Bachinger, N. (2020). Das OGH Urteil 5Ob 74/17v zum Lagezuschlag im Richtwertsystem: ein Instrument zur Regulierung des Mietwohnungsmarktes? [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2020.79703
Der Lagezuschlag als wesentlicher Bestandteil der Mietzinsbildung im Altbau wurde kürzlich durch OGH Erkenntnisse neu interpretiert. Dies mit weitreichenden Konsequenzen auf die tägliche Bewertungspraxis. Seit Einführung des Richtwertmietzinses vor 25 Jahren wurde der Lagezuschlag an den Grundkosten des betrachteten Objektes festgemacht, wobei hier ohnehin Lagen in Gründerzeitvierteln gesetzlich ausgeklammert wurden. Bei der Ermittlung des Lagezuschlages ist nunmehr nicht mehr alleinig auf den Grundkostenanteil der Lage abzustellen, sondern auch auf weitere die Wohnlage beeinflussende Kriterien. Auch das Vergleichsgebiet wurde höchstrichterlich neu interpretiert. Obwohl der Richtwert gesamthaft je Bundesland festgelegt wird, und bis dato vor allem in Wien als Ballungsraum das gesamte Bundesland als Referenz herangezogen wurde, ist der OGH von diesem Zugang abgegangen. Es ist nun auf jene Teile des Stadtgebietes abzustellen, die einander in ihren Bebauungsmerkmalen und der Verkehrsauffassung ähneln. Die Eingrenzung des Lagezuschlages und andere regulatorische Maßnahmen am Mietwohnungsmarkt sind die Antwort auf gefühlt gestiegene Miet- und Immobilienpreise. Was ist der Grund für die Preisanstiege? Zuzug in die Städte, allen voran an der Spitze die Bundeshauptstadt Wien, ist ungebrochen und zieht eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum nach sich. Bedingt dadurch erscheinen Teuerungen der vergangenen Jahre bei Mieten und Lebenshaltungskosten im Verhältnis sehr hoch. Die Finanzkrise 2009 und damit einhergehende niedrige, teilweise sogar negative Zinsen verstärken diesen Effekt. Kapital rettet sich in Immobilien und verteuert damit weiter Grund und Boden. Die Verteuerung der Bodenpreise hätte eigentlich die weitere Erhöhung des Lagezuschlages nach sich gezogen. Eine Deutsche Studie greift die Thematik der Mietmarktregulierung auf und stellt die weltweit unterschiedlichen, staatlichen Lenkungs- und Eingriffsmechanismen in den Mietwohnungsmarkt der vergangenen einhundert Jahre dar. Sie zeigt auch die Folgen von zu starken regulatorischen Eingriffen auf. Österreich zählt gemeinsam mit Deutschland bereits zu den am stärksten reglementierten Mietermärkten. Mietwohnungsmarktregulierung fand und findet man in fast allen Teilen der Welt. Dabei gilt: Je schlechter es um die gesamtvolkswirtschaftliche Situation eines Landes bestellt ist, desto größer ist die Notwendigkeit von staatlichen Eingriffen.
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Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers