Bürbaumer, M. (2020). Vivid streets, empty streets: street space in transition : a case study in Hongkou, Shanghai [Diploma Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2020.64140
Shanghai; lilong; gated community; redevelopment; street usage; street life
en
Abstract:
Shanghais traditionelle Reihenhausviertel, die sogenannten Lilong, sind geprägt durch faszinierende Straßenräume voller Leben, Menschen und Geschäftigkeit. Seit den 1990er Jahren ist Shanghai im Umbruch und hat im Streben, eine moderne Metropole von globaler Bedeutung zu werden, einen gewaltigen Prozess der städtebaulichen Umstrukturierung eingeleitet. In diesem Zusammenhang werden die Spuren des alten Shanghais, versinnbildlicht durch die Lilong, in atemberaubendem Tempo und beispiellosem Maßstab entfernt. Das Nebenprodukt dieser städtebaulichen Neuerfindung ist ein verarmter Straßenraum, reduziert auf seine Transitfunktion. Das einzigartige Straßenleben und die reiche Straßenkultur der Lilong schwinden.Die jüngsten städtebaulichen Erneuerungen Shanghais und ihre Auswirkungen auf den Straßenraum wurden bereits in einigen Studien aufgegriffen. Kaum thematisiert werden die betroffenen Bewohner*innen, ihr Bezug zum Straßenraum und ihre Nutzung dessen. Daher wurde im Juni 2018 die vorliegende Fallstudie im innerstädtischen Bezirk Hongkou, Shanghai, durchgeführt, welche die jeweiligen Freiräume zweier Wohntypologien, Lilong und Gated Community, vergleicht. Grundlage dieser Studie bilden eine theoretische Abhandlung der allgemeinen Charakteristika der zwei Wohntypologien sowie eine Analyse der chinesischen Konzeption von öffentlichem Raum. Da kollektiv zugängliche Räume nicht nur eine wesentliche Raumkategorie in der chinesischen Kultur darstellen, sondern auch direkte Auswirkungen auf die Nutzung von öffentlichem Raum haben, wurde der kollektiv zugängliche Freiraum innerhalb der Gated Community ebenfalls in die Studie miteinbezogen. Die angewandten Methoden sind 1) eine Beobachtung der Fußgänger*innen und 2) eine Befragung der Anwohner*innen mittels quantitativem Fragebogen. Der Fokus der Beobachtung lag auf den unterschiedlichen Arten des Aufenthalts im öffentlichen Raum; der Fragebogen adressierte die Nutzung und den Bezug der Anwohner*innen zum jeweiligen Freiraum. Der Beobachtungszeitraum beläuft sich auf gesamt 650 Minuten, die Stichprobengröße des Fragebogens beträgt n=168 (Lilong n=52. Gated Community n=116).Die Straßen des Lilongs zeichnen sich durch eine größere Nutzer*innendiversität, -dichte und eine größere Varianz an Nutzungsarten aus. Die Bewohner*innen des Lilong verfügen über eine stärkere Ortsbindung an die Straße, die sich in einem signifikant stärkeren Zugehörigkeitsgefühl äußert. Bei den Bewohner*innen der Gated Community ist eine Abkehr vom öffentlichen Straßenraum bemerkbar; bevorzugt wird der exklusive, nur kollektiv zugängliche Freiraum innerhalb der Wohnanlage. Gleichzeitig weisen die Bewohner*innen der Gated Community eine signifikant höhere Zufriedenheit mit allen im Fragebogen thematisierten Aspekten ihres Wohnumfelds auf.Die Fallstudie bestätigt einen je nach Wohnform unterschiedlichen Bezug zum Freiraum. Lilong-Bewohner*innen zeichnen sich durch eine intensivere Nutzung und stärkere Bindung an die unmittelbar zugänglichen Straßenräume aus – welche sich in der eingangs beschriebenen Lebendigkeit der Straßenräume spiegelt. Im Gegensatz zur Vergleichsgruppe sind Lilong-Bewohner*innen signifikant weniger zufrieden mit allen Aspekten ihres direkten Wohnumfelds, was auf eine grundsätzliche Unzufriedenheit mit der inadäquaten Wohnsituation schließen lässt. Die rasante Stadterneuerung Shanghais droht, eine ihrer imageprägendsten Wohntypologien – die Lilong-Häuser – zu verdrängen. Die Herausforderung besteht darin, die Erneuerung der Lilongs so zu vollziehen, dass der traditionelle, an die Straße geknüpfte Lebensstil erhalten bleibt und die Straße ihren Platz als sozialer Ort im Zentrum der Gemeinschaft beibehalten kann. Zudem ist eine Integration des öffentlichen Straßenraums in die Baublöcke der Gated Community diskussionsreif.
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Shanghai’s traditional alleyway neighbourhoods are intriguing places of vivid street life that bustle with people and activities. Ever since the 1990s, the city has undergone a major process of restructuring to become a modern metropolis, a global centre. Consequently, lilongs that are symbolic of the old Shanghai and its deprivations have been replaced with gated communities on a vast scale and pace. As a side effect, this has led to an impoverishment of the street space, that has been reduced to transit, and the loss of the unique lilong lifestyle and culture.Some studies have stressed the impact of the urban renewal on the street space in Shanghai, but little research has been conducted on the residents’ relation to the street and their particular utilisation of it. Thus, an on-site analysis in the inner-city district Hongkou was conducted in June 2018, comparing the open spaces of the two residential typologies lilong and gated community. This case study is based on a theoretical comparison of the two typologies and on an analysis of the Chinese concept of public space. Since collective accessible spaces are not only an essential spatial category in Chinese culture but also effect the use of the adjacent public streets, the open space within the gated community was included in the study. The applied methods are 1) a pedestrian observation and 2) a questionnaire survey. The observation focused on the sojourn activities of pedestrians; the questionnaire gathered information about the use of and relation to open spaces of local residents. The observation comprised 650 minutes of observation time in total, the sample size of the questionnaire is n=168 (lilong n=52; gated community n=116).The lilong streets are characterised by a greater diversity, intensity, and variety of street usage. Lilong residents reveal a greater place-attachment exemplified by a significantly higher sense of belonging. Gated community residents, on the other hand, increasingly retreat from public streets and prefer the exclusive open space within their compound. Nevertheless, they are significantly more satisfied with the sense of community in their living environment.The case study illustrates that lilong residents utilise the street more intensively and have a stronger bond to their adjacent street spaces, which contributes to the perceived liveliness. At the same time, lilong residents are significantly less satisfied with aspects of their direct living environment. Overall, this indicates a high level of dissatisfaction with the inadequate housing standards of the lilong. The vast redevelopment of Shanghai might cause one of its most authentic residential typologies to vanish. However, lilongs possess the potential to be a distinctive asset of Shanghai. The challenge will be to modernise the lilong without eradicating the alleyway lifestyle and the accompanying use value and social value of the street. Simultaneously an integration of the open street in the gated community housing blocks is worth discussing.