Erich, C. (2022). Das österreichische UNESCO-Weltkulturerbe als Teil der regionalen Entwicklung und Planung: Vorschläge zur Koordination/Umsetzung/Akzeptanz [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2022.106647
Österreich ist im Jahr 1992 der UNESCO-Konvention beigetreten, 1993 wurde diese durch das Parlament ratifiziert, im Bundesgesetzblatt Nr. 60/1993 kundgemacht und ist somit in staatliches Recht übergegangen. Inzwischen befinden sich auf österreichischem Staatsgebiet elf Kulturerbestätten und eine Naturerbestätte, welche auf der Liste des Erbes der Menschheit eingetragen sind.Mit dem Beitritt zu der Konvention ist Österreich die Verpflichtung eingegangen, diese Stätten dem jeweiligen außergewöhnlichen universellen Wert entsprechend zu erhalten. Dazu hat eine Überführung der mit der Eintragung eingegangenen Verpflichtungen in nationales Recht zu erfolgen. Die Herausforderung liegt dabei einerseits an der föderalen Struktur Österreichs, andererseits an in Kompetenzbereiche übergreifenden Bedürfnissen der einzelnen Welterbestätten. So ist zwar der Bund der Vertragspartner der UNESCO und somit zur Umsetzung des Schutzes und der geregelten Weiterentwicklung in Gesetze und Instrumente sowie zur Wissensvermittlung und Bewusstseinsbildung verpflichtet. Dies fällt jedoch zu großen Teilen in die Zuständigkeit der Politik und Verwaltung von Gemeinen, Bezirken, Regionen, Ländern sowie der Zivilgesellschaft und Wirtschaft.Gerade Kulturerbestätten, welche über Einzeldenkmäler hinausgehen, weisen eine besonders raumwirksame Dimension auf, welche einen wesentlichen Teil zu Erfassung, Schutz und Erhaltung in Bestand und Wertigkeit beiträgt. Diese Kulturerbestätten tangieren oft etliche Fachbereiche, in denen die Zuständigkeiten nicht nur auf unterschiedliche Ebenen verteilt sind, sondern sich oftmals in einer Kompetenzebene auf verschiedenste Verwaltungseinheiten aufteilen.Eine Nichterfüllung der zwischen Staat und UNESCO eingegangenen Verpflichtung führt erst bei Gefährdung des außergewöhnlichen universellen Wertes zur Eintragung in die Liste des gefährdeten Welterbes (rote Liste) und, wenn der Eintragungsgrund nicht mehr vorhanden ist, letztendlich zur Streichung aus der Liste des Erbes der Welt. Darüber hinaus sind keine Konsequenzen für den Vertragsstaat bzw. seine untergeordneten Gebietskörperschaften vorhanden.War und ist der Denkmal- und Naturschutz primär dem substanziellen Erhalten und Bewahren der überkommenen Werte verpflichtet, so sieht die Idee des UNESCO-Welterbes ihre Aufgabe nicht nur im Bewahren, sondern auch in einem zukunftsorientierten Schutz der materiellen sowie der ideellen Werte durch angepasste Weiterentwicklung.Diese Dissertation versucht die Wechselwirkungen zwischen der Idee des UNESCO-Welterbes, den Regionen und Kulturlandschaften und der Wissenschaft Raumplanung sowie der Regionalentwicklung aufzuzeigen und beiderseitige Vorteile und Erfordernisse herauszuarbeiten sowie Verbesserungsvorschläge zum Welterbegedanken in die Legislatur und die Instrumente der Raumordnung zu unterbreiten. An den Anfang gestellt wird eine Beschreibung der Idee des Welterbes und der Bedeutung des außergewöhnlichen universellen Wertes von einzelnen Kultur- und Naturdenkmälern für die gesamte Menschheit. Neben der Organisation von UNESCO und Welterbekomitee wird das Verfahren zur Eintragung in die Welterbeliste dargelegt.In weiterer Folge werden