In der Master Thesis wurden auf der Basis einer ausgiebigen Literaturanalyse mehrere für das Innova- tionsmanagement elementare Erkenntnisse erarbeitet, die in das Rahmenwerk zur Messung des Inno- vationserfolgs der Thüga Innovationsplattform eingeflossen sind. Aus innovationsstrategischer Sicht ist es von besonderer Wichtigkeit, dass das Messsystem die Zielvorgaben, die aus der übergeordneten Un- ternehmensstrategie resultieren, berücksichtigt. Aus Innovationsstudien geht hervor, dass Unternehmen in F&E-intensiven Branchen auf Zeit- und Technologieführerschaft setzen und den Erfolg neuer Produk- te auf inkrementelle Innovationen zurückführen. Besonders interessant dabei ist, dass Kostenaspekte eine untergeordnete Rolle spielen. Bereits in den 1990er Jahren konnte belegt werden, dass Unter- nehmen, die einen fundierten Innovationsprozess zur Auswahl und Steuerung von Innovationsprojekten verfolgen, einen deutlich erhöhten Erfolg verzeichnen können. Ein spannender Aspekt der untersuchten Studienergebnisse ist, dass, obwohl Zeitführerschaft im Vordergrund steht, es nicht erfolgsfördernd ist, zeitbezogene Erfolgsfaktoren zu verwenden. Als zentrale Komponente für den Innovationserfolg ist eine innovationsfördernde Unternehmenskultur zu nennen, denn diese prägt die Fähigkeit der Belegschaft, neue Themen und Projekte zu entwickeln.<br />Besonders wichtig dabei ist, dass in Unternehmen eine offene Kommunikationskultur herrscht, in der Informationen ohne Machtüberlegung geteilt werden. Eine weitere wissenschaftlich belegte Erfolgskomponente ist die Intensität von Kooperationen. Innovationskooperatio- nen verhelfen Unternehmen, Zugang zu komplementären Ressourcen zu erlangen und Skaleneffekte zu nutzen. Wichtig für erfolgreiche Innovationskooperationen ist allerdings, dass eine harmonische Zusam- menarbeit gewährleistet wird.<br />Eine Analyse des Energiemarktes zeigt, dass in der Branche ein generell niedriger Innovationsgrad vorherrscht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es in den vergangenen Jahrzehnten nicht erforder- lich war, Geschäftsmodelle zu ändern und neue Produkte zu entwickeln.<br />Ambitionierte Ökoenergieziele und der geplante Atomenergieausstieg deuten allerdings auf einen Paradigmenwechsel hin. Die als kon- servativ geltende Energiewirtschaft steht vor einer der größten Veränderungen ihrer Geschichte. Neue Trends wie smarte Themen zeichnen sich ab, die nicht zuletzt auch das Fenster für neue Wettbewer- ber öffnen und bestehende Geschäftsbereiche der Energieversorger gefährden. Erhöhter Wettbewerb und noch steigender Druck auf die Vertriebsmargen der Energieversorgungsunternehmen sind zu er- warten. Seit der Öffnung des Marktes ist die hauptsächlich preisgetriebene Kundenabwanderung ein großes Thema. Obwohl in Zukunft mit stark steigenden Energiepreisen zu rechnen ist, bieten mangeln- de Wechselkompetenz sowie subjektive Preiswahrnehmung der Kunden Chancen für Energieversorger. So könnte in Zukunft beispielsweise durch ein innovatives Geschäftsmodell die Preiswahrnehmung ver- ändert werden. Aufgrund des sich in der Öffentlichkeit entwickelnden Wunsches nach sauberen und erneuerbaren Energieformen hat sich jedenfalls in den vergangenen Jahren der Trend entwickelt, dass imagefördernde Innovationen, wie Ladesäulen für Elektroautos, auf den Markt gebracht werden, auch wenn kein positiver Business Case zu Grunde liegt. Wichtig ist, in der Öffentlichkeit als innovativ und modern zu wirken. Zur nachhaltigen Sicherung der Innovations- und Wettbewerbskraft