¡Retiro para todos! : Strategisches Konzept für die Aufwertung öffentlicher Räume in Retiro, Buenos Aires

Abstract

Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit den öffentlichen Räumen in unmittelbarer Umgebung des Verkehrsknotenpunktes Retiro in Buenos Aires. Seit Jahren wird hier über die notwendigen Maßnahmen zur Modernisierung einer veralteten Verkehrsinfrastruktur mit den drei Kopfbahnhöfen Mitre, Belgrano und San Martín spekuliert. Im heutigen Erscheinungsbild der Bahnhofsvorplätze ist aber vor allem die jahrelange Bevorzugung des motorisierten Verkehrs sichtbar. Im Kontext der Urbanisierung des Großraums Buenos Aires ist Retiro zu einem hochkomplexen Hub innerhalb der Stadt angewachsen. Er liegt in Mitten einer städtebaulich undefinierten Gegend, die nach wie vor eher der Peripherie als dem Zentrum zuzuordnen ist. Nicht zuletzt ist Retiro auch Ausdruck eines Stadtmodells, das sich durch Fragmentierung und Segregation seiner einzelnen Bestandteile auszeichnet. Täglich sind es schätzungsweise 632.000 Personen, die hier morgens ankommen, abends abfahren oder zwischen den unterschiedlichen Verkehrsmitteln umsteigen.<br />Die kommende Anbindung an eine zweite U-Bahnlinie lässt auch in Zukunft auf eine Steigerung der Benutzerzahlen schließen. In einem dreimonatigen Forschungsaufenthalt in Buenos Aires 2011 konnten relevante Informationen gesammelt werden, die zum Verständnis des Ortes beitragen. Sieben durchgeführte Experten-Interviews reichern den deskriptiven und analytischen Teil der Arbeit an, während mit Hilfe der teilnehmenden Beobachtung und fotografischen Dokumentation Abläufe und Prozesse der Aneignung im öffentlichen Raum erforscht werden konnten. In einer städtebaulichen Analyse werden die baulich-physischen, organisatorisch-institutionellen, sozialen und planerisch-institutionellen Defizite in Retiro erläutert, dargestellt und interpretiert. Die Ursache einer Vielzahl der Probleme ist auf der planerisch-institutionellen Ebene zu suchen. Zwar gibt es seit Jahren eine intensive Beschäftigung mit der notwendigen Transformation des Verkehrsknotenpunktes und seiner Umgebung, im Kontext politischen Versagens hat diese aber bis heute zu keinen integralen Ergebnissen geführt. In Folge kommt es täglich zu einer Vielzahl an Interessenskonflikten, welche zum Teil eine Gefährdung für die Benutzer darstellen. Zu den Stoßzeiten sind die schmalen Gehsteige vor den Bahnhöfen durch Passanten und Straßenverkäufer übernutzt, während die Avenida Ramos Mejía mit bis zu 14 Fahrspuren für Busse, Taxis und Autos ausgestattet ist. Folglich werden die drei eigentlichen Bahnhofsvorplätze, getrennt vom motorisierten Verkehr, nur wenig angeeignet. Das Interesse der Arbeit gilt daher der Aufwertung der öffentlichen Räume des Verkehrsknotenpunktes, für die strategische Anforderungen und Ziele, sowie Maßnahmen zur Umsetzung definiert werden. Ziel der Arbeit es ist, einen lebendigen, qualitativen öffentlichen Raum zu schaffen, der allen Benutzern in Retiro zur Verfügung steht. Retiro para todos! reagiert auf die aktuellen Defizite und schlägt vor, auf der planerischen Ebene eine vermittelnde Institution für die Realisierung des Projektes zu implementieren. Als bauliche und organisatorische Interventionen werden ein neues Verkehrskonzept und die öffentlichen Räume in Retiro gestaltet. Außerdem werden die Straßenverkäufer in Retiro relokalisiert und in einem Verein organisiert. Dabei werden Prozesse mitgestaltet und Instrumente implementiert, die Partizipation der Benutzer ermöglichen und alternative Organisationsformen aufgreifen.<br />Die Aneignung Retiros durch die Stadtbewohner als qualitativen öffentlichen Raum führt zu einer neuen Identifikation mit dem Ort und seiner zeitgemäßen Einbindung in das System Stadt.

This diploma thesis focuses on public spaces in the immediate surrounding area of the traffic conjunction Retiro in Buenos Aires, Argentina. For many years there have been speculations about necessary measures to modernize this archaic infrastructure including three dead-end stations Mitre, Belgrano and San Martín. When looking at the appearance of the station forecourts today, the prioritization in favour of motorized transportation for years is striking. In the context of urbanizing the agglomeration of Buenos Aires the station Retiro became a highly complex transport hub within the city. It is located in midst of an undefined area, still not belonging to the urban core but rather to the periphery. Not least Retiro represents a model of a city characterized by fragmentation and segregation of its various constituent parts. About 632,000 people pass through Retiro every day, entering or leaving the city centre or changing between different means of public transport within town. With the future connection of Retiro to a second line of the city's underground a further growing number of users can be expected.<br /> During a three months stay for research in Buenos Aires in 2011 relevant information was gathered contributing to a better understanding of the place of interest. The descriptive and analytic part of the thesis is enriched by seven interviews with experts conducted during the stay. By means of participant observation, photographic documentation processes of appropriation in public spaces could be investigated. The urban analysis depicts and interprets the deficits of Retiro on a physical, organizational, social and institutional level. A clear connection between a variety of problems and the institutional level is evident.<br />Even if there is strong engagement regarding necessary transformations of the traffic conjunction and its surrounding, no integral results could be reached due to political failure. As a consequence different conflicts of interest pop up every day, partially presenting a risk to the users. At rush hour the narrow sidewalks in front of the stations are overused by pedestrians and street sellers. At the same time the main street Avenida Ramos Mejía provides 14 lanes for busses, cabs and cars. Hence, the appropriation by users of the station forecourts, which are divided by motorized traffic, is only marginal. The present work seeks to upgrade the public spaces of this transport hub by defining strategic requirements and aims, and providing means of realization of such a strategy. It aims at creating a lively, qualitative public space being available to all users in Retiro. ¡Retiro para todos! is an answer to current deficits and suggests the planning side, to implement an institution in charge of the realization of such a project. On the constructional and organizational level a transportation concept and new public spaces for Retiro are proposed. Furthermore the street sellers of this area are to be relocated and organized in an association. At the same time processes and instruments are to be created in cooperation, enabling alternative forms of organization and the participation of the users. The appropriation of Retiro as a qualitative public space leads to a different identification of the inhabitants of Buenos Aires with this place and a contemporary integration into the urban system.