die gesetzlichen Voraussetzungen in Österreich, gegliedert nach den Kompetenzbereichen von Bund, Ländern und Gemeinden, erklärt, wobei besonders den Querverbindungen und Bezügen zwischen Raumordnung und UNESCO-Welterbe nachgegangen wird. Soweit es zum Verständnis von zwei Fallbeispielen erforderlich ist, wird in zwei Exkursen knapp auf die Kompetenzverteilung und die Gesetzeslage in Ungarn und der Schweiz eingegangen.An drei Fallbeispielen (in Klammer das Jahr der Aufnahme in die Welterbeliste):›Weltkulturerbe Semmeringbahn (1998)›Welterbe Kulturlandschaft Fertő-Neusiedlersee (2001)›Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina (2008)wird auf die Akteurslandschaft sowie auf die Organisation des Welterbemanagements eingegangen und insbesondere die Vernetzung der Akteure und die bisher gesetzten Maßnahmen zum Erhalt und der vorausschauenden, behutsamen Weiterentwicklung des Welterbes untersucht.Mehrfache Erhebungen vor Ort und zahlreiche Gespräche mit ortsansässigen Akteuren geben Einblick, inwieweit der Status als Welterbegebiet in der Öffentlichkeit wahrnehmbar ist und im regionalen Bewusstsein Eingang gefunden hat.Basierend auf den Erhebungen und leitfadengestützten Experteninterviews werden für die einzelnen Fallbeispiele die vorhandenen Problemfelder ermittelt und abschließend eine vergleichbare Abhandlung der jeweiligen Stärken und Probleme der drei untersuchten Welterbestätten erarbeitet.Dabei haben sich folgende Problemfelder gezeigt, bei denen die österreichischen Fallbeispiele starkes Verbesserungspotential aufweisen:›Öffentliches Bewusstsein und regionale Identitätsstiftung›Verbindlichkeit durch rechtliche Absicherung sowie Absicherung auch außerhalb der Kern- und Pufferzonen›Vernetzung, Einbeziehung und Zusammenarbeit der Akteure generell und im Speziellen auch Verwaltungsgrenzen überschreitend›Grundlagenforschung und Inventarisierung›Finanzierung der mit der Eintragung in die Liste des Erbes der Menschheit eingegangenen Verpflichtungen. Die Welterbestätte Rhätische Bahn in der Kulturlandschaft Albula/Bernina steht grundsätzlich besser da als die österreichischen Fallbeispiele. Einerseits wurde dort bereits im Zuge der Einreichung eine detailliertere, vorausschauende Planung durchgeführt. Andererseits profitiert das Welterbe durch das im Kanton Graubünden bereits etablierte Instrumentarium im Bereich der Inventarisierungen, welches ebenfalls zu Erfassung, Schutz und Weiterentwicklung der Welterbegebiete genutzt werden kann.Abgeleitet aus den zuvor gewonnenen Erkenntnissen werden für die beiden untersuchten österreichischen Welterbestätten Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Implementierung des in der Welterbekonvention und den operativen Richtlinien ausgearbeiteten Welterbegedankens in die Legislatur und in die Instrumente der Raumordnung und Raumplanung entwickelt. Dabei werden Verbesserungsvorschläge für fünf Themenkomplexe unterbreitet:›Verbesserung der Einbindung von staatlichen Akteuren und der Finanzierung› Entwurf einer Systematik zur rechtlichen Absicherung durch Planungsinstrumente›Vorschläge zur Einbindung in raumordnungsspezifische Gesetze›Stärkung von Grundlagenforschung und Inventarisierung›Allgemeine Vorschläge zur Verbesserung der Bewusstseinsbildung und öffentlichen Wahrnehmung. Zum Abschluss wird noch der Frage nachgegangen, welche Schlussfolgerungen für heute und die Zukunft gezogen werden können.
