Frick, C. M. (2023). Wohnungseigentumsbegründung im Altbau - Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Erwerberschutz nach § 37 Abs 4 WEG 2002 [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2023.111620
In der vorliegenden Arbeit wird die Bestimmung des § 37 Abs 4 WEG 2002 detailliert untersucht. Diese in der Praxis sehr relevante, aber oftmals ,verkannte' bzw unbekannte Norm, sieht einen besonderen gewährleistungsrechtlichen Schutzmechanismus vor, der den Erwerber eines Wohnungseigentumsobjektes im ‚Altbau‘ vor unerwarteten Belastungen, die in Unkenntnis eines allenfalls mangelhaften Bau- und Erhaltungszustandes des Gebäudes aus der allgemeinen Kostentragungspflicht entstehen können, bewahren soll. Wohnungseigentumsorganisatoren, wie etwa Entwickler von ,klassischen Zinshäusern‘, haben bei der Begründung und beim Abverkauf von Wohnungseigentumsobjekten in Gebäuden, deren Baubewilligung älter als 20 Jahre ist, dem Erwerber ein Gutachten über den Bauzustand der allgemeinen Teile des Hauses, insb über in absehbarer Zeit notwendig werdende Erhaltungsarbeiten, zu übergeben und dieses in den Kaufvertrag miteinzubeziehen. Mit Einbeziehung in den Kaufvertrag gilt der im Gutachten beschriebene Zustand als bedungene Eigenschaft und Haftungsmaßstab. Wird ein solches Gutachten nicht in den Kaufvertrag miteinbezogen, nicht erstellt, oder erfüllt dieses nicht die gesetzlichen Anforderungen, so gilt demgegenüber ein Erhaltungszustand des Gebäudes als vereinbart, der in den nächsten zehn Jahren keine größeren Erhaltungsarbeiten erfordert. Die Rsp hat den Anwendungsbereich der Norm auch für den Fall des sukzessiven Abverkaufs von Wohnungseigentumsobjekten durch jene Person(en), die seinerzeit die Wohnungseigentumsbegründung veranlasst hat bzw haben, ausgedehnt. Die Bestimmung gelangt demnach auch dann zur Anwendung, solange noch eine ‚Erstverwertung‘ durch den (ehemaligen) Wohnungseigentumsorganisator erfolgt, selbst wenn die Wohnungseigentumsbegründung bereits viele Jahre oder gar Jahrzehnte zurückliegt. Die Norm bietet ein beträchtliches Haftungspotenzial für Wohnungseigentumsorganisatoren. Die Haftung des Wohnungseigentumsorganisators ist nicht ausschließlich auf Gewährleistungsansprüche beschränkt, stattdessen kann es darüber hinaus va zu schadenersatzrechtlichen und/oder irrtumsrechtlichen Ansprüchen seitens des Wohnungseigentumsbewerbers kommen. Aber auch Gutachter, die ein unrichtiges bzw fehlerhaftes Gutachten attestiert haben, und Vertragsverfasser, wie etwa Rechtsanwälte oder Notare, kommen als mögliche Haftungsadressaten des Wohnungseigentumsbewerbers in Frage.
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Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers