Rücker, L. (2020). Municipal water infrastructure in post-socialist Serbia: tensions between economic, political and ecological interests [Diploma Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2020.74668
Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsinfrastruktur stellt die Grundlage für die Bereitstellung wesentlicher Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge dar. Der gegenwärtige Zustand kommunaler Wasserinfrastruktur im postsozialistischen Serbien ist gekennzeichnet von beträchtlicher struktureller und physisch-technischer Unterentwicklung, die ein konkretes Hindernis für die zukünftige Entwicklung des Landes und den Beitrittsprozess zur Europäischen Union darstellt.Auf Basis einer Kombination aus theoretischer und statistischer Analyse sowie empirischem Material, gewonnen durch Expert*inneninterviews, untersucht diese Arbeit zwei grundlegende Fragen: Wie haben die komplexen historischen Entwicklungsprozesse des Landes die aktuellen Rahmenbedingungen für und den Zustand der kommunalen Wasserinfrastruktur geprägt, und welche spezifischen Herausforderungen birgt der Status quo für die zukünftige Entwicklung? Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die gegenwärtige Situation stark von historischen Kontinuitäten geprägt ist, die sich sowohl in den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene als auch in den administrativen, operativen und finanziellen Kapazitäten für die Bereitstellung von Wasserdienstleistungen auf lokaler Ebene widerspiegeln. Ein chronischer Mangel an Einnahmen der serbischen Wasserversorgungsunternehmen hat zu einem erheblichen Rückstand an Investitionen in die Instandhaltung und den Ausbau der Infrastruktur geführt, was sich in Problemen betreffend die Wasserqualität und den technischen Zustand des Netzwerks und der Anlagen, vor allem aber in der drastischen Unterentwicklung der Abwasserentsorgungsinfrastruktur widerspiegelt.Um die umfassenden Herausforderungen in Zusammenhang mit dem derzeitigen Zustand der kommunalen Wasserinfrastruktur sowie den verbundenen negativen externen Effekten zu bewältigen und die Anforderungen der EU in naher Zukunft erfüllen zu können, kann geschlussfolgert werden, dass Serbien sich nicht länger nur auf die finanzielle Hilfe der Europäischen Union verlassen kann, sondern sich umfassenden internen Reformprozessen widmen muss. Ebenso wird es notwendig sein, die Ausrichtung und das Zusammenspiel grundlegender Politiken zu hinterfragen: Während die serbische Regierung versucht über niedrige Tarife die Erreichung sozialpolitischer Ziele zu unterstützen, verfehlt sie gleichzeitig wirtschaftliche und ökologische Ziele sowie Ziele der sozialen Gerechtigkeit. Aus Sicht der Europäischen Union ist zudem zu hinterfragen, ob die reguläre Orientierung des Beitrittsverfahrens an vorwiegend quantitativen und weniger qualitativen Kriterien dem Mangel an klaren Rahmenbedingungen und Kapazitäten für die Bereitstellung grundlegender öffentlicher Infrastruktur in Serbien angemessen Rechnung tragen kann, um den weiteren Entwicklungs- und Beitrittsprozess des Landes wirksam und nachhaltig zu unterstützen.
de
Municipal water infrastructure forms the foundation for the provision of water supply and wastewater disposal services as basic public services. The current condition of municipal water infrastructure in post-socialist Serbia is characterised by significant structural and technical-physical underdevelopment, which constitutes an obstacle for the country ́s future development and accession process to the European Union.Based on the combination of theoretical and statistical analysis as well as empirical material generated through expert interviews, this study investigates two fundamental questions: How have the country ́s complex historical development processes shaped the current framework for and condition of municipal water infrastructure, and which specific challenges does the status quo hold for the future development? The thesis demonstrates that the present situation is strongly influenced by historical continuities that are reflected in the political and legal framework at the national level as well as in the administrative, operational and financial capacities for the provision of water services at the local level. A chronic deprivation of revenues of Serbian water utilities has led to the significant lack of investment in the maintenance and extension of infrastructure, which is reflected in issues related to the quality of water and the technical condition of the network, but particularly in the underdevelopment of wastewater treatment infrastructure.In order to address the comprehensive challenges related to the current status of municipal water infrastructure and its negative external effects and to meet the EU ́s accession requirements in the near future, it can be concluded that Serbia can no longer solely rely on financial assistance from the European Union but will have to commit to comprehensive internal reform processes. Equally, a revision of the orientation and interplay of fundamental policies will be necessary: While the government aims to pursue social policy objectives through low tariffs, it fails to meet economic and environmental objectives as well as objectives of social equity. From the perspective of the European Union it must be questioned whether the accession procedure ́s standard orientation on quantitative criteria rather than qualitative criteria can adequately take into account the lack of a well-defined framework of and capacities for the provision of basic public infrastructure in Serbia in order to effectively and sustainably support the country ́s further development and accession process.