Reisinger, A. G. (2011). Modeling and validation of multiscale lamellar bone elasticity [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. http://hdl.handle.net/20.500.12708/161506
Die hierarchische Struktur von Knochengewebe wurde im letzten Jahrhundert intensiv untersucht. Während dessen Zusammensetzung mit zunehmender Genauigkeit bekannt wird, sind die mikroskopischen Mechanismen, die zu den erstaunlichen makroskopisch beobachteten mechanischen Eigenschaften führen, noch kaum verstanden. In der vorliegenden Arbeit wird die hierarchische Struktur von Lamellenknochen, der häufigsten Knochenart im Menschen und vielen Säugetieren, mit einem mehrskaligen Materialmodell abgebildet. Dieses liefert Vorhersagen über die anisotropen elastischen Eigenschaften der charakteristischen mikroskopischen Knochenstrukturen. In dieser Weise wird ein Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung und Morphologie des Knochenmikrogefüges und dem makroskopischen elastischen Verhalten gebildet.<br />Als ersten Schritt werden die mineralisierte Kollagenfibrille, die extra-fibrilläre Matrix und das daraus gebildete Fibrillen-Array mit einem multiskalen Mean-Field-Modell modelliert. Fibrillen bestehen aus einer stufenartigen Anordnung von Kollagen Typ 1 - Molekülen die periodisch mit Mineralplättchen verstärkt sind. Diese liegen in einer extra-fibrillären Matrix eingebettet, die aus einem Netzwerk von diversen Proteinen und ebenfalls Mineral besteht. Dieser Faser-Verbundstoff, das uniaxiale Fibrillen-Array, ist der Grundbaustein, aus dem alle Strukturen höherer Ordnung in Lamellenknochen gebildet werden. Der Einfluss von Mineral- und Kollagengehalt sowie deren räumliche Verteilung und deren Steifigkeit auf die Fibrillen-Array-Steifigkeit wurden in einer Parameterstudie untersucht. Die Berechnungen zeigen, dass der Grad der Mineralisierung sowie die Kollagensteifigkeit die wichtigsten Einflussgrößen für die axiale Steifigkeit darstellen. Die Verteilung des Minerals zwischen Fibrillen und Matrix sowie der Fibrillenanteil im Gewebe scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen.<br />Dieses Fibrillen-Array-Modell wird in weiterer Folge Nanoindentationsmessungen an menschlicher Femurkortikalis gegenübergestellt. Dazu wird an den exakt selben Punkten auf der Probe der Indentatiosmodul, die Gewebemineralisierung sowie die Fibrillenausrichtung relativ zur Indentationsrichtung gemessen. Mit Hilfe dieser Mineralisierungs- und Ausrichtungsdaten kann mittels des Modells ein virtueller Indentationsmodul berechnet werden, der mit dem gemessenen verglichen wird. Im Durchschnitt liefert das Fibrillen-Array-Modell eine gute Steifigkeitsvorhersage. Die Variation zwischen den einzelnen gemessenen Moduli konnte aber nicht abgebildet werden. Die Information über Mineralisierung und Orientierung erscheint nicht ausreichend um die lokale Steifigkeit vorherzusagen.<br />Die elastischen Eigenschaften des Fibrillen-Arrays werden in einem nächsten Modellierungschritt als Materialeingangsgröße für ein Finite-Elementemodell einer Knochenlamelle verwendet. Dieses Einheitszellenmodell bildet die den Lamellen innewohnende Schichtstruktur ab, in welcher unterschiedlich orientierte Lagen aus Fibrillen einen laminatähnlichen Aufbau erzeugen. Die Orientierung der Fibrillen in einer Lamelle folgt bestimmten periodischen Mustern, von denen in dieser Arbeit vier unterschiedliche Ausprägungen miteinander verglichen werden. Es zeigt sich, dass diese die Anisotropie der Knochenlamelle bestimmen. Die weithin bekannten Twisted- und Orthogonal-Plywood-Muster führen zu gleicher Steifigkeit in Längs- und Querrichtung in der Lamellenebene, was vielen Messungen an Lamellen widerspricht. Besser passen hier zwei unsymmetrische Fibrillenrotationsmuster die zu einer ausgeprägten Anisotropie führen.<br />Die Hauptsteifigkeitrichtung schlingt sich in diesen Fällen helixartig um die Osteonachse.<br />Diese berechneten anisotropen elastischen Eigenschaften der Knochenlamelle werden in einem letzten Schritt Nanoindentationsmessungen auf Osteonebene gegenübergestellt. In einem neuartigen Verfahren werden einzelne Osteonen aus menschlicher Femurkortikalis in drei Ebenen indentiert. So kann die richtungsabhängige Inplane-Steifigkeit eines Osteonlamellenpakets abgeschätzt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass alle Osteonen anisotrop sind. Ihre Hauptsteifigkeitsrichtung ist leicht von der Osteonlängsachse abgedreht, sodass wiederum eine leichte helixartige Schraubung entsteht. Dieses Resultat passt wiederum gut zu den beiden unsymmetrischen Fibrillenrotationsmustern, die im Modell eine ähnliche Schraubung bedingen. Nebenbei wurden keine Osteonen entdeckt, die in transverser Richtung steifer sind.<br />Die vorliegende Dissertationsarbeit zeigt deutlich, dass die dem Knochengewebe innewohnende hierarchische Organisation und Zusammensetzung Auswirkungen auf das elastische Verhalten auf makroskopischer Ebene haben. Die entwickelten Materialmodelle erlauben eine qualitative und quantitative Vorhersage dieses Verhaltens basierend auf relativ wenigen Eingangsparametern.<br />Die Modelle können verwendet werden um Störungen der Knochensteifigkeit aufgrund von Osteoporose, Osteomalazie oder anderen metabolischen Knochenerkrankungen zu erklären. So kann eine, unter Umständen bessere, den jeweiligen Ursachen entsprechende, Medikation entwickelt werden. Diese Studie ist ein Beitrag zum besseren Verständnis der Mikromechanik des Lamellenknochens und verwandtem biologischen Gewebe.<br />
