Stadtschreiber, F. (2017). Hitze in der Stadt : Ausrichtung der Planungsinstrumente auf den Umgang mit sommerlicher Hitze [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2017.44221
Die Hitzewelle im Sommer 2003 zählt mit rund 70.000 Todesopfern zu den schwersten Naturkatastrophen der letzten 100 Jahre in Europa. Sie hat vor Augen geführt, mit welchen Auswirkungen bei derart extremen Wetterereignissen zu rechnen ist. Vor allem hat sich in diesem Sommer Folgendes gezeigt: Die Brennpunkte liegen in urbanen Räumen. Hitze schränkt nicht nur die Lebensqualität in der Stadt ein, sondern führt zudem auch zu signifikant steigenden Morbiditäts- und Mortalitätsraten sowie zu negativen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit. Neben den körperlichen und physiologischen Folgen sind auch die Auswirkungen auf die Lebenswelten der Menschen mit zu betrachten. Im Jahr 2014 lebten bereits 54% der Weltbevölkerung in Städten. In Europa wird der Anteil der urbanen Bevölkerung im Jahr 2050 voraussichtlich bereits 73% betragen (vgl. United Nations 2015,1). Unter Berücksichtigung der fortschreitenden Urbanisierung sind erhebliche Probleme für europäische Städte zu erwarten. Aufgrund ihrer dichten Bebauung weisen Städte ausgeprägte urbane Wärmeinseln auf. Der Klimawandel wird dieses Phänomen in den kommenden Jahrzehnten zusätzlich verstärken. Städte erwarten neben jährlich steigenden Durchschnittstemperaturen vor allem hinsichtlich Intensität und Häufigkeit zunehmende Hitzeperioden, welche sich durch hohe Tagestemperaturmaxima bei gleichzeitig reduzierter nächtlicher Abkühlung auszeichnen. Speziell die Nächte sind jedoch für die thermische Entlastung der Stadtbewohnerinnen und -bewohner und die Erholung im Schlaf von großer Bedeutung. Im Durchschnitt wird sich die Stadt Wien, auf welcher der Fokus der Arbeit liegt, in diesem Jahrhundert auf eine Zunahme der jährlichen Durchschnittstemperatur von 2 bis 4° Celsius einstellen müssen. Die Ursachen sind dabei nicht nur in der geographischen Lage zu finden, sondern vor allem im physischen Erscheinungsbild der Stadt. Die räumliche Verteilung von thermischen Be- und Entlastungsgebieten ist unter anderem das Ergebnis raumbezogener Planungsprozesse. Über welche Möglichkeiten aber verfügt die Raumplanung in ihren formellen Instrumenten (zum Beispiel Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, Entwicklungskonzept), um die Folgen der zunehmenden Erwärmung zu minimieren? Sind die Instrumente in Anbetracht der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen ausreichend oder ist eine Ergänzung durch informelle Instrumente erforderlich? Welcher Beitrag kann durch die Ausrichtung – das heißt durch organisatorische Maßnahmen im Bereich von Vereinigungen, Behörden und Betrieben – oder durch Verhaltensänderungen geleistet werden? Diesen Fragen geht die vorliegende Arbeit auf den Grund. Vor allem der Umgang mit Unsicherheit und Dynamik stellt dabei eine große Herausforderung dar, da die Raumplanung hier mit sehr ausgedehnten Prognose und Planungshorizonten konfrontiert wird. Die Vielschichtigkeit der Ursachen und Wirkungen macht die Anpassung der Stadt an die sommerliche Hitze zu einer komplexen Schwerpunktaufgabe für die Planung. Im wissenschaftlichen Diskurs steht die Notwendigkeit der Anpassung an die wandelnden klimatischen Gegebenheiten außer Frage, in der Planungspraxis stellt sie dennoch ein junges Thema dar. Sicher ist, dass die Anpassung in den nächsten Jahren ein Anstoß für einen graduell verlaufenden Transformationsprozess sein wird, der das Gesicht unserer Städte verändern wird. Berücksichtigt man die Bestandskraft städtebaulicher Strukturen von rund 100 Jahren und die absehbare Intensivierung der genannten Auswirkungen zu Mitte dieses Jahrhunderts, so besteht jetzt die Chance, die Anpassung an diese thermischen Veränderungen noch zeitgerecht als festen Bestandteil in den formellen und informellen Planungsinstrumenten zu integrieren. Ein wichtiges Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die bestehenden Planungsinstrumente auf ihre Eignung zur Anpassung an die städtische Hitze zu prüfen und allenfalls ergänzende Instrumente vorzuschlagen. Letztlich geht es um eine hohe Lebensqualität in der Stadt, die auch zukünftig hochgehalten werden soll. Hierzu wird es eines gezielten multiskalaren Einsatzes von Planungsinstrumenten bedürfen, um den stattfindenden Transformationsprozess in die richtigen Bahnen zu lenken.
de
The heatwave in summer 2003, with around 70,000 casualties, was one of the most devastating natural disasters in the last 100 years in Europe. It showed what an impact such extreme weather conditions can have. It also showed, however, that the most severely affected areas are European cities. On the one hand, heat leads to significantly higher mortality rates, on the other hand it also compromises the quality of life, including the quality of public spaces. In 2014 a share of 54% of the worlds population lived in cities. For Europe this share will rise to 73% until 2050 (see United Nations 2015,1). In view of ongoing urbanisation, this entails significant problems for European cities. Owing to their dense development, cities have urban heat islands that will intensify considerably in forthcoming decades due to climate change. Apart from increasing average temperatures every year, cities can expect prolonged periods of heat in terms of intensity and frequency, characterised by high maximum daytime temperature and at the same time reduced nocturnal cooling. The city of Vienna, for example, the focus of this work, will have to be prepared for an annual average temperature increase of two to four degrees over the course of this century. This is caused not only by the geographical location, but also by the physical characteristics of the city. The spatial distribution of hot and cool areas is the result of spatially related planning processes. What options does spatial planning have in terms of its formal tools (development plan, land allocation plan, development concept), in order to minimise the consequences of increased thermal stress? Are these tools sufficient, in terms of the required adaptation measures, or is it necessary to supplement them with informal tools? What contribution can be made by associations, authorities or organisations, as well as by behaviour change? This thesis seeks to examine these questions critically and takes the spatial planning requirements from the point of view of climate research into account. The need to adapt to changing climatic conditions is not being questioned in scientific discourse, but it is still a novel topic in planning practice. What is certain is that adaptation will be an impulse for a gradually unfolding transformation process in forthcoming years, which will change the face of our cities. If one takes into account the durability of urban structures of around 100 years and the foreseeable intensification of the aforementioned effects until the middle of this century, it is now high time to integrate adaptation to these thermal changes into planning tools as an integral aspect as quickly as possible. The aim of the thesis in hand is to analyse whether current planning instruments are suitable to adapt to intensifying urban heat and to suggest further instruments where necessary. Eventually, the high quality of life has to be maintained in the future. In order to do so, a multiscalar application of planning instruments is necessary to bring the transformation process onto the right track.
en
Additional information:
Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers