Berry, R. <el>. (2006). Selbstausrichtende Prozesse - Elemente der Künstlichen Intelligenz im Geschäftsprozessmanagement [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. http://hdl.handle.net/20.500.12708/179588
Organisatorisches Lernen wird als unabdingbar für ein erfolgreiches Bestehen von Unternehmen in einer sich immer schneller verändernden ökonomischen Umwelt und einem stetig ansteigenden globalen Wettbewerb angesehen. Als besonders geeignet hierfür hat sich dabei in den letzten Jahrzehnten die Fokussierung auf eine prozessgetriebene Sicht des Unternehmens herausgestellt. Dabei wird dieses nicht aus dem Blickwinkel seiner Organisationshierarchie heraus betrachtet und gelenkt, sondern mit Bedacht auf den von diesem zu erbringenden Leistungen und Kernkompetenzen. Das Gebiet des Geschäftsprozessmanagements (GPM) befasst sich nun mit der ganzheitlichen Steuerung von Unternehmensprozessen im größeren, betrieblichen Kontext. Typischerweise ist das Betätigungsfeld des GPM in gut entwickelten Organisationen sehr umfassend und steckt von der Erstellung bis hin zur Ausführung und Kontrolle aller im Unternehmen ablaufenden Prozesse, den gesamten thematischen Bereich ab. Da mit der Einführung neuer und der Weiterentwicklung bestehender Geschäftsprozesse auch die mittel- und langfristige strategische Ausrichtung eines Unternehmens zu großen Teilen festgelegt wird, nimmt das GPM eine zentrale Stellung unter den Werkzeugen zur Realisierung eines organisatorischen Lernens ein. Diese Arbeit befasst sich mit den Formen des Einsatzes von Elementen der Künstlichen Intelligenz im GPM mit dem Ziel der Unterstützung einer Weiterentwicklung der Organisation auf dem Wege der Adaptierung bestehender und Einführung neuer Prozessentwürfe. Dabei wird zunächst ausgehend von einem Grundkonsens an Sprachelementen der vielen Prozessbeschreibungssprachen zugrunde liegt, eine allgemein gehaltene, formale Prozessgrammatik abgesteckt, welche sich an der fachlich - betriebswirtschaftlichen Problemstellung orientiert und durch die gesamte Arbeit zur Beschreibung der entwickelten Konzepte herangezogen wird. Darauf aufbauend werden die typischen intuitiven Bewertungsstrategien, die bei der Betrachtung von Geschäftsprozessen an den Tag treten, in Form einer Prozessmetrik abgebildet, sodass gemeinsam mit der eingeführten Prozessgrammatik eine formale Basis zur Anwendung weitergehender Techniken gelegt ist. Bei der Unterstützung des GPM werden im Rahmen dieser Arbeit zwei Stufen unterschieden: Einerseits kann auf Basis von bereits bestehenden Prozesselementen unter Vorgabe einer gewünschten Ausgangsleistung versucht werden, einen neuen Entwurf hervorzubringen. Anderseits ist es möglich die strikte Wiederverwendung von bestehenden Elementen aufzulockern und Vorschläge zur Adaption von bestehenden Abläufen sowie Organisationsstrukturen zuzulassen. Daher werden zunächst einfache Strategien zur Lösung des Problems der ersten Stufe untersucht, um schließlich in einer Rückführung auf ein KI - Planungsproblem zu münden, das mit klassischen (partiell ordnenden) Planern gelöst werden kann. In einem zweiten Schritt wird die Einbeziehung eines Genetischen Algorithmus demonstriert, der das einfache Rekombinationsproblem der ersten Stufe ebenso zu lösen im Stande ist, wie auch die tiefergehende Integration in die Problemdomäne im Sinne der zweiten Stufe. Dieser Ansatz birgt das Potential bestehende Prozesselemente so zu manipulieren, dass im Kontext einer Prozessmetrik vor einem Prozessverzeichnis Entwürfe mit Änderungsvorschlägen an der bestehenden betrieblichen Struktur entstehen können, welche die Input- und Outputanforderungen des Modellierers im Stande sind, bestmöglich zu erfüllen. Der Genetische Algorithmus arbeitet dabei mit einer Codierung, welche es erlaubt den Lösungsraum durch Austausch von Pfaden im Kontrollfluss sowie Mutationen auf einzelnen Aktivitäten zu erkunden. Zur Demonstration aller dargelegten Konzepte und Lösungsstrategien wird ein übersichtliches Beispiel herangezogen, das durch die Arbeit hindurch wieder verwendet wird um die einzelnen Aspekte herauszuarbeiten. Den Abschluss bilden eine genauere Darlegung der Anwendungsszenarien von derartigen, sich selbstausrichtenden Prozessen und eine Einordnung in den größeren ökonomischen Kontext der betrieblichen Realität. Von anderen Arbeiten unterscheidet den vorliegenden Ansatz neben der innovativen Überführung von Techniken der Künstlichen Intelligenz auf ein neues Anwendungsfeld im Rahmen des erweiterten Rekombinationsproblems, der formale Anspruch bei der Abbildung der betriebswirtschaftlichen Problemdomäne ohne diese dabei soweit einzuschränken, dass sie von den zum Einsatz kommenden Lösungsverfahren vereinnahmt oder in einer unberechtigterweise Weise vereinfacht wird.