große TEM-Kontraste in einer Dichte von 10^16-10^17 cm^−3. Hochauflösende TEM Untersuchungen ergaben, dass diese Kontraste mit im Kristall endenden Halbebenen und Gitterverzerrungen zusammenhängen. Feinbereichselektronenbeugung (SAED) zeigte Überlagerungen von Beugungsmustern, die um 30° zueinander gedreht waren. Die quantitative Zusammensetzungen der γ- und γ′-Phasen wurde mittels energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) im TEM aus nm-großen Volumina gemessen. Da die physikalischen Eigenschaften stark von der Phasenzusammensetzung abhängen, wurde die Genauigkeit der Quantifizierung mit neu kalibrierten Cliff-Lorimer k-Faktoren sowohl an einem JEOL JEM-2200FS bei Siemens in München als auch an einem FEI Tecnai F20 an der TU Wien überprüft. In Ni60Cr17Al7-Auftragsschichten wurden die Zusammensetzungen von γ und γ′ als Ni54Cr27Al4 und Ni70Cr3Al12 bestimmt. Für das Ni60Cr14Al8-Substrat ergaben sich Zusammensetzungen von γ und γ′ als Ni54Cr24Al5 und Ni68Cr3Al12. Aus der nominellen Zusammensetzung und den erhaltenen Phasenzusammensetzungen ergab sich ein Volumenanteil der γ′-Phase im Bereich von 39% bis 45%. Messungen der Magnetisierung in einem supraleitenden Quanteninterferometer (SQUID) und des Magnetowiderstands wurden an der TU Wien durchgeführt. Im Messbereich von 2 K bis Raumtemperatur und in Magnetfeldern bis zu 9 T wurden die magnetische Ordnung und mögliche Supraleitung untersucht. Die Ni-Superlegierungen sind bei 5 K und 7 T paramagnetisch. Die Wärmebehandlung reduzierte die Magnetisierung von 5,3 × 10^3 A/m auf 4,3 × 10^3 A/m und die magnetische Suszeptibilität von 1,5 × 10^−3 auf 1,1 × 10^−3, was auf die Ausscheidung der Ni3Al-basierten γ′-Phase zurückzuführen ist. Basierend auf der TEM-Mikrostrukturanalyse wurden Brillouin-Funktionen mit 0,62 μB, 0,075 μB und 1,72 μB für die magnetischen Momente von Ni, Ni in Ni3Al und Co-Atomen berechnet. Nur etwa 4% der magnetischen Momente sind bei 5 K und 7 T ausgerichtet. Der Depinning-Faktor hängt nicht vom Magnetfeld, sondern nur von der Temperatur ab. Co ist für den Hauptteil des magnetischen Moments verantwortlich. Der Magnetowiderstand beträgt 0,3 μΩcm bei 4 K und 9 T und korreliert linear mit der Magnetisierung. Die Ausscheidung der γ′-Phase führt dazu, dass sowohl der elektrische Restwiderstand von 126 μΩcm auf 137 μΩcm als auch der Elastizitätsmodul von 207 GPa auf 224 GPa anstiegen. Die Untersuchungen zeigen, dass die LMD-Parameter einen entscheidenden Einfluss auf das Gefüge und die Rissdichte haben. Risse treten nur entlang der Korngrenzen auf. Ihre Dichte korreliert mit zunehmender Korngröße und Wärmezufuhr. Die Rissbildung kann durch lokal induzierte Spannungen von Karbiden ausgelöst werden. Mit reduzierter Laserleistung und erhöhtem Pulverzustrom lassen sich 3 mm dicke rissfreie LMD-Auftragsschichten erzielen. Die Wärmebehandlung hat sich hat sich wegen ihres Einflusses auf das Wachstum der γ′-Phasen als Schlüsselprozess für die physikalischen Eigenschaften erwiesen. Der Grad der γ′-Bildung kann durch Magnetisierungs- und Magnetwiderstandsmessungen beobachtet werden, da die untersuchten makroskopischen Eigenschaften von der Mikrostruktur abhängen. Dies birgt das Potenzial für eine neuartige zerstörungsfreie Prüfmethode, um aus den makroskopischen Eigenschaften Rückschlüsse auf den Grad der Gefügeumwandlung in Ni-Superlegierungen zu ziehen.
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