Kartografie des Vergessenen : über die Meierhöfe der Wirtschaft Freudenthal im Weinviertel

Abstract

Ende des 19. Jahrhunderts erwarb der Wiener Jurist Karl Freiherr von Freudenthal die Wirtschaft Immendorf im westlichen Weinviertel und wurde dadurch über Nacht ein einflussreicher Großgrundbesitzer. Zu der Ökonomie gehörten neben dem repräsentativen Schlosssitz die unmittelbar angeschlossene Meierei Marienhof ́ sowie der sieben Kilometer entfernte `Nexenhof ́. Die Bewirtschaftung erforderte zudem in den folgenden Jahren eine bauliche Erweiterung und so wurde der ́Gottelhof ́ auf einem Hochplateau weit über dem Dorf am Waldsaum des Buchbergs errichtet.Das adelige Leben der Familie Freudenthal war geprägt von einem feudalen Lebensstil: Jagdeinladungen, Abendgesellschaften, gemeinsames Trinken, Musizieren, Theateraufführungen und Gesellschaftsspiele waren feste Bestandteile ihres Alltags. Zugleich kam dem sozialen Engagement im Dorf sowie der politischen Einflussnahme eine bedeutende Rolle zu. So übernahm Karl Freudenthal unter anderem den Vizevorsitz der Österreichischen Land- und Forstwirtschaftsgesellschaft und war als Abgeordneter im Niederösterreichischen Landtag tätig. Daneben entwickelte er seine Ökonomie zu einem namhaften Mustergut. Dieses wurde von der facheinschlägigen Presse mit regem Interesse verfolgt und in Reportagen und Zeitungsberichten dokumentiert. Dadurch erscheint die Wirtschaft Freudenthal heute als ein wertvoller Zeitzeuge, um über das alltägliche Leben, Wirtschaften und das vernakuläre Bauen im ländlichen Kontext zu berichten.Heute ist vom einstigen Glanz jedoch nur noch wenig erhalten. Nachdem das Schloss im Zweiten Weltkrieg als Kunstdepot genutzt wurde, brach in den letzten Kriegstagen während des SS-Truppenabzugs ein Feuer aus, wodurch das Bauwerk mitsamt den eingelagerten Kunstwerken vollständig ausbrannte und in Folge abgetragen wurde. Die drei Meiereihöfe haben die Zeit hingegen überdauert - verfallen jedoch zunehmend. Durch die bauliche Bestandsaufnahme des Gottelhofes sowie einem Vorschlag für dessen zeitgenössische Nutzung soll diese Arbeit einen Beitrag dazu leisten, das Bewusstsein für den Wert dieses baulichen Erbes zu schärfen und dadurch die Geschichte der Ökonomie Freudenthal zu bewahren.

At the end of the 19th century, the Viennese lawyer Karl Freiherr von Freudenthal acquired the estate of Immendorf in the western Weinviertel region, instantly becoming an influential landowner overnight. In addition to the prestigious castle residence, the estate included the ‚Marienhof‘ and the ‚Nexenhof‘, seven kilometers away. In the following years the operation also required structural expansion and so the ‚Gottelhof‘ was built on a high plateau far above the village at the edge of the Buchberg forest.The aristocratic and feudal lifestyle of the Freudenthal family was characterized by hunting parties, evening gatherings, communal drinking, music-making, theater performances, and social games. However, social engagement in the village and political influence also played an important role. Karl Freudenthal, among other positions, served as an official of the Austrian Agricultural and Forestry Society and as a member of the Lower Austrian provincial parliament. In addition, he developed his estate into a renowned model farm, which attracted great interest, was frequently visited by the specialist press, and documented in reports. As such, the Freudenthal estate serves as a valuable historical witness, offering insights into everyday life, agricultural operations, and vernacular construction in a rural context.Today, little remains of the former glory in Immendorf. After the castle was used as an art depot during World War II, a fire broke out in the final days of the war during the SS troops‘ withdrawal, completely destroying the building and its stored works of art, which subsequently led to it ́s demolition. However, the three manor farms have survived the passage of time, though they are increasingly falling into disrepair. Through the architectural survey of the Gottelhof and a proposal for its contemporary use, this work seeks to raise awareness of the value of this architectural heritage.