Urban Living Labs als Motoren von Lern- und Innovationsprozessen in der Smart City : zwei Fallbeispiele in Wien und Graz

Abstract

Die mannigfachen Herausforderungen in städtischen Kontexten liegen u. a. im Bereich des Klimawandels und der Schaffung von guten Lebensbedingungen für die Bevölkerung vor dem Hintergrund technologischer Veränderungen. Zunehmend wird die Konzeption einer von Innovationen getragenen ‚Smart City‘ als Strategie für die Lösungsentwicklung von morgen verstanden. Nachhaltigkeit und die Ausrichtung von Maßnahmen an langfristigen strategischen Zielen spielen dabei entscheidende Rollen. In Städten, wo sich Probleme und Interessenvielfalt besonders räumlich konzentriert niederschlagen, finden zunehmend ‚Urban Living Labs‘ als potenzieller Innovationsansatz Anwendung. Die oft von kommunaler Seite ins Leben gerufenen Projekte bzw. Initiativen sollen die Bedürfnisse und Standpunkte der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche bündeln und in einer experimentellen Atmosphäre Lösungen mit Mehrwert für alle Teilnehmer:innen hervorbringen.Da die Bedeutung der Begrifflichkeiten genauerer Klärung bedarf, wird zunächst eine umfassende Literaturrecherche zu Themen wie ‚Smart City‘, ‚Innovation‘ und ihren zahlreichen Schattierungen sowie ‚Urban Living Labs‘ und den dafür relevanten wissenschaftlichen Konzepten durchgeführt. Mittels dieser wird der in früheren Beiträgen formulierte weitere Forschungsbedarf eruiert. Dies dient als Basis für die Entwicklung einer empirischen Forschungsfrage, im Rahmen welcher die Funktion von Urban Living Labs als Innovationsökosysteme und die Bedeutung von deren Aufbau und Arbeitsweise als Motor für Lern- und Innovationsprozesse sowie das Entstehen neuer städtischer Lösungen untersucht werden.Als städtische Kontexte dienen Wien und Graz, die beide Smart-City-Strategien verfolgen und in denen jeweils ein Fallbeispiel genauer betrachtet wird. In Graz entsteht der neue Stadtteil My Smart City Graz, innerhalb dessen das Stadtteilmanagement vor.Ort nach Living-Lab-Prinzipien arbeitet. In Wien wird die Stadterneuerungsinitiative Smarter Together untersucht. Zu beiden Fallbeispielen werden Interviews mit Expert:innen aus dem kommunalen Bereich sowie dem unmittelbaren Umfeld des Urban Living Labs geführt. Die Interviews werden mittels eines von verschiedenen theoretischen Beiträgen abgeleiteten Modells, welches u. a. Aspekte der Beteiligung und Ko-Kreation enthält, ausgewertet.Es zeigt sich, dass die untersuchten Fälle in erster Linie in weitere Projekte münden sowie zahlreiche Lerneffekte innerhalb der städtischen Verwaltungen herbeiführen. Inwieweit sie einen Wandel der Strukturen selbst anstoßen, bleibt indes abzuwarten. Sie fungieren vielmehr als kommunale Versuche einer Ausrichtung der Notwendigkeiten der Stadtentwicklung an den Bedürfnissen der Bevölkerung und des Ausgleichs zwischen ökonomischen Interessen und sozialen Aspekten. Urban Living Labs treten als dynamische Systeme in Erscheinung, deren Grenzen angesichts ihrer großen Akteur:innenvielfalt verschwimmen. Die weitere Entwicklung und Anwendung dieses Innovationsansatzes wird von dessen langfristigem Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen auf Systemebene abhängen.

In light of the many challenges in urban contexts, including climate change and the creation of good living conditions against a backdrop of technological transformations, the concept of a ‘smart city’ supported by innovations serves as a strategy for developing solutions. In cities, where problems and the diversity of interests manifest themselves in a spatially concentrated way, Urban Living Labs increasingly function as an approach to innovation. Sustainability and the alignment of measures with long-term strategic goals are an essential part of this. The purpose of these mostly municipally initiated projects is to bring together the needs and the viewpoints of the different societal sectors in an experimental atmosphere and create valuable solutions for all participants.As the exact meaning of the terms used requires clarification, the first step is to conduct extensive literature research into topics like the smart city, innovation (with its numerous shades of meaning), and the scientific concepts behind urban living labs. Need for further research formulated in previous works serves as the basis for developing an empirical research question. This question deals with the function of urban living labs as innovation ecosystems and the meaning of their makeup and mode of operation as initiators of learning and innovation processes and new urban solutions.Vienna and Graz, which both pursue smart city strategies, serve as the urban research contexts of this study, which examines one urban living lab case in each of the cities. In Graz, a new urban neighborhood, My Smart City Graz, is being developed. Within this project, the work of the Staddteilmanagement vor.Ort follows living lab principles. In Vienna, the study deals with the urban regeneration initiative Smarter Together. In both cases, the approach is to interview experts from the municipality and the immediate environment of the urban living lab. The interviews are evaluated using a model which includes aspects of co-creation and participation and is derived from various theoretical contributions.The results show that the examined cases primarily lead to additional projects and learning effects within municipal administrations. To what extent they will bring about changes to the structures themselves remains to be seen. Rather, they function as municipal attempts at aligning the necessities of urban development with people’s needs and balancing economic interests with social aspects. Urban living labs manifest themselves as dynamic systems whose boundaries blur given the diversity of the involved actors. The future development and application of this approach will depend on its long-term contribution to overcoming system-level challenges.