Die Existenz und das Auftreten von Feuer unterscheiden sich je nach den Eigenschaften der Orte. In unterschiedlichen Biomen, die sich über Kontinente erstrecken, in Wäldern, Savannen, in Gras- und Buschland konstituiert Feuer verschieden Regime. In den besetzten Indigenen Gebieten mit dem Namen Kalifornien werden die lebensspendenden Funktionen des Feuers im Rahmen der Verantwortung übernehmenden Indigenen Praktiken als kulturelles Abbrennen hervorgehoben und definieren sich als „die [absichtliche] Nutzung des Feuers durch eine kulturelle Gruppe (z. B. Familieneinheit, Tribe, Clan/funktionelle Gruppe, Gesellschaft) für eine Vielzahl von Zwecken und Ergebnissen.“ Die vorliegende Arbeit begreift das kulturelle Abbrennen Indigener Feuerpraktiker*innen als eine Praxis der Souveränität und stellt es in den Mittelpunkt, um so den Entwurfsprozess zu überdenken - d. h. die Arbeit praktiziert ein Denken mit Feuer, um die Beziehungen zwischen Siedler*innen und denjenigen, deren Heimatland besiedelt wird, außerhalb kolonialer Modelle neu zu gestalten. Ausgehend von der Architektur und unter Einbeziehung von Geographie und Native Studies zeigt und entwickelt das Projekt Wege, wie wir uns eine kollektive Zukunft (collective futures) vorstellen können. Kulturelles Abbrennen, ein Aspekt der Indigenen Verantwortung, prägte einst das Leben in der unmittelbaren und weiteren Umgebung. Dies ist jedoch unter der US-Regierung nicht mehr der Fall, wo die zerstörerischen Eigenschaften des Feuers im Vordergrund stehen. Das Projekt analysiert diesen Wandel vom Leben mit dem Feuer zur aktuellen Bedrohung durch Waldbrände (threat of wildfires). Dabei sieht sich das Projekt mit einer Reihe zeitlich verteilter siedlungskolonialer, kapitalistischer und Gefängnispraktiken (carceral practices) konfrontiert. Eingebettet in die so geschaffenen sozialen und räumlichen Umgebungen erkenne ich eine Gemeinsamkeit von Land, Wasser, Wiesen, Bäumen, Menschen und mehr, die als Waren ausgewiesen werden - ihr Wert wird im Laufe der Zeit durch unterschiedliche Kräfte neu geformt und produziert: Ich analysiere, wie ausgewählte Orte in Kalifornien - gebaut, verlassen, abgerissen - durch eine koloniale, kapitalistische und Gefängnis-Logik zur Ware gemacht werden. Im Speziellen fokussiert diese Studie auf Beziehungen zwischen Wildnis (wildlands) und der Schnittstelle zwischen Wildnis und Stadt (wildland-urban interface). Diese Schnittstelle (die wildland-urban interface) ist ein abstrakter Ort, der dennoch als „Ort, an dem Menschen und ihre Bebauungen auf Wildnis-Brennstoffe (wildland fuel, Anm. der Autorin) treffen oder sich mit ihnen vermischen,“ beschrieben wird. Dieser ‚Ort‘ wird mit dem Wüten von Waldbränden (wildfires) in Verbindung gebracht, vor dem Hintergrund, wie Waldbrände Landschaften und Vorstellungswelten beleben und beflügeln. Die Ansätze zur Bewältigung der sogenannten Waldbrandkrise (wildfire crisis) an der Schnittstelle zwischen Wildnis und Stadt (wildland-urban interface) werden durch die Ambitionen der Kapitalakkumulation geprägt (und begrenzt). Der Reichtumszuwachs von wenigen geht auf Kosten von Menschen und Orten, insbesondere der sozial, wirtschaftlich und ökologisch am meisten gefährdeten. Ich argumentiere, dass die Lösungen und nachfolgenden Prozesse, die im Rahmen der Kapitalakkumulation vorgeschlagen werden, falsche Hoffnungen wecken und der Vorstellung von der Unmöglichkeit einer kollektiv sicheren Zukunft Vorschub leisten und diese aufrechterhalten. Während ich die Frage stelle, warum Brände dort entstehen, wo sie entstehen, untersuche ich die Beziehungen zwischen Waldbränden (wildfires) und der Schnittstelle zwischen Wildnis und Stadt (wildland-urban interface) in der Stadt Corona (Acjachemen, Tongva, Payómkawichum-Land) und in Mariposa County (Southern Sierra Miwok-Land). An einigen Orten wird eine Reihe von Praktiken erkennbar - Feuer als lebensbezogene Praktiken, d. h. Feuer als Mittel zur (Be)schreibung der/von Welt. Es handelt sich dabei um Indigene Feuerpraktiken, welche von Indigenen Feuerpraktiker*innen weitergeführt werden, die sich der wachsenden Bewegung zur Wiederherstellung von Feuer als Teil ihres jeweiligen Heimatlandes (homelands) verschrieben haben. Die anhaltende Landbesetzung und die veränderte Landnutzung haben jedoch dazu geführt, dass die einst weit verbreiteten Indigenen Feuerpraktiken, die als kulturelles Abbrennen bezeichnet werden, in Kalifornien immer weniger verbreitet sind. Teile der bebauten Umwelt Kaliforniens sind für viele Indigene Menschen nach wie vor Schauplätze des Widerstands: an einigen Orten bleiben Verantwortung und Kultur erhalten, während an anderen der Verlust und die Zerstörung zu spüren sind, wie beispielsweise - aber nicht ausschließlich, bei Indigenen Bewegungen zur Wiederbelebung kultureller Praktiken, einschließlich des Feuers, und der Rückgabe von Land. Obwohl kulturelle Feuerpraktiken und -kenntnisse fortbestehen und in die Gegenwart zurückkehren, werden sie in unterschiedlichen Beziehungen und unter unterschiedlichen Souveränitätsbedingungen ausgeübt. Durch die Untersuchung, wie (ausgewählte) Indigene Feuerpraktiker*innen das kulturelle Abbrennen wiederbeleben, zeigt sich mir auf, wie sich das Welten-Neu-Denken (reimagining worlds) mit dem kulturellen Abbrennen als Praktik der Befreiung und Praktik Indigener Souveränität verwebt. In diesem Zusammenhang ist wichtig hervorzuheben, dass die lebensspendenden Nuancen des Feuers viele Möglichkeiten bieten, sozialräumlich-ökologische Beziehungen neu zu denken. Indem ich von Indigenen Wissenschaftler*innen und Feuerpraktiker*innen (North Fork Mono, Maidu und anderen) lerne, erkenne ich, dass die Praktiken der Vorstellungskraft es ermöglichen, die Perspektive zu wechseln und Möglichkeiten bieten, Beziehungen anders zu verstehen - d. h. Beziehungen zwischen Feuer, Ort und Menschen. Praktiken des Vorstellens (imagining) und des Neu-Vorstellens (reimagining) bieten Wege zu erneuerten Beziehungen zwischen UreinwohnerInnen und SiedlerInnen. Somit wird die Art und Weise, wie Orte geschaffen werden, wie Land genutzt wird, wie sich Wasser durch Orte und diejenigen, die es verbrauchen, bewegt, wie Feuer das Gras streichelt und Rauch den Samen zuflüstert, neu konfiguriert. Ich verstehe dies als eine Übung zum Vorstellengen kollektiver Zukunft mit der abolition geography, die in der Präsenz und dem Welt-Machen (world-making) verwurzelt ist. Abolition geography ist hier Methodik und Praxis - von der Definition des Forschungsprozesses über die Entwicklung von Fragen und Analysen bis hin zu einem anderen Vorstellen und Gestalten des Ortes. Sie ist antikolonial, d.h. sie disloziert Parameter. Dies ermöglicht es mir, die Kontinuitäten und Diskontinuitäten des Architektonischen, Städtischen, Vorstädtischen, von Nationalen Wäldern (National Forests), Nationalparks und anderen Orten der Extraktion navigierend, während die sozioökologische Produktion von (sozialen) Bewegung(en) und des produzierten Mangels an Bewegung(en) genau zu betrachten. Die Methodik wird bei der Konstruktion des Dissertationsprojekts angewandt, d. h. bei der Destabilisierung von Strukturen, von der Sprache bis zu Waldbränden, um auf eine andere Weise zu gestalten. Das Projekt entwickelt die Vorstellung einer architektonischen Praxis, die das Leben (und all seine relevanten Komplexitäten) in den Mittelpunkt stellt, indem sie die Vorschläge des Lebens mit dem Feuer und des Lebens als Gäste umsetzt.