dc.description.abstract
Die Radon-222-Aktivitätskonzentration in Innenräumen (Indoor Radon Concentration, IRC) ist stark vom Lüftungsgeschehen abhängig, aber auch vom geologischen Untergrund, der Bodenbeschaffenheit und dem Gebäudezustand [1]. Außerdem weisen zahlreiche internationale Studien darauf hin, dass sich die IRC aufgrund äußerer Umwelteinflüsse wie Außentemperatur oder Luftdruck verändern kann. So haben Gebäude in Bezug auf die IRC auch tageszeitliches, saisonales und jahreszeitliche Verhalten [2]. Die Erhebung der mittleren jährlichen IRC erfordert im Allgemeinen eine Langzeitmessung über mehrere Jahre [3]. Aufgrund der möglichen gesundheitlichen Risiken durch Radon ist eine raschere Ermittlung der mittleren Radon-222-Aktivitätskonzentration in Innenräumen erstrebenswert. Diese Diplomarbeit ist Teil einer Radon-Studie, deren Ziel es ist, ein Verfahren zu entwickeln, den Jahresmittelwert der Radon-222-Aktivitätskonzentration in Innenräumen anhand von Kurzzeitmessungen in Grenzen abschätzen zu können. Das Ziel dieser Diplomarbeit ist es, Auskunft darüber zu geben, unter welchen Voraussetzungen die Anwendung von Kurzzeitmessungen mit aktiven Radonmessgeräten zur Abschätzung der mittleren jährlichen IRC in Privathaushalten herangezogen werden kann. Es wurde untersucht, welche Parameter die IRC am stärksten beeinflussen, beziehungsweise welche Faktoren für zeitliche Veränderungen der IRC berücksichtigt werden müssen. Im Zuge dieser Arbeit wurde die IRC in Wohn- und Schlafräumen 24 österreichischer Privathaushalte untersucht. Zur Eruierung der zeitlichen Veränderungen der IRC wurden in allen Haushalten Kurzzeitmessungen mittels aktiver Radonmessgeräte sowohl in den Wintermonaten, als auch nach der Heizperiode durchgeführt. Mittels passiver Kernspurdetektoren erfolgten Langzeitmessungen, um die mittlere jährliche IRC in den untersuchten Räumen zu ermitteln. Neben der IRC wurden wesentliche Gebäudedaten (Baujahr, Haustyp, Baumaterial etc.) und Umweltdaten (Luftfeuchtigkeit, Luftdruck und Temperatur) miterhoben. Die Bewohner:innen wurden zu ihren Lüftungsgewohnheiten in den untersuchten Räumen befragt. Zur Untersuchung des Einflusses der meteorologischen Parameter auf die zeitlichen Veränderungen der IRC wurden Daten nächstgelegener Wetterstationen der GeoSphere Austria gesammelt. Es wurde untersucht, ob statistisch signifikante Beziehungen zwischen der IRC und den Wetterdaten vorliegen. Die vorliegende Arbeit kam zum Ergebnis, dass eine etwa dreiwöchige Kurzzeitmessung innerhalb der Heizsaison im Mittel um den Faktor 1,50 (+ 50 %) von der mittleren jährlichen IRC abweicht (Mittelwert 1,50 (SD = 0,40) und Median = 1,37). Die Kurzzeitmessungen außerhalb der Heizsaison weichen im Mittel um den Faktor 0,83 (-17 %) von der mittleren jährlichen IRC ab (Mittelwert 0,83 (SD = 0,40) und Median = 0,84). Dass bei den meisten Häusern die mittlere IRC in den Wintermonaten höher ist als in den Sommermonaten, stimmt mit den Beobachtungen andere Studien überein [4], [5], [6].Die Auswertung der Daten zeigte, dass die IRC durch Lüften der Räume stark gesenkt werden kann. Außerdem wurde festgestellt, dass die mittlere jährliche IRC in den verschiedenen Wohnräumen innerhalb eines Haushalts große Unterschiede aufweisen kann. Baulich bedingte Gegebenheiten wie Stockwerk und Fundamenttyp des Raumes haben einen starken Einfluss auf die Höhe des Radonpotentials. Obwohl die zeitliche Veränderung der IRC stark vom Lüftungsgeschehen beeinflusst wird, konnten mehrere signifikante (Anti-)Korrelationen zwischen der IRC und den meteorologischen Parametern festgestellt werden. Bei 52 % der Kurzzeitmessungen wurden signifikante Anti-Korrelationen (ρ > 0,2) zwischen der IRC und der Außentemperatur festgestellt. Als Ursache hierfür ist das Auftreten des Kamineffekts zu nennen, bei dem durch Temperaturunterschiede zwischen innen und außen das radioaktive Gas verstärkt in die Innenräume eindringt. Außerdem wurden Korrelationen zwischen der IRC und dem Luftdruck, sowie der Windgeschwindigkeit beobachtet.Aufgrund der möglichen Einflussfaktoren (Geologie, Lüftungsverhalten, Bauweise, meteorologische Parameter) und der komplexen Zusammenhänge, kann die mittlere jährliche IRC mittels Kurzzeitmessungen nicht genau bestimmt werden. Jedoch kann auf Basis von physikalischen Überlegungen und unter Einbeziehung der Erkenntnisse dieser Arbeit ein robustes radioökologisch-statistisches Modell erstellt werden, mit welchem die mittlere jährliche IRC anhand von Kurzzeitmessungen in Grenzen abgeschätzt werden kann.
de