Kalhorn, A. F. (2023). Verhaltensökonomische Ansätze in der Stadtentwicklung: Möglichkeiten und Grenzen von Green Nudging [Diploma Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2023.107741
In den letzten Jahren hat die Auseinandersetzung von Nudging als politisches Instrument zugenommen, was sich unter anderem in der stetigen Zunahme von sogenannten Nudging-Einheiten in den europäischen Ländern zeigt. Nudging kann als eine vorhersehbare Veränderung des Verhaltens von Menschen durch die richtige Entscheidungsarchitektur und ohne Verbot von Optionen oder deren wirtschaftlichen Anreizen beschrieben werden. Das wachsende Interesse an Nudging als politisches Instrument spiegelt sich in verschiedenen Faktoren wider. Ein prominentes Beispiel ist das "Competence Centre on Behavioural Insights" der Europäischen Union, das sich mit der Integration verhaltenswissenschaftlicher Erkenntnisse in EU-Strategien beschäftigt und ein breites Feld von Politikbereichen wie Finanzen, Steuern oder Gesundheit abdeckt. Die ursprüngliche Definition des Einsatzes von Nudges, nämlich für "Gesundheit, Wohlstand und Glück", wurde zuweilen um "grün" erweitert und somit auch zu einem beliebten Forschungsgebiet in der Umweltpolitik. Nudges wurden somit zu einem Instrument, um die Bürger:innen zu einem nachhaltigeren Verhalten zu bewegen. Angesichts des Bedarfs an schnellen und wirksamen Maßnahmen gegen den Klimawandel scheinen diese grünen Nudges einfache und vor allem kostengünstige Lösungen für politische Entscheidungsträger:innen zu sein. Doch auch wenn das Konzept an sich ein potenziell vielversprechendes Instrument zur Einsparung von Wasser und Energie oder zur Reduzierung des privaten Autoverkehrs beschreibt, weisen Wissenschaftler:innen darauf hin, dass die vermeintlich positiven Effekte für die Betroffenen ausbleiben, wenn Nudges über Freiwilligkeit, Einfachheit oder Transparenz hinausgehen. Angesichts der Neoliberalisierung vieler städtischer Politiken und des Ungleichgewichts der Machtverhältnisse in den Städten (Friedmann 1999) sollte man daher die zunehmende Integration von Nudging in die städtische Politik in Bezug auf die tatsächliche Infrastrukturversorgung der Städte mit Vorsicht betrachten. Die Abwendung von staatlicher hin zu einer individuellen Verantwortung hat nicht zuletzt während der Covid-19-Pandemie gezeigt, dass Eigenverantwortung allein nicht ausreichend ist, um Krisen abzufedern. Es bleibt also abzuwarten (und zu erforschen), inwieweit der staatliche Einsatz dieses verhaltensökonomischen Instruments (un-)gerechtfertigt sein könnte, insbesondere in Anbetracht möglicher oder fehlender Wohlfahrtseffekte. Ziel dieser Arbeit ist es, durch eine systematische Untersuchung von Forschungsergebnissen zu „Green Nudges“ in den Bereichen Energie und Mobilität einen umfassenden Überblick über die Möglichkeiten und Grenzen von Nudging in der Stadtentwicklung zu erhalten. Diese Ergebnisse werden in verschiedenen nationalen Kontexten in Europa analysiert und der Einsatz dieses Instruments in Österreich diskutiert. Abschließend wird der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten und Anwendungsbereiche sich aus der vorliegenden Analyse für Österreich ergeben.
de
In the last years there has been an increasing preoccupation with Nudging as a policy tool as reflected in the steady rise of so-called Nudging units across European countries. Nudging can be described as changing people’s behaviour in a predictable way through the right choice architecture and without prohibiting options or their economic incentives. The growing interest in nudging as a policy tool is reflected in various factors. One prominent example is the "Competence Centre on Behavioural Insights" of the European Union, which deals with the integration of behavioural insights into EU strategies and covers a broad field of policy areas such as Finance, Taxes or Health. The original definition of the use of nudges, namely for "health, wealth and happiness" (ibid), has recently been expanded to include "green" and became a popular research field in environmental policies. Nudges therefore became a tool to induce a more sustainable behaviour among citizens. Given the need for fast and effective measures against climate change, Green Nudges seem to be simple but above all low-cost solutions for policy makers. But even if the concept itself describes a potentially promising instrument to save water and energy or to reduce private car use, scholars point out that the supposedly positive effects for those concerned fail to materialise when Nudges go beyond voluntariness, simplicity or transparency. Given the neoliberalization of many urban policies and the imbalance of power relations in cities one should, hence, be prudent when looking closer at the increasing integration of nudging in urban politics in relation to the cities actual infrastructure provision. The shift from state to individual responsibility has shown, not least during the Covid 19 pandemic, that individual responsibility alone is not enough to mitigate crises. It remains to be seen (and researched) to what extent governmental use of this behavioural economic instrument might be (un)justified, especially in consideration of possible or missing welfare effects. The aim of this work is to obtain a comprehensive overview of the opportunities and limits of nudging in urban strategies through a systematic examination of research results on Green Nudges in areas relevant to spatial planning and urban policies. These results will be analysed in different national contexts in Europe and the use of this instrument in Austria will be discussed. Finally, the question of which possibilities and areas of application for Austria emerge from the present analysis will be addressed.
en
Additional information:
Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers