Schwaiger, W. (2023). Kreditausfälle in der Covid-19-Pandemie: Ontogenes und Entwicklung der “Covid-19-Blase.” In Resilienz und ganzheitliches Krisenmanagement. Jahrbuch Risikomanagement 2022/23 (Vol. 8, pp. 53–64). Erich Schmidt Verlag. https://doi.org/10.37307/b.978-3-503-21207-1.04
E330-04 - Forschungsbereich Finanzwirtschaft und Controlling
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Erschienen in:
Resilienz und ganzheitliches Krisenmanagement. Jahrbuch Risikomanagement 2022/23
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ISBN:
978-3-503-21207-1
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Datum (veröffentlicht):
Feb-2023
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Umfang:
12
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Verlag:
Erich Schmidt Verlag, Berlin
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Keywords:
Kreditausfälle; Covid-19-Pandemie; Ausfallsraten
de
Abstract:
Durch außerordentliche Stützungsmaßnahmen in der Covid-19-Pandemie wurde nicht nur eine „Pleitewelle“ an Unternehmensausfällen verhindert, sondern die in Prozent gemessene Rate an Ausfällen wurde sogar auf Tiefstwerte gesenkt. In diesem Artikel wird eine ökonometrische Mess-methode präsentiert, um die Ausfallraten ohne Stützungsmaßnahmen ökonomisch rational zu quantifizieren. Die Differenz dieser derart prognostizierten Ausfallrate zur beobachteten Ausfallra-te mit Stützungen ist die Covid-19-Blase. Sie stellt ein Potential dar, welches die Höhe der durch die Stützungsmaßnahmen bewirkten Verzerrung der beobachteten Rate misst, und ihre zeitliche Be-obachtung offenbart, wie sich dieses Potential entwickelt, d.h. auf- sowie abbaut bzw. platzt.
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Weitere Information:
Angenommen, Ihre Risikomanager-Tätigkeit umfasst auch die Messung und Steuerung des Ausfall-risikos von Krediten, welche Ihr Unternehmen an Ihre Kunden als Kundenkredite vergeben hat. Zu diesem Zweck verwenden Sie ein einfaches Risikomanagementsystem, wobei das Ausfallrisiko der Kundenkredite statistisch messen, u.z. über die Ausfallrate, wobei die Anzahl der jährlich ausgefal-lenen Unternehmen zur Gesamtheit aller kreditnehmenden Kunden in Beziehung gesetzt wird. In den beiden letzten Jahren haben Sie einen starken Rückgang der Ausfallrate festgestellt. Dies er-scheint paradox, zumal doch die Covid-19-Pandemie und all die damit verbundenen Einschränkun-gen sich sehr negativ auf die konjunkturelle Wirtschaftslage ausgewirkt hat. Der Grund ist aber rasch ausfindig gemacht. In den Covid-19-Krisenjahren wurden von öffentlicher Seite außerordent-liche Stützungsmaßnahmen gesetzt, welche Wirkung zeigten und auch die Ausfallraten stark sinken ließen.
Zumal die Stützungsmaßnahmen zeitlich befristet sind, möchte die Geschäftsführung von Ihnen wissen
1) wie hoch die Ausfallrate in den beiden Covid-19-Krisenjahren 2020 und 2021 gewesen wäre und
2) wie hoch die Ausfallrate für das Jahr 2022 anzusetzen ist, wenn jeweils davon ausgegangen wird, dass es keine Stützungsmaßnahmen gibt.
Der zentrale Beitrag des vorliegenden Artikels besteht darin, Ihnen für die adäquate Lösung dieses Messproblems Hilfestellung zu geben. Zu diesem Zweck wird eine ökonometrische Messmethode präsentiert, wobei 1) der Zusammenhang zwischen Ausfallrate und konjunktureller Wirtschaftslage unter expliziter Einbeziehung potentieller Krisen mit Hilfe eines Referenzmodells ermittelt wird und 2) das statistisch kalibrierte Referenzmodell verwendet wird, um mittels Ex-Post-Prognose die ge-suchten Ausfallraten ohne Stützungsmaßnahmen zu bestimmen. Diese ökonometrische Messme-thode wurde in der Statistical Default Study von Creditreform Österreich (2022) angewandt, um die beiden Fragestellungen für die gesamte österreichische Wirtschaft zu beantworten. Im vorliegen-den Beitrag wird das in der Creditreform-Studie verwendete Zahlenmaterial – inklusive Abbildungen – verwendet, um die ökonometrische Messmethode in einem praktischen Kontext zu veranschaulichen.
Dieser Artikel ist wie folgt strukturiert: Nachfolgend werden die Grundüberlegungen der ökono-metrischen Messmethode vorgestellt. Anschließend werden die Konstruktion, Kalibrierung und Validierung des dabei verwendete Regressionsmodells erörtert. Dann wird das Regressionsmodell in einer Ex-post-Prognose verwendet, um die mit dem Regressionsmodell prognostizierten Ausfall-raten ohne Stützungsmaßnahmen zu bestimmen. Die Differenz der prognostizierten Ausfallrate ohne Stützungen zur beobachteten Ausfallrate mit Stützungen wird als Covid-19-Blase bezeichnet. Sie gibt Einblicke in die durch die Stützungsmaßnahmen bewirkten Verzerrung der beobachteten Raten gegenüber den bei ökonomisch rationalen Erwartungen prognostizierten Ausfallraten. Abge-schlossen wird der Artikel mit einer Konklusion und einem Ausblick.