ist es allerdings erforderlich, die finanzielle Erfolgskomponente zu berücksichtigen. Drei wesentliche, für die Energiebran- che spezifische Kenngrößen konnten mit der Unterstützung von Controlling Experten erarbeitet werden: Innovationsaufwendungen, bezogen auf die OPEX, Innovationserfolg, bezogen auf die EBIT, und durch Innovationen generierter Cashflow. Finanzzahlen auf OPEX und EBIT, statt auf Umsatzerlöse zu bezie- hen, ist typisch für die Energiebranche, denn volatile Rohstoffpreise bewirken große Schwankungen der Umsätze, sodass diese nicht als Referenzgröße verwendbar sind.<br />Das im Rahmen der Master Thesis entwickelte Innovationsmesssystem wird der Innovationsmana- gement Stabsabteilung der Thüga Aktiengesellschaft zur Selbstbewertung des Innovationserfolgs der Innovationsplattform und deren teilnehmender Partnerunternehmen vorgeschlagen. Das Controllingsys- tem soll in Folge dazu dienen, Verbesserungspotentiale aufzuzeigen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Zur effizienten Aufnahme der Kenngrößen bietet es sich an, einen gestützten Fragebogen her- anzuziehen. Datengrundlage liefern Interviews mit den Ansprechpartnern der Partnerunternehmen und den Mitarbeitern der Thüga Aktiengesellschaft, Controllingabteilungen sowie bereits regelmäßig durch- geführte Qualitätsanalysen. Das Konzept zur Messung des Innovationserfolgs ist in Zukunft entspre- chend den sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. So zum Beispiel sind die im Rahmen- werk vorgeschlagenen Kennzahlen im Sinne der Kontingenztheorie hinsichtlich der sich entwickelnden Unternehmens- und Innovationsstrategien zu überprüfen. Auch wird bspw. langfristig die Frage aufkom- men, wie die Leistungen der Innovationsplattform der gesamten Gruppe angeboten werden können. Derzeit stehen noch entwickelte Innovationen exklusiv den 34 Partnern der Plattform zur Verfügung. Um allerdings das volle Potential der Thüga-Gruppe zu nutzen, kann eine Öffnung durch ein entsprechendes Verrechnungsmodell sinnvoll sein. Die Master Thesis eröffnet weiteres Forschungspotential speziell im Bereich der Wirkung von Innovationsaktivitäten auf das Image und die Kundenabwanderungsquote von Energieversorgungsunternehmen. Zu untersuchen ist, bis zu welchem Punkt Innovationen in der Öffent- lichkeit als positiv wahrgenommen werden und keine negativen Auswirkungen auf die Kundenloyalität entstehen, denn die Entwicklung von Innovationen erfordert auch deutliche Ressourcenzusprüche. Fest steht allerdings, dass Kunden noch keine ausgesprochene Wahrnehmung über den Innovationsgrad der Energieversorgungsbranche haben. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass das Thema Innova- tionen noch kaum auf der Tagesordnung der Energieversorger stand.<br />In Zukunft ist jedenfalls von großen Innovationssprüngen im Energieversorgungsmarkt auszugehen. Unsicher ist allerdings, wie die Bevölkerung all die Neuerungen aufnehmen wird. Einerseits besteht der große Wunsch nach sauberen und nachhaltigen Energieformen. Andererseits herrscht große Angst vor Veränderungen. Kaum jemand ist dazu bereit, die damit verbundenen Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Steigende Energiepreise und landschaftliche Veränderungen sind derzeit noch deutliche Tabuthemen. Zur erfolgreichen Gestaltung der Energiezukunft ist es jedenfalls von zentraler Wichtigkeit, dass Energie- versorger, Kunden und Politik eng zusammenarbeiten, unterschiedliche Interessen berücksichtigen und gemeinsam Lösungsvorschläge entwickeln.<br />