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The hierarchical structure of bone tissue has been investigated intensively in the last century. Whereas bone composition is described in increasing detail, the microscopic mechanisms leading to the remarkable macroscopic mechanical properties are still barely understood.<br />In this work, the hierarchical organization of lamellar bone, the most abundant bone type in humans and many mammals, is reflected in a multiscale material model that provides anisotropic elastic estimations for the characteristic microscopic bone entities. In that way, a relation between composition and morphology of bone's microstructural motives to its macroscopic elastic behavior is established.<br />First, the mineralized collagen fibril, the extrafibrillar matrix and the subsequent fibril-array, are modeled using a multiscale mean field method. Fibrils contain collagen type I molecules that are periodically reinforced by mineral platelets. Fibrils are embedded in an extra-fibrillar matrix that consists of a network of non-collagenous proteins and mineral. This uniaxial fibril-array, is the basic structure from which all higher hierarchical levels of lamellar bone are built.<br />The influence of mineral and collagen volume fractions, their spatial distribution and elastic properties as well as the effects of porosity on the fibril-array stiffness is investigated. Calculations show that tissue mineralization and collagen stiffness are crucial parameters for describing the lamellar bone's axial and transverse stiffness, whereas mineral distribution and fibril volume fraction are less relevant.<br />Second, the fibril-array model was tested against nanoindentation measurements in human femoral cortical bone. At the microscopic spots of indentation, the degree of mineralization and fibril orientation was measured and used in the fibril-array model for calculating a corresponding virtual indentation modulus. Averaged model results predicted the measurements well, although the spot-per-spot correlation was surprisingly weak. This shows that the variation of indentation modulus of human lamellar bone cannot be explained by mineralization and orientation only. The result points either towards unevaluated factors like nanoporosity or microdamage that are of possible influence or towards uncertainties within the nanoindentation measurements.<br />Third, the obtained elastic properties of the fibril array are used as an input for a finite-element unit-cell model of a single bone lamella.<br />The fibril alignment in the lamella rotates according to a fibril orientation pattern. Four known patterns were compared regarding the resulting bone lamella anisotropy and stiffness. It was found that the patterns determine the anisotropy of bone lamellae. The widely known twisted plywood and orthogonal plywood patterns lead to in-plane rather isotropic elastic properties. Unsymmetrical patterns like the 5-sublayer pattern, the x-ray diffraction based pattern lead to a privileged stiffness direction that is inclined to the osteon axis. In the cylindrical setup of an osteon, in which the lamellae are circumferentially disposed, this inclination-angle brings about a helical stiffness winding around the haversian channel.<br />Fourth, the numerically obtained anisotropic elastic properties of bone lamellae were related to nanoindentation experiments on human osteons.<br />They were performed on three distinct planes on a single osteon to assess the lamella in-plane stiffness in multiple directions. All investigated osteons appeared to be anisotropic with a preferred stiffness alignment along the axial direction with a small average helical winding around the osteon axis. Thus, the experimental results oppose the numerical outcomes of the twisted- and orthogonal plywood pattern, but support the 5-sublayer- and the x-ray diffraction based pattern. No transverse osteons were observed in the mechanical sense.<br />This work demonstrates that variations in composition and inherent orientation lead to differences in the elastic behavior of lamellar bone on higher length scales. The utilized numerical models allow for a qualitative and quantitative prediction of bone tissue elastic constants. The study is a step toward a deeper understanding of the structure-mechanical function relationship of lamellar bone.