Klaffenböck, E. (2005). Troposphärische Laufzeitverzögerung von GNSS-Signalen - Nutzen aktiver Referenzstationsnetze für die Meteorologie [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://resolver.obvsg.at/urn:nbn:at:at-ubtuw:1-14212
Satellitennavigationssysteme haben sich im Laufe der Jahre zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt. Längst ist das für das Militär konzipierte System aus einer breiten Palette von Anwendungsbereichen nicht mehr wegzudenken. Dennoch öffnen sich auch heute noch neue Möglichkeiten der Nutzung, beispielsweise in der Meteorologie sowie Klimatologie. In diesem Zusammenhang bildet der Wasserdampf eine Schlüsselrolle. Der gesamte Feuchtegehalt der Atmosphäre ist in den untersten Troposphärenschichten (bis zu einer Höhe von 10 km) in Form von Wasserdampf gespeichert. Die Verteilung des Wasserdampfes ist wesentlich für das Wettergeschehen verantwortlich und somit von großer Bedeutung für Wettervorhersagen.<br />Das durch die Atmosphäre laufende Mikrowellensignal wird durch Refraktion in der Ionosphäre und Troposphäre verzögert. Seit wenigen Jahren versucht man deshalb GNSS-Positionierungsverfahren zu invertieren und das hohe Genauigkeitspotential der Messgroßen zur Beobachtung der Atmosphäre heranzuziehen. Man nutzt die Kenntnis der Stationskoordinaten und der Bahndaten um die troposphärische Verzögerung zu berechnen. Genaue Messungen von Druck und Temperatur an der Bodenstation erlauben diese Verzögerung in einen hydrostatischen (trockenen) und einen Feuchtanteil aufzuspalten. Aus Letzterem kann der integrierte Wasserdampfgehalt (IWV - Integrated Water Vapour) berechnet werden. Der IWV über einer Station steht weiters in direktem Zusammenhang mit dem ausfällbaren Wasser (PW - Precipitable Water) - eine für die Meteorologie und Klimatologie wertvolle Größe. Ziel dieser Arbeit ist es, aus den kontinuierlichen Messungen des österreichischen GNSS-Permanentnetzes möglichst rasch nach Datenaufnahme meteorologische Parameter für numerische Wettervorhersagen abzuleiten.<br />Für einen Datensatz von zwei Monaten (Februar und März 2002) wurden ZTDs (Zenith Total Delays) mit einer Auflösung von zwei Stunden berechnet und sowohl mit Abgaben des IGS, als auch mit Ergebnissen von Auswertezentren, die im Rahmen des COST-716 Projekts Exploitation of Ground Based GPS for Climate and Numerical Weather Prediction entstanden, verglichen. Da Meteorologen die Ergebnisse innerhalb von einer Stunde benötigen, wurden Untersuchungen zur Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und zum Einfluss der Genauigkeit der prädizierten Satellitenbahnen angestellt.<br />Dabei konnte gezeigt werden, dass der Absolutbetrag der Differenz des ZTD basierend auf den rund zwei Wochen nach der Beobachtung generierten IGS (International GNSS Service Final Orbits) und den bereits am Folgetag zur Verfügung stehenden Bahnen (IGS Rapid orbits) generell 1.5 mm nicht übersteigt. Die Berechnungen basierend auf prädizierten Satellitenbahnen (IGS Ultra Rapid orbits) zeigen hingegen mitunter größere Abweichungen. Die Differenzen im ZTD liegen zwar weitgehend unter 1 cm, können aber im Extremfall bis zu 10 cm ausmachen. Um bei Verwendung der IGS Ultra Rapid orbits dennoch die für Wetterprognosen erforderliche Genauigkeit im PW (±1 mm) garantieren zu können, wurde ein Verfahren zum Ausscheiden grob fehlerhafter Satellitenbahnen entwickelt.<br />Zuletzt wurden Feuchtewerte einerseits basierend auf GNSS-Beobachtungen und andererseits auf Radiosondendaten gegenübergestellt, als auch mit Wetterkarten verglichen. Grundsätzlich zeigt sich eine gute Übereinstimmung, welche das große Potenzial dieses auf Navigationssatellitendaten gestützten Messverfahrens in der Meteorologie und Klimaforschung bestätigt. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Absolutbetrag der Differenz des ZTD basierend auf den IGS Final Orbits einerseits und den IGS Rapid Orbits andererseits den Wert von 1.5 mm nicht übersteigt. Die Berechnungen basierend auf den IGS Ultra Rapid Orbits zeigen hingegen großere Unsicherheiten. Die Differenzen der Ergebnisse liegen zwar weitgehend unter 1 cm, schlecht modellierte Satelliten verursachen jedoch mitunter Differenzen bis zu 10 cm. Um bei Verwendung der IGS Ultra Rapid Orbits dennoch die für Wetterprognosen erforderliche Genauigkeiten des PWV (1 mm) garantieren zu können, wurde ein Verfahren zum Ausscheiden grob fehlerhafter Satellitenbahnen entwickelt. Zuletzt wurden Feuchtewerte einerseits basierend auf GNSS-Beobachtungen andererseits auf Radiosondendaten, gegenübergestellt, aber auch mit Wetterkarten verglichen. Grundsätzlich zeigt sich eine gute Übereinstimmung der GNSS-Feuchtewerte mit Radiosondendaten, welches das große Potenzial dieses Messverfahrens in der Meteorologie und Klimaforschung bestätigt.