Wahlmüller, J. (2015). Bürgerbeteiligungsmodelle bei erneuerbaren Energien in Österreich, Deutschland und Großbritannien [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2015.33734
Die vorliegende Arbeit hat das Ziel Bürgerbeteiligungsmodelle für erneuerbare Energien in Österreich, Deutschland und Großbritannien zu vergleichen. Dafür werden Faktoren betrachtet, wie die politische Unterstützung, die allgemeine Entwicklung erneuerbarer Energien und der Anteil von Bürgerenergie an der erneuerbaren Energieproduktion, aber auch welche Akteure Bürgerenergieprojekte umsetzen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Bürgerbeteiligungsmodelle, Möglichkeiten der Akzeptanzsteigerung durch Bürgerbeteiligungen, die gesellschaftsrechtlichen Formen mit denen Projekte umgesetzt werden sowie die kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen, die den Rahmen der Möglichkeiten von Bürgerenergieakteuren vielfach bestimmen. Das Ergebnis zeigt einige Gemeinsamkeiten, deutliche Unterschiede in den meisten Bereichen und erlaubt es Schlussfolgerungen abzuleiten, unter welchen Voraussetzungen Bürgerenergiemodelle zu einem zentralen Element einer Transformation zu einer nachhaltigen Energiezukunft werden können. In allen drei Ländern zeigt sich, dass BürgerInnen, die über Beteiligungsmodelle Erneuerbare-Energien-Anlagen errichteten, eine Pionierfunktion einnahmen. In allen drei Ländern zeigt sich die Wichtigkeit der politischen Unterstützung für die weitere Verbreitung von Bürgerbeteiligungsmodellen, wobei Deutschland mit seinen langfristigen Ausbauzielen für erneuerbare Energie Stabilität signalisiert und Schottland innerhalb Großbritanniens heraussticht, weil es sich eigene Ziele für den Ausbau von Bürgerenergie gesetzt hat. Weiters zeigt sich, dass der Zugang zu gesicherten Einspeisetarifen eine wesentliche Voraussetzung für die Ausbildung von Bürgerenergieakteuren sind, die schwieriger an Kredite kommen und dem Wettbewerb mit kommerziellen Anbietern nicht gewachsen sind. Deutschland und Großbritannien setzen kürzlich aber auf Ausschreibemodelle, die eine besonders große Hürde für Bürgerenergieakteure darstellen, weil sie ohnehin knappe Ressourcen überspannen und der zusätzliche Aufwand abschreckende Wirkung hat. Werden neben gesicherten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begleitend unterstützende Strukturen etabliert, die bereits in der Frühphase der Projektentwicklung einsetzen, kann es gelingen, dass Bürgerenergieakteure aus der Pionierfunktion heraustreten und zu relevanten Playern bei der Gestaltung der Energiezukunft werden. In den drei Ländern ist die größte Bedeutung von Bürgerenergie in Deutschland gegeben, wo eine große Zahl an Bürgerbeteiligungsmodellen auch eine Mehrheitsbeteiligung von BürgerInnen aufweist. Zuletzt kam es zu einem Gründungsboom an Energiegenossenschaften, der dem allgemeinen Trend zur Professionalisierung gegenübersteht. In Österreich gibt es ebenfalls eine Vielzahl an BürgerInnen, die am Ausbau erneuerbarer Energie beteiligt sind, meist handelt es sich aber um indirekte Beteiligungen, die einer Art "grünen Geldanlage" gleichkommen. Eine Besonderheit in Österreich sind bürgerbeteiligungsmodelle bei Photovoltaikanlagen, die von etablierten Energieversorgern angeboten werden, während in Deutschland gerade die Abgrenzung von Energiekonzernen, die Atom- und Kohlekraftwerke betreiben, eine wichtige Rolle spielt. In Großbritannien wiederum treten vermehrt Charities (Wohltätigkeitsorganisationen) und Stiftungen auf, Bürgerbeteiligung hat vielfach einen karitativen Zweck. Obwohl auch hier zunehmend professionelle Gesellschaftsformen an Bedeutung gewinnen, werden gemeinnützige Strukturen durch eine Reihe von rechtlichen Rahmenbedingungen begünstigt. Internetbasiertes Crowdfunding spielt in den drei Ländern eine unterschiedliche Rolle. Während inÖsterreich Crowdfunding über Internetplattformen zur Finanzierung von Erneuerbaren-Energien- Anlagen nicht eingesetzt wird, ist es in Großbritannien und Deutschland - allerdings auf sehr niedrigem Niveau - bereits etabliert. In allen drei Ländern wurden in den letzten zwei Jahren die gesetzlichen Bestimmungen für Crowdfunding überarbeitet, um einen brauchbaren Rahmen für Crowdfunding zu bieten. Großbritannien setzt den liberalsten Rahmen und weist unter den drei Ländern auch das größte Aufkommen an Schwarmfinanzierung auf. Potenzialanalysen zeigen, dass Bürgerbeteiligungsmodelle bei erneuerbaren Energien in allen drei Ländern großes Potenzial haben, einen substantiellen Beitrag zu einer nachhaltigen Ausrichtung der Energiesysteme zu leisten und damit nicht zuletzt die Akzeptanz gegenüber erneuerbaren Energien zu erhöhen. Es zeigt sich, dass dafür in allen drei Ländern aber Reformen notwendig sind und bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.