dc.description.abstract
Zukünftige Fusionsreaktoren des Tokamak-Typs werden höchstwahrscheinlich im Hoch- Einschlussmodus (H-Mode) betrieben, einem Regime, das den Einschluss durch die Bildung eines steilen Druckgradienten am Plasmarand verbessert. Diese Randregion, die auch noch das Pedestal genannt wird, spielt eine entscheidende Rolle für die gesamte Plasmaperformance. Ein höherer Pedestaldruck führt zu einem erhöhten Druck im Kern des Reaktors, was wiederum die Fusionsreaktionsraten steigert und den Energiegewinn verbessert. Andererseits kann die in dieser steilen Gradientenregion gespeicherte freie Energie randlokalisierte Moden (Edge Localised Modes - ELMs) antreiben, die zu Energie- und Teilchenverlusten führen. Unter bestimmten Pedestalbedingungen können diese jedoch unterdrückt werden. Daher ist das Verständnis der physikalischen Mechanismen, die die Pedestalstruktur bestimmen, von zentraler Bedeutung für die Optimierung der Plasmaperformance.In dieser Arbeit wurden Experimente an ASDEX Upgrade durchgeführt, um systematisch zu untersuchen, wie die Plasmageometrie und der normierte poloidale Druck βpol das Pedestalverhalten beeinflussen. Diese Parameter wurden gewählt, da sie beide die kinetische Ballooning-Moden (KBMs) beeinflussen, die als etablierte Hypothese für die Bestimmung der Pedestalbreite gelten. Eine Reihe gezielter Entladungen wurde analysiert, die jeweils darauf ausgelegt waren, die Auswirkungen dieser beiden Größen zu isolieren. Drei Entladungen mit unterschiedlichem βpol wurden durchgeführt, wobei jede zwei Phasen mit unterschiedlichem Plasmaquerschnitt enthielt, in denen βpol konstant gehalten wurde. Dadurch ergaben sich sechs verschiedene Datensätze. Ein breites Spektrum experimentel- ler Diagnostikverfahren und rechnergestützter Methoden wurde eingesetzt, um kinetische Profile zu rekonstruieren, das magnetohydrodynamische (MHD) Gleichgewicht und die Stabilität zu bestimmen und die Transportprozesse innerhalb des Pedestals zu analysieren. Besonderes Augenmerk lag auf der Rolle lokaler idealer Ballooning-Moden (IBMs), die hier als Stellvertreter für KBMs betrachtet wurden, sowie auf den Bedingungen, die den Zugang zum zweiten Stabilitätsregime ermöglichen.Die Ergebnisse zeigen, dass die Pedestalbildung nicht durch einen einzelnen Transportmechanismus gesteuert wird, sondern durch das Zusammenspiel mehrerer Instabilitäten in verschiedenen Bereichen des Pedestals, die Dichte und Temperatur von Ionen und Elektronen unterschiedlich beeinflussen. Besonders hervorzuheben ist die stabilisierende Wirkung der lokalen magnetischen Verscherung, die KBMs unterdrückt und somit die Dich- tepedestalstruktur beeinflussen kann. Der obere Bereich des Pedestals wird weitgehend von KBMs reguliert. Sie beeinflussen sowohl die Dichte, indem sie die Pedestalbreite festlegen, als auch den turbulenten Ionentransport auf dem oberen Teil des Pedestals. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass der Zugang zum zweiten Stabilitätsregime eine entscheidende Rolle für die Festlegung der Pedestalbreite spielt. Dies zeigt sich insbesondere im oberen Pedestalbereich, wo sich die ballonungskritischste Region radial verschiebt, abhängig davon, ob der Zugang zur zweiten Stabilität gegeben ist.Ein tiefergehendes Verständnis der mikroturbulenten Transportmechanismen wurdedurch gyrokinetische lokale lineare Simulationen mit GENE gewonnen. Diese bestätigten, dass KBMs im oberen Pedestalbereich dominieren, während ITG-Turbulenz in der äußeren Plasmakern vorherrscht. Die Simulationen zeigten außerdem, dass Shaping-Effekte primär zur Stabilisierung von KBMs beitragen, mit dem stärksten Einfluss dort, wo der Druckgradi- ent am steilsten ist – was die Bedeutung der zweiten Stabilität weiter unterstreicht. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass Elektronentemperaturgradient-Moden (ETGs) im Pedestal vor- handen sind, die eine charakteristische Temperaturlängenskala vorgeben und damit die Elektronenwärmediffusivität bestimmen.Die Ergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit, das Pedestal als ein System miteinander verbundener, aber unterschiedlicher Komponenten zu betrachten, anstatt als ein einzelnes Druckpedestal. Die Pedestals von Ionen- und Elektronentemperatur sowie der Dichte entwickeln sich nach unterschiedlichen Mechanismen und reagieren unterschiedlich auf Shaping und Variationen von βpol. Dies legt nahe, dass globale Skalierungsgesetze möglicherweise nicht ausreichen, um das Pedestalverhalten in zukünftigen Anlagen vorherzusagen, ohne eine detailliertere, regionsspezifische Beschreibung zu berücksichtigen.In dieser Arbeit wurde eine Reihe komplementärer Analysemethoden eingesetzt, um eine solide Grundlage für zukünftige Forschungsarbeiten zu schaffen. Zukünftige Untersuchungen sollten die hier beobachteten Trends anhand eines breiteren Datensatzes validieren und deren Auswirkungen auf prädiktive Modellierungen weiter erforschen. Ein tieferes Verständnis des KBM-Verhaltens unter verschiedenen Plasmabedingungen wird entscheidend für die Optimierung der Pedestalperformance in zukünftigen Fusionsanlagen sein.
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