dc.description.abstract
Optische Frequenzkämme sind perfekt periodische Formen von Lichtwellen, deren optisches Spektrum aus einer großen Anzahl äquidistanter Moden besteht. Der Abstand zwischen zwei Moden liegt im Radiofrequenz (RF)-Bereich, wodurch eine direkte Verbindung zwischen den optischen Frequenzen der Kammmoden und moderner RF-Elektronik hergestellt wird. Dieses Konzept stellt heutzutage einen Eckpfeiler vieler Bereiche der Optik dar, angefangen von der Grundlagenforschung bis hin zur Frequenzmetrologie und Spektroskopie.Der Quantenkaskadenlaser (QCL) - eine Art von Halbleiterlaser, der auf Intersubband Übergängen im Leitungsband basiert ist - hat sich kürzlich als führender Laser Frequenzkammgenerator im mittleren Infrarot- und THz-Spektralbereich etabliert. QCLs besitzen aufgrund ihrer Kompaktheit, Fähigkeit zur On-Chip-Integration und elektrischem Pumpen enormes Potenzial für sensorische und spektroskopische Anwendungen. Die unerwartete Entdeckung, dass sich in freilaufenden QCLs spontan Frequenzkämme bilden, bemerkenswerterweise ohne die Notwendigkeit zusätzlicher optischer Komponenten, machte diese Laser für integrierte Anwendungen noch attraktiver. Allerdings besitzen Frequenzkämme in QCLs, im Vergleich zu ihren bekannten Gegenspielern in modengekoppelten Lasern, grundlegend verschiedene Eigenschaften, die sich einem umfassenden theoretischen Verständnis vor dieser Arbeit entzogen. Die vorgestellte Arbeit beleuchtet die zugrunde liegenden Mechanismen, die die Dynamik von freilaufenden QCL-Kämmen steuern, und führt durch das reichhaltige Zusammenspiel von dispersiven, nichtlinearen Effekten und Effekten höherer Ordnung, die in diesen Lasern auftreten. Der erste Schritt bestand darin, die Komplexität des vorherrschenden Systems partieller Differential-Maxwell-Bloch-Gleichungen zu zähmen - was durch die Herleitung einer einzigen kohärenten Mastergleichung, die die vollständige räumlich-zeitliche Dynamik des Feldes im Resonator beschreibt, ermöglicht wurde. Somit wurde der Einfluss verschiedener Effekte auf die Bildung von Frequenzkämmen handhabbar, was wichtige intuitive Einsichten ermöglichte. Die Arbeit konzentriert sich zunächst auf frequenzmodulierte (FM) Kämme, die in freilaufenden Fabry-Perot QCLs auftreten. Eine systematische Untersuchung zeigt, dass ein effizienter Vier-Wellen-Mischprozess allein nicht ausreicht, um die Bildung von FM-Kämmen anzuregen. Erst durch die Kombination von räumlichem Lochbrennen und einer endlichen Kerr-Nichtlinearität oder Dispersion, entsteht der charakteristische lineare Frequenz-Chirp von FM-Kämmen. Darüber hinaus erforscht die Arbeit mehrere direkte Methoden zur Optimierung von FM-Kämmen durch Erhöhung ihrer optischen Bandbreite, was für spektroskopische Anwendungen essenziell ist. Aufgrund der äußerst kurzen Ladungsträgerlebensdauern in QCLs, induziert jede Asymmetrie des Verstärkungsprofils eine starke Kopplung der Amplitude und Phase des Lichts, die einen enormen Einfluss auf die Laserdynamik hat und zur Emission von Frequenzkämmen führen kann. Dies wird durch den Linienbreiten-Verstärkungs-Faktor (engl. linewidth enhancement factor - LEF) quantifiziert, der die verstärkungsinduzierten Änderungen des Brechungsindex beschreibt. Darauf sind viele Eigenschaften zurückzuführen, die für Halbleiterlaser einzigartig sind. In der Arbeit wird die Lasermastergleichung einschließlich des LEF hergeleitet und die Bildung von freilaufenden Frequenzkämmen wird mittels numerischer Simulationen untersucht. Weiters wird eine neuartige Messtechnik entwickelt, die es ermöglicht, die gesamte spektrale Abhängigkeit des LEF in einem Laser während des Betriebs zu extrahieren. Die Technik beruht auf einem Single-Shot-Modulationsexperiment, das auf jede Laserquelle an einem beliebigen Betriebspunkt anwendbar ist, wodurch Einschränkungen früherer Techniken überwunden werden. Experimentell wird die Technik an einem QCL-Frequenzkamm demonstriert. Das nächste Ziel der Arbeit war die Untersuchung der QCL-Kammdynamik in Ringresonatoren. Die bisher vorherrschende Annahme war, dass unter Abwesenheit von räumlichem Lochbrennen, Multimode-Instabilitäten im Ring nur unter extremen Pumpbedingungen auftreten. Ungeachtet dessen wird diese Arbeit zeigen, wie QCLs selbst bei niedrigen Pumpbedingungen in ein Multimode-Regime eintreten können, was auf Phasenturbulenzen zurückzuführen ist - eine Instabilität, die bekanntermaßen in der Hydrodynamik, Supraleitern und Bose-Einstein-Kondensaten auftritt. Die Mastergleichung wird auf die berühmte komplexe Ginzburg-Landau-Gleichung zurückgeführt, um die Instabilitätsbedingung bei kohärenter Amplituden-Phasen-Kopplung des Laserlichts aufzustellen. Bemerkenswerterweise können Phasenturbulenzen sogar zur Bildung stabiler Frequenzkämme führen, die mehrere Merkmale mit dissipativen Kerr-Solitonen teilen und somit die Lücke zwischen Halbleiterringlasern und Mikroresonator-Frequenzkämmen überbrücken.Der letzte Aspekt der vorgestellten Arbeit konzentriert sich auf den physikalischen Ursprung der Amplituden-Phasen Kopplung in QCLs, die notwendig ist, um die Bildung von freilaufenden Frequenzkämmen auszulösen. Es wird gezeigt, dass Bloch-Verstärkung - ein nichtklassisches Phänomen, das erstmals in den 1930er Jahren vorhergesagt wurde - eine wesentliche Rolle bei der Kammbildung spielen kann. In QCLs, entsteht Bloch-Verstärkung aufgrund von optischen Übergängen zweiter Ordnung, die in jedem Aspekt des Laserbetriebs selbstkonsistent beinhaltet sind: der Bandstruktur des Bauelements, dem Ladungsträgertransport und der Resonatordynamik. In jedem Bauelement kommt es durch die Bloch-Verstärkung zu einer riesigen Kerr-Nichtlinearität, die FM-Kämme in Fabry-Perot-Resonatoren ermöglicht und die als physischer Ursprung des LEF dient. Aufgrund der Verstärkungssättigung ist die Wirkung der Bloch-Verstärkung in Ringresonatoren besonders stark, wo sie die Bildung von Soliton-ähnlichen Strukturen auslöst, was den Weg zu elektrisch betriebenen Kerr-Kämmen ebnet.
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