Wurstelprater revisited : Vergnügen im Kontext der wachsenden Stadt

Abstract

Vergnügungspark, Stadtteil oder Rummelplatz? – längst ist der Wiener Wurstelprater ein fixer Bestandteil jedes Wienbesuchs und seit jeher ein beliebter Treffpunkt vieler Wiener:innen. Jedoch scheint er sich einer konkreten Definition zu verweigern. Als Konglomerat an Möglichkeiten, Vorstellungen und Realitäten schafft es der Wiener Wurstelprater seit über 250 Jahren, sich seinen Platz in der Stadt zu behaupten – als eines der ältesten noch bestehenden Vergnügungsareale weltweit. Die langjährige Geschichte des Wurstelpraters zeigt eine eindrucksvolle Wandlung vom peripher gelegenen Ausflugsziel zum Vergnügungsort nahe der Innenstadt: Einst als Insel umgeben von Donauarmen nur über eine Brücke erreichbar, ist er heute in der gebauten Stadtstruktur angekommen. Man kann die Perspektive auch umdrehen und davon sprechen, dass die Stadt sich dem Wurstelprater angenähert hat. Eine Aussage, die aufgrund seines langen Bestehens durchaus zutreffend ist. Durch dieses Heranrücken der Stadt an den Wurstelprater verschwinden sukzessive ehemalige Zwischenbereiche und Pufferzonen rund um das Areal. Während die Praterstraße einst mit weiteren Vergnügungsorten den Zugang zum Prater markierte, zeigt sich der Wurstelprater heute konsolidierter und isolierter. Städteplanerische Veränderungen seiner unmittelbaren Umgebung führen zu einer ständigen Neubewertung von Anforderungen an den Ort. Der Nutzungsdruck auf seine Flächen steigt ebenso wie die Anzahl an Aufgaben, die er für verschiedene Interessensgruppen erfüllen soll. Zusätzlich und einhergehend mit Entwicklungen in der städtischen Umgebung, unterliegt auch die Besucher:innen- und Anwohner:innenstruktur fortlaufenden Veränderungen, die wiederum Ansprüche an den öffentlichen Raum, die Sauberkeit, Sicherheit und Aussehen des Wurstelpraters neu festlegen. Die vorliegende Arbeit untersucht den Wurstelprater im Kontext der Stadtentwicklung Wiens, unter besonderer Berücksichtigung der Aspekte von Regulierungs- und Kontrollmechanismen. Sie öffnet den Diskurs über seine aktuelle Beschaffenheit und führt eine kritische Auseinandersetzung mit Tendenzen zu Regulierung und Standardisierung. Diese Arbeit soll ein Anstoß dafür sein, den Wurstelprater im Kontext der umliegenden urbanen Struktur zu sehen, um ein umfassendes Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Stadtplanung und Vergnügungskultur zu gewinnen. Denn eine wachsende Stadt erzeugt Spannungsfelder, die auch gewohnte Strukturen brüchig werden lassen und Selbstverständliches zur Disposition stellen. Die intensive Analyse der topografischen Geschichte des Wurstelpraters und seiner aktuellen städtischen Position führt zur Identifikation seiner zentralen Charakteristika und Qualitäten. Dies geschieht im Kontext einer breiten Auseinandersetzung mit urbanem Vergnügen und der Betrachtung internationaler Referenzorte. Die gewonnenen Erkenntnisse vertiefen das Verständnis über den Wurstelprater, ohne seine Vielschichtigkeit zu simplifizieren, und sollen als Leitfaden für zukünftige Entwicklungen dienen.

Amusement park, district, or fairground? The Wurstelprater in Vienna has long been a staple of any visit to Vienna and a popular meeting place for locals. Yet, it seems to resist a concrete definition. As a conglomeration of possibilities, ideas, and realities, the Wurstelprater has maintained its place in the city for over 250 years, making it one of the oldest still-existing amusement parks in the world. The long history of the Wurstelprater illustrates an impressive transformation from a peripheral excursion destination to an entertainment spot near the city center: once an island surrounded by branches of the Danube and accessible only via a bridge, it is now embedded within the city’s built environment. One could also argue that the city has moved closer to the Wurstelprater, a statement that is certainly valid, given its long-standing existence. As the city has drawn nearer to the Wurstelprater, former buffer zones and intermediate spaces around the area are gradually disappearing. While the street Praterstraße once marked the entrance to the Prater with other amusement sites, today the Wurstelprater appears more consolidated and isolated. Urban planning changes in its immediate surroundings lead to a constant reassessment of the requirements for the site. The pressure on its land use is increasing, as are the number of roles it is expected to fulfil for various interest groups. In addition to, and along with developments in the urban environment, the visitor and resident structure is subject to ongoing changes, which in turn redefine the demands on public space, cleanliness, safety and appearance of the Wurstelprater. This work examines the Wurstelprater in the context of Vienna’s urban development, with a particular focus on regulatory and control mechanisms. It opens the discourse on its current condition and critically addresses trends towards regulation and standardization. The study aims to encourage viewing the Wurstelprater in the context of the surrounding urban structure to gain a comprehensive understanding of the interplay between urban planning and amusement culture. A growing city creates areas of tension that also cause familiar structures to become fragile and call into question things that are taken for granted. An in-depth analysis of the Wurstelprater’s topographical history and its current urban position leads to the identification of its key characteristics and qualities. This is achieved within a broader discussion of urban amusement and by considering international reference sites. The insights gained deepen the understanding of the Wurstelprater without oversimplifying its complexity and are intended to guide future developments.