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Austria acceded to the UNESCO-convention in 1992. This was then ratified by parliament in 1993, announced in the Federal Law Gazette No. 60/1993 and therefore incorporated into state law. There are now eleven cultural heritage sites and one natural heritage site on Austrian territory, which are entered onto the World Heritage list.By joining the convention, Austria undertook to preserve these sites in accordance with their respective outstanding universal value. For this purpose, agreed registration obligations must be transferred into national law. The challenge lies with the federal structure of Austria as well as with the needs of the overarching areas of competence in respect of the individual World Heritage sites. The federal government is the contractual partner of UNESCO and is therefore obliged to implement protection and the regulated further development in laws and instruments as well as to impart knowledge and raise awareness. To a large extent, however, this falls within the responsibility of politics and administration of communities, districts, regions, countries as well as civil society and economy.Cultural heritage sites which go beyond individual monuments, have a particularly spatially effective dimension, which makes a significant contribution to the identification, protection, conservation and preservation in terms of existence and value. These cultural heritage sites often touch on a number of fields of expertise in which the responsibilities are not only distributed on different levels, but are often divided into different administrative units at one level of competence.Failure to fulfil the obligation entered into between the state and UNESCO only leads to entry in the list of ‘World Heritage in Danger’ (red list) if the outstanding universal value is endangered. If the reason for entry no longer exists, it could ultimately lead to deletion from the World Heritage list. Beyond that, there are no consequences for the state party or its subordinate local authorities.Monument and nature conservation is and has been primarily committed to the substantial preservation and conservation of traditional values. The idea of UNESCO-World Heritage sees its task not only in preserving, but also in future oriented protection of material as well as ideal values through adapted further development.This thesis attempts to show the interactions between the idea of UNESCO-World Heritage, the regions and cultural landscapes and the science of spatial planning and regional development. It aims to work out mutual advantages and requirements as well as suggestions for improving the concept of World Heritage in the legislature and the instruments of spatial planning. At the beginning there is a description of the concept of World Heritage and the importance of the outstanding universal value of cultural and natural heritage for all of humanity. In addition to UNESCO and the World Heritage Committee, the procedure for entry in the World Heritage list is presented.Subsequently, the legal requirements in Austria are explained, divided according to the areas of competence of the state, federal and municipal authorities, with partiVIcular emphasis given to cross-connections and relationships between spatial planning and UNESCO-World Heritage. As far as it is necessary for the understanding of two case studies, the distribution of competencies and the legal situation in Hungary and Switzerland are briefly discussed in two digressions.In three case studies (in brackets the year of inclusion in the World Heritage list):›Semmering Railway (1998)›Fertő / Neusiedlersee Cultural Landscape (2001)›Rhaetian Railway in the Albula / Bernina Landscapes (2008)the involved stakeholders as well as the organisation of World Heritage management are examined. In particular the networking of stakeholders and the measures taken so far for the preservation and forward-looking, careful further development of the World Heritage site.Multiple surveys on site and numerous discussions with local stakeholders provide an insight into the extent to which the status as a World Heritage area has been perceived by the public and incorporated into regional awareness.Based on the surveys and guideline supported expert interviews, the existing problem areas are determined for the individual case studies. Finally a comparable treatment of the respective strengths and problems of the three examined World Heritage sites are elaborated.The following problem areas have emerged in which the Austrian case studies show strong potential for improvement:›Public awareness and regional identity formation›Commitment through legal protection and safeguards outside of the core and buffer zones›Networking, involvement and cooperation of stakeholders in general and in particular across administrative borders›Basic research and inventory›Financing of the commitments entered into with the inscription on to the World Heritage listThe Rhaetian Railway World Heritage site in the Albula/Bernina cultural landscape is generally in a better position than the Austrian case studies. On the one hand, more detailed, forward-looking planning was already carried out there in the course of the submission. On the other hand, the World Heritage site benefits from the instruments already established in the Canton of Graubünden (Switzerland) in the field of inventories, which can also be used to record, protect and further develop the World Heritage sites.Based on the knowledge gained previously, recommendations for action to improve the implementation of the World Heritage concept (reflected in the World Heritage convention and the legislature and the instruments of spatial planning) are presented for the two examined Austrian World Heritage Sites studied.Suggestions for improvement are made for five subject areas:›Improving the involvement of state stakeholders and funding›Design of a system for legal protection through planning instruments›Proposals for inclusion into laws specific to spatial planning›Strengthening of basic research and inventory›General suggestions to improve awareness and public perceptionFinally, the question of what conclusions can be drawn from the present and for the future are examined.
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Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers