Niedermayer, W. (2020). Digitale Prozesse bei der Immobilienbewertung - vergleichende Analyse Schweiz-Österreich [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2020.81061
Dem Begriff „Marktwert“ einer Immobilie schreibt man weltweit mehr oder weniger die gleiche Bedeutung zu. Zu seiner Schätzung verwenden Sachverständige vorgegebene Methoden, besorgen sich marktrelevante Daten und befolgen dabei nationale und internationale Regeln. In der Schweiz und in Österreich haben sich im Laufe der Zeit einige professionelle Bewertungs-Anbieter etabliert, welche die Möglichkeiten moderner Software nutzen. Sie halten Daten aus abgewickelten Transaktionen sowie möglichst viele sonstige bewertungsrelevante Informationengeografisch verortet bereit, um damit effizient möglichst marktnahe Schätzungen durchzuführen. Das dabei verwendete hedonische Modell interpretiert den Preis einer Immobilie als eine Summe von Einzelpreisen, die den einzelnen Eigenschaften der Immobilie entsprechen. Um die unterschiedliche Entwicklung und den Stand der digitalen Bewertungsindustrie in der Schweiz und in Österreich zu hinterfragen, wurden im Rahmen dieser Arbeit Interviews mit Vertretern und Experten geführt. Daraus hat sich ergeben, dass nicht Regelungen oder Normen, sondern die Verfügbarkeit marktrelevanter Daten die digitale Entwicklung am stärksten beeinflusst hat. Während es in Österreich leicht möglich ist, zu jeder beliebigen Immobilie die Eigentümer, deren Kaufverträge und damit Transaktionspreise einzusehen, ist dies in der Schweiz wegen der unterschiedlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Kantone nicht flächendeckend und in der Praxis auch nur einem kleinen Personenkreis, wie z.B. den Eigentümern möglich. In der Schweiz haben die Bewertungsanbieter deshalb schon sehr früh Kooperationen mit Institutionen wie Hypothekarkreditgebern genutzt, um an Transaktionspreise zu kommen. Dabei hat sich eine beachtliche hedonische Kompetenz entwickelt. Dies kommt auch in den Webpräsenzen und Online-Videos der größten drei Anbieter in der Schweiz (WüestPartner, Fahrländer Partner und IAZI) zum Ausdruck. In Österreich (Sprengnetter und DSS) forciert man Innovationen, wie das automatisierte Auslesen von Flächengrößenaus Maklerplänen, das Auslesen von Transaktionspreisen aus Kaufverträgen und die indikative Wertermittlung mittels Smartphone-Fotos. Die geführten Interviews zeigen, dass die etablierte Bewertungsindustrie in den kommenden 5 bis 10 Jahren auch in Österreich wegen der großen Menge an bewertungsrelevanten Daten den statistischen Vergleichswertmethoden in Form von hedonischen Modellen verstärkt vertrauen wird. Bei speziellen, sehr heterogenen Immobilien (Gewerbe; Industrie, Hotellerie, Schlösser, ...), wo es wenige Vergleichsobjekte gibt, wird auch zukünftig die Expertise eines Sachverständigen und eine Besichtigung notwendig sein.
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Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers