Wälder sind für uns von grossem ökonomischem und ökologischem Nutzen. Wälder liefern einerseits Holzressourcen, anderseits erbringen sie eine Vielzahl an lebensnotwendigen Ökosystemdienstleistungen. Um die Funktionsfähigkeit der Waldökosysteme zu gewährleisten und um sicherzustellen, dass Wälder weiterhin diese Ökosystemdienstleistungen bieten, sind regelmässige Erhebungen über den Zustand des Waldes wichtig. Dies schliesst auch Abschätzungen des Holzvorrates mit ein. Diese Informationen werden in Waldinventuren (FI, von engl. forest inventories) erhoben. FIs ermöglichen die Optimierung der Waldbewirtschaftung und entstammen ursprünglich ökonomischen Erfordernissen. Die Information, welche in FIs bereit gestellt wird, liefert aber genauso die Grundlage für die Überwachung des Zustandes und der Gesundheit der Wälder und zeigt deren Veränderungen. FIs werden klassischerweise durch Messungen im Feld erhoben. Diese Messungen schliessen eine Vielzahl an Waldparametern mit ein, die innerhalb einer Parzelle erfasst werden. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von flugzeuggestützten Laserscanning-Systemen (ALS, von engl. airborne laser scanning) können solche lokal erhobenen Inventuren in einfacher, zuverlässiger und reproduzierbarer Weise auf grössere Flächen hochskaliert werden.Die derzeitigen Ansätze zur Erhebung und Hochskalierung von FIs weisen allerdings eine Reihe von Defiziten auf. Erstens basieren FIs auf Messungen im Feld. Solche Messungen sind arbeitsaufwändig und zudem teilweise subjektiv, z.B. die Abschätzung des Kronenschlussgrades. Zweitens werden FI-Parameter, beispielsweise der Holzvorrat, grossflächig über allometrische Funktionen geschätzt. Diese allometrischen Funktionen werden aus den Felderhebungen abgeleitet und dann auf ALS- oder andere Fernerkundungsdaten angewendet. Allerdings geben die allometrischen Funktionen nicht notwendigerweise die gebietsspezifischen Charakteristiken wieder, was zu Fehlern in den geschätzten Parametern führt. Die Erhebung lokal angepasster allometrischer Funktionen mittels Felderhebungen hingegen ist aufwändig und teuer, weshalb oft keine entsprechenden Funktionen existieren. Drittens werden die Waldbestände, auf welche die allometrischen Funktionen angewendet werden, manuell auf der Basis von Orthophotos abgegrenzt. Die Abgrenzung von Waldbeständen ist jedoch eine komplexe Aufgabe, was dazu führt, dass die resultierenden Bestände nicht notwendigerweise homogene Einheiten darstellen. Die verfügbaren Bestandesgrenzen basieren zudem oft auf historischen Waldbewirtschaftungseinheiten, welche sich über die Zeit verändert haben können. Das Ziel dieser Thesis ist es nun, zu untersuchen, wie die heutigen Ansätze zur Erhebung von FIs durch die Integration der unterschiedlichen Laserscanning-Systeme, die uns heute zur Verfügung stehen, verbessert werden könnten. Die Miniaturisierung der Laserscanning-Sensoren und der Positionssysteme erlaubt es, diese Systeme von leichten, unbemannten Drohnen (UAV-gestütztes Laserscanning, ULS) oder vom Boden aus (terrestrisches Laserscanning, TLS) einzusetzen. Allerdings besteht eine Lücke zwischen ALS und solchen Nahbereichs-Systemen. Erstens liefern die verschiedenen Systeme sehr unterschiedliche Punktwolken-Qualitäten in Bezug auf die Auflösung der Punktwolke. Zweitens unterscheiden sich die Blickrichtung und die Aufnahmegeometrie der Systeme fundamental, insbesondere zwischen TLS, womit die Kronenschicht von unten betrachtet wird, und ALS-Systemen, welche die bodennahen Waldbereiche kaum zu erfassen vermögen. FIs könnten nun durch die Kombination der unterschiedlichen Laserscanning-Systeme verbessert werden. Nahbereichs-Systeme mit ihrem hohen Detaillierungsgrad erlauben die schnelle, genaue und kosteneffiziente Erhebung von Feldreferenzdaten, aus welchen gebietsspezifische Allometrien abgeleitet werden können. Diese verbesserten Allometrien können anschliessend auf ALS-Daten angewendet werden, welche eine tiefere Punktdichte aufweisen, jedoch grosse Gebiete abdecken.Eine derartige Kombination der unterschiedlichen Systeme ermöglicht den Skalenübergang von der Parzelle auf ganze Landschaften. Die lokal sehr detaillierte Information auf Einzelbaumebene lässt sich damit auf weite Fläche übertragen, was die landschaftsweite Abschätzung von FI-Parametern ermöglicht. Allerdings gibt es offene Fragen für die Umsetzung eines solchen Vorgehens, welche in dieser Thesis behandelt werden. In einer ersten Studie wird untersucht, welche Punktwolken-Qualitäten erforderlich sind, um eine Waldszene möglichst vollständig und genau aus ULS- Daten rekonstruieren zu können. Die Resultate zeigen, dass die Punktdichte wichtig ist für die Detektion der Stämme, während die Genauigkeit, mit der die Stämme anschliessend rekonstruiert werden können, hauptsächlich von der Genauigkeit des Sensors abhängt. Eine zweite Studie untersucht die Unterschiede, wie ALS- und ULS-Systeme die Waldstruktur erfassen. Es zeigt sich, dass ULS-Systeme die Waldstruktur vollständiger zu erfassen vermögen. In Kombination mit ihrem hohen Detaillierungsgrad erlauben es diese Systeme deshalb, Einzelbaumkomponenten direkt innerhalb der Punktwolken zu messen, dies zusätzlich zur Berechnung klassischer ALS-Metriken. Anderseits unterscheiden sich die Strukturmetriken, wie sie aus ALS- und ULS-Daten abgeleitet werden, teilweise. Wie gross die Unterschiede sind, hängt davon ab, wie die Information aus der Punktwolke in die Berechnung der Metriken einfliesst. In einer dritten Studie wird ein Ansatz vorgestellt, um homogene Waldbereiche mit ähnlicher Waldstruktur innerhalb von ALS-Punktwolken abzugrenen. Diese homogenen Waldbereiche könnten genutzt werden, um lokal gemessene FI-Parameter aus Nahbereichs-Laserscannern auf grössere Flächen hochzuskalieren, indem lokal angepasste statistische Modelle auf Punktwolke-Metriken angewendet würden, welche aus ALS-Daten berechnet wurden. Eine vierte Studie behandelt den zeitlichen Aspekt der Inventuren und untersucht das Potential, die Waldstrukturinformation, wie sie aus ALS-Daten abgeleitet wurde, mittels Sentinel-1 C-Band-Zeitserien zu aktualisieren. Die grundlegende Waldstruktur, das heisst die Höhe und die Dichte des Bestandes, können aus diesen Zeitserien wiedergegeben werden. Sentinel-1 ermöglicht es somit, zeitlichen Lücken zwischen ALS-Erhebungen zu schliessen.Die Erkenntnisse aus den vier Studien tragen dazu bei, den Informationsgehalt jedes Systems optimal zu nutzen. Die Integration der Sensorsysteme in den Skalenüber- gang ermöglicht es damit, die Erhebung von FIs zu verbessern. Eine solche Vorge hensweise erlaubt es, räumliche Waldinformation über grosse Gebiete hinweg verlässlich, schnell und kostengünstig zu erfassen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten, um Fernerkundungsdaten in die operationelle Waldbewirtschaftung zu integrieren, beispielsweise für die Wahl von Baumarten, für Beschattungsstudien oder zur Modellierung von Waldbränden, der Sonneneinstrahlung oder des Wasserhaushalts. Schliesslich wird es uns die Integration der Daten aus den unterschiedlichen Systemen erlauben, den Zustand und die Entwicklung der Wälder besser überwachen zu können.