Die starke Bevölkerungszunahme in der Ostregion, die in den 1990er Jahren eingesetzt hat und sich nach allen Prognosen in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen wird, betrifft nicht alle Teile der 3 Bundesländer gleichermaßen. Dieser Trend ist die Folge von komplexen lokalen Wachstums-, Stagnations- und Schrumpfungsprozessen, die über Migrationsströme miteinander verbunden sind. Eine räumlich und sozial differenzierte Analyse der Wanderungsbewegungen innerhalb der Ostregion und über deren Grenzen hinaus ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung koordinierter zukunftsorientierter Strategien zur räumlichen Entwicklung dieser Region. Die vorliegende Studie soll daher nicht nur die wesentlichen Migrationsmuster und -trends der vergangenen 15 Jahre aufzeigen, sondern auch Hinweise auf Wanderungsmotive ("pull" und "push"-Faktoren) und damit die treibenden Kräfte für Ab- und Zuwanderung liefern.
In der Analyse zeigt sich zunächst, dass bei der Verwendung von Daten aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) für die Analyse von Wanderungsmustern, -ursachen und -motiven Vorsicht geboten ist und bei der Interpretation der Ergebnisse mögliche Verzerrungen in den Daten berücksichtigt werden müssen. Trotzdem lässt sich für den Untersuchungszeitraum von 2002 bis 2016 eindeutig ein kontinuierlicher Anstieg von Wanderungsbewegungen innerhalb der Ostregion nachweisen, während die Binnenwanderung innerhalb der Gemeinden leicht zurückgeht. Die Zuwanderung aus dem Ausland ist im Untersuchungszeitraum mit Ausnahme der kurzfristigen Flüchtlingsbewegungen um das Jahr 2015 ebenso weitgehend konstant geblieben wie die etwas niedrigere Abwanderung ins Ausland, was einen etwa gleichbleibenden Wanderungsüberschuss der Ostregion bei der internationalen Migration bedeutet. Die Tatsache, dass es große regionale und lokale Unterschiede bei den Wanderungsbewegungen gibt, dass diese nach Geschlecht, Alter und Staatsbürgerschaft zum Teil stark variieren und dass es große Differenzen bei Ausgangs- und Zielstandorten von Wanderungen gibt, unterstreicht, dass Migration ein äußerst komplexes Phänomen ist, das nicht nur von objektiven lokalen Bedingungen sondern auch von individuellen Wanderungsmotiven beeinflusst wird.
Trotzdem offenbart die statistische Gegenüberstellung von lokalen Merkmalen und Wanderungsergebnissen in den Gemeinden der Ostregion einige eindeutige Hinweise auf die treibenden Kräfte von Migrationsbewegungen: So scheinen grundlegende Strukturmerkmale von Gemeinden wie Siedlungsstruktur, Zentralität und Erreichbarkeit ebenso wesentliche Einflussfaktoren für Wanderungsentscheidungen zu sein wie das lokale Arbeitsplatzangebot. Im Gegensatz dazu ist die Möglichkeit der Steuerung von Migrationsbewegungen über den Bodenpreis als eher gering einzuschätzen, auch die Bodenverfügbarkeit spielt bei ausreichend verfügbarem Wohnbauland keine entscheidende Rolle. Die Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass gerade in ländlich-peripheren Gebieten das Fehlen von elementaren Versorgungs-, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen eine wesentliche Ursache für Abwanderung darstellt und dass dort Wanderungsgewinne in der Regel nur bei einem gewissen Mindestniveau an Öffentlichen Verkehrsangeboten erreicht werden können.
Trotz dieser allgemeinen Befunde zu den Determinanten von Migration lassen sich einzelne Wanderungen nicht alleine durch lokale Bedingungen erklären, weil dabei viele spezifische Besonderheiten der Gemeinden und individuelle Präferenzen der Wandernden unberücksichtigt bleiben. Die empirischen Ergebnisse liefern daher grundlegende Erkenntnisse zu möglichen Einflussfaktoren von Wanderungsbewegungen, für eine detaillierte und umfassende Erklärung aller spezifischen Wanderungsursachen und -motive reichen die verwendeten Daten jedoch nicht aus. Die Frage, welche lokalen Merkmale oder welche Merkmalskombinationen im Einzelfall eine Gemeinde zu einer Zu- oder Abwanderungsgemeinde machen, lässt sich daher anhand dieser Studie nicht eindeutig beantworten. Dies bedeutet auch, dass trotz eindeutiger statistischer Befunde im Einzelfall nicht verlässlich prognostiziert werden kann, ob und inwieweit die Veränderung bestimmter lokaler Bedingungen zu einer Veränderung der Wanderungsströme beitragen kann.
Increasing population in the eastern part of Austria is a striking demographic trend, which has started in the 1990ies and which is supposed to continue over the next decades. It does not show up in all parts of the region (which consists of the 3 Austrian federal provinces of Burgenland, Lower Austria and Vienna) to the same degree, as it is the result of complex processes of local growth, stagnation or decrease, which are connected by human migration. Thus, a spatially and socially differentiated analysis of migration flows within and beyond the region is supposed to be a basic requirement for defining co-ordinated and future-oriented strategies for regional development. Consequently, the present study aims not only at identifying the central patterns and trends of migration, but also at revealing relevant reasons to move (often referred to as "pull"- and "push"-factors) und therefore at detecting the driving forces of in- and out-migration.
The analysis shows that the use of data from Austrian population registers ("Zentrales Melderegister") for analysing patterns, causes and motives of migration needs caution and that the interpretation of results has to consider potential distortions of the data used. In spite of these restrictions, there is clear evidence of a continuous increase of migration between different parts of the region during the investigation period from 2002 to 2016, while internal migration within the municipalities has slightly declined. Except for the extraordinary year 2015, which was dominated by a heavy wave of refugees, cross-border immigration from abroad has largely remained on a constant level. Since the number of people leaving the region to a foreign country is slightly below the numbers of immigrants, international net migration shows a constant surplus in the whole region. Large regional and local disparities of migration patterns, which strongly diverge referring to sex, age or nationality of the migrants and the high deviation of migration sources and targets are empirical results which clearly suggest that migration has to be considered as a highly complex phenomenon, which is not only determined by a wide range of objective local criteria but also by highly individual motives of the migrants.
Even so, the statistical investigation of municipality data reveals significant relations between local features and migration and provides some evidence on the driving forces of migration flows. Not only the basic chracteristics of a municipality, such as settlement structure, centralitity or accessibility seem to have an impact on individual decisions of the citizens to migrate, but also local job opportunities. On the other hand, it is highly doubtful whether migration is influenced by the price or the availability of land and real estate, especially when there is a surplus of residential land. Futhermore, the results suggest that especially in peripheral rural areas the lack of basic facilities (e.g. health, education, alimentation) can be a serious trigger for rural depopulation and that a minimum standard of public transport supply is necessary for a positive net migration rate.
In spite of these clear general results on the determinants of migration, it is not possible to explain every individual relocation by general local conditions, since they do neither consider specific peculiarities of the municipalities nor individual preferences of the migrants. Therefore, the empirical results provide basic insights on potential driving forces of migration in general, however, the available data do not allow a comprehensive explanation of every single decision to move in detail. Futhermore, the results of the study are not appropriate enough to decide unambiguously, which local characteristics or which combination of features make a certain municipality attractive for immigration or vulnerable for emigration. In other words: Even though there are significant statistical results on the determinants of migration on a macro scale, it cannot be predicted reliably, to which degree the change of specific conditions in a municipality will actually contribute to changing migration flows there.