dc.description.abstract
Die dynamische Nutzung von Gebäuden oder ganzer Stadtteile durch den Menschen wird immer wichtiger. Gebäude und Städte werden nicht mehr statisch, sondern als dynamisches System wahrgenommen und genutzt. Aus diesem Grund werden in gleichem Maße Simulationsmethoden immer wichtiger, die das Zusammenspiel einer großen Zahl an Individuen und den gebauten Strukturen zu simulieren hilft. Sowohl für die tägliche Nutzung wie auch in Evakuierungssimulationen von Gebäuden werden deshalb bessere Methoden zur Fußgängerflusssimulation und darauf basierende Personenstromanalysen benötigt. Tragische Ereignisse in der Vergangenheit zeigten auf, wie rasch sich große Menschenansammlungen zu tödlichen Fallen entwickeln können, die dutzende Menschenleben fordern, falls sie eine unkontrollierte Dynamik entwickeln. Um solche Ereignisse zu vermeiden, benötigen wir genauere Kenntnisse über die Gesetze von Personenströmen. Bereits einfachste und kostengünstige Mittel - wie das Errichten von "Einbahnen", die zu einer Homogenisierung des Flusses führen, oder "Wellenbrecher" zur Reduktion des Druckes - können zu einer erheblichen Verbesserung der Sicherheit beitragen. Ziel der vorliegenden Dissertation ist eine Erweiterung der bisherigen Modellierungsansätze von Personenströmen in Gebäuden, um deren Planer bei der Umsetzung solcher Lösungen zu unterstützen. Die entwickelten Methoden dienen dazu, Verkehrsflüsse zu simulieren und so etwaige Engpässe und Problemzonen in Gebäuden vorab zu lokalisieren und gegebenenfalls zu entschärfen. Es werden dabei spezielle Ansätze entwickelt, um unterschiedliche Personengruppen zu unterscheiden, etwa Menschen, die auf den Gebrauch von Gehhilfen angewiesen sind und geeignete Routing Algorithmen benötigen. In einer "state-of-the-art" Analyse wurden zu diesem Zweck etablierte Verfahren evaluiert, neue Ansätze entworfen sowie eine Kombination von beiden verwendet, um Schwachstellen der bestehenden Verfahren, wie hoher Speicherbedarf, zu kompensieren und die Möglichkeiten dieser Verfahren zu erweitern. Die vorgeschlagenen Konzepte, Modelle und Algorithmen wurden in JAVA implementiert und getestet. Zur Umsetzung wurde in der vorliegenden Arbeit ein agentenbasiertes, raum- und zeitdiskretes System entwickelt. Basierend auf den diskretisierten Gebäudeflächen werden Personen generiert (Agenten), die sich frei auf diesem Raster bewegen können und deren Verhalten dabei dynamisch von vorgegebenen individuellen Zielen, je nach Gruppenzugehörigkeit unterschiedlichen Eigenschaften der Agenten (z.B. führt Rollstuhlgebundenheit zu unterschiedlichen, räumlichen Randbedingungen) und von den umgebenden Agenten abhängt. Dabei wurde speziell auf die Implementierung mehrstöckiger Gebäude Wert gelegt und die entsprechenden Methoden, Algorithmen und Routinen implementiert, um es den Agenten zu ermöglichen, zwischen diesen einzelnen Gebäudeflächen zu wechseln. Dies stellte besondere Herausforderungen an das "Routing" dar, das vorab einen Weg durch die Gebäude sucht. Um dies umzusetzen, wurde auf die Graphentheorie zurückgegriffen, mit Hilfe derer die Topologie des Gebäudes auf Knoten und Kanten abgebildet wird. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass es möglich ist, mit der entwickelten Methode, die in ihren Grundzügen auf dem Suchalgorithmus von Dijkstra basiert, eine Liste zu erstellen, die Wegpunkte enthält, die der jeweilige Agent "abarbeiten" muss, um an sein Ziel zu gelangen und zwar abhängig von den jeweiligen Eigenschaften des Agenten und äußeren Einflussfaktoren. Zur Orientierung zwischen diesen Wegpunkten wurde auf eine Reihe von vordefinierten Wegen gesetzt, die bei Bedarf automatisch durch ein static floor field ergänzt werden. Durch die Kombination dieser beiden Algorithmen wurden die Vorteile beider Methoden weitgehend vereint. Die Simulation darf, nach dem aktuellen Forschungsstand, nicht als Evakuierungssimulation verstanden werden, da spezielle Verhaltensweisen, wie menschliches Verhalten in Stresssituationen, nicht berücksichtigt wurden. Sie ist jedoch eine Vorstufe dazu und kann gegebenenfalls durch Hinzufügen einiger Algorithmen dazu erweitert werden.
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