Für die Erfassung von Punktwolken wurde eine breite Palette von Sensoren zur Aufnahme der dreidimensionalen (3D) Struktur von Objekten entwickelt. Darunter ist das Terrestrische Laserscanning (TLS) eine komfortable Akquisitionsmethode für die 3D-Datenerfassung im Nahbereich. Die so erfassten Punktwolken etablierten sich als zuverlässige Grundlage für die Erstellung von digitalen, hochauflösenden und detaillierten 3D-Modellen. So werden die Punktwolken in verschiedenen Disziplinen angewendet. Dazu gehören das Naturerbe sowie die Überwachung und Kartierung geologischer paläontologischer Stätten. Punktwolken haben einen Vorteil gegenüber Bildern in der digitalen Dokumentation des aktuellen Zustands von Fossilien für die digitale Archivierung und Geometrieextraktion, da sie ihre dreidimensionale Struktur erfassen. Bilddaten haben in Fällen, in denen mehrere Fossilien einander überlappen, die Objekte Selbstähnlichkeit haben oder die Szene vorstehende Objekte aufweist, Beschränkungen. Der Komplex, der sich auf dem Austernriff befindet, und die Selbstähnlichkeit des Objekts machten eine automatische Bündelblockanpassung des Riffs unmöglich. Ein versteinertes Austernriff ist ein gutes Beispiel für eine dicht gepackte Umgebung, in der Geometrieschätzungen gekrümmter Objekte zu einer komplexen und anspruchsvollen Aufgabe werden. In dieser Arbeit wird gezeigt, wie die Techniken der Punktwolkenverarbeitung auf dem größten fossilen Austernriff der Welt in Stetten, Niederösterreich, angewendet werden. Dieses dicht gepackte Muschelbett wurde vor etwa 16,5 Millionen Jahren in einer tropischen Flussmündung geformt. Die ursprünglichen Austern vom Typ Magallana gryphoides starben genau dort, wo sie in ihrer ursprünglichen Umgebung lebten, aber sie wurden nicht so gefunden, wie sie in ihrer ursprünglichen Form waren. Stattdessen waren ihre einzelnen Schalen auf der freigelegten Fläche des dicht gepackten Riffs (rund 459 m2) verstreut. Die paläontologische Stätte wurde zwischen 2005 und 2008 im Zuge von Messkampagnen des Naturhistorischen Museums Wien ausgegraben. Im Jahr 2014 wurde am Riff eine Laserscanningund Photogrammetriekampagne mit dem Ziel durchgeführt, dessen Inhalt zu digitalisieren. Die große und komplexe Anlage wurde mit einem ferngesteuerten High-Speed FARO Focus3D Laserscanner und einer Canon 60D Kamera mit einem Canon EF 20 mm f2.8 Objektiv digital dokumentiert. Die 3D-Punktwolken und hochauflösenden Bilder aus dieser Messkampagne wurden mit photogrammetrischen Methoden zu einem digitalen Oberflächenmodell (DSM, 1 mm Auflösung) und einem Orthophoto von 0,5 mm Auflösung verarbeitet, um die paläontologische Interpretation des Ortes zu unterstützen. Während die Literatur über die frühe Miozän-Mündung umfangreich ist, ist das Wissen über die fossile Zusammensetzung (Taphonomie), Größe oder Orientierung an den Standorten begrenzt. Daher besteht Interesse daran, neue Techniken zu testen und zu erproben, um seltene fossile Objekte zu dokumentieren und um solche Stellen auf effektive, automatische und objektive Weise zu untersuchen. Die Verwendung von digitalen 3D-Punktwolken bietet hierfür eine praktikable Option und das Interesse daran nahm nach den ersten veröffentlichten wissenschaftlichen Beiträgen zu. Daher ist die in dieser Arbeit durchgeführte Forschung von besonderem Interesse, da sie Forschungsfragen beantworten soll, die zwischen Studien der Photogrammetrie und Geologie entstanden sind. Um diese Fragen zu beantworten, schlägt diese Dissertation neue Methoden vor, darunter die Entwicklung einer Strategie zur Erfassung unregelmäßiger Oberflächen durch hochauflösende Punktwolken, um Umrisse von Muscheln zu erkennen, eine Methode zum Zählen und Erkennen der Anzahl von Muscheln im Riff und Methoden zur Schätzung der 3D-Länge der Schalen, um die Schalenorientierung abzuleiten, Schalenvolumina zu schätzen und thematische Karten zu visualisieren und zu entwerfen, um die Interpretationsarbeit zu verbessern. In der Arbeit wird auch ein Geographisches Informationssystem (GIS) zur Referenzdatenerfassung und die Bewertung der Zuverlässigkeit der automatisierten Verarbeitungsergebnisse genutzt. Die Arbeit präsentiert die Forschungsergebnisse, die in sechs eigenständigen Forschungsund Konferenzartikeln ausgewertet wurden. Alle Artikel wurden einem Peer-Review-Prozess unterzogen und in Fachzeitschriften zu Themen der Erdwissenschaften sowie auf einer Konferenz der International Society of Photogrammetry and Remote Sensing (ISPRS) veröffentlicht. In den Beiträgen I und II werden Forschungsfragen bezüglich der Schalen-Taphonomie, der Schalenzahl im Riff und der Formierung des Muschelbetts durch einen Sturm oder Tsunami untersucht. Einzelne Schalenvolumenschätzungen wurden ebenso berücksichtigt wie mögliche Muster in der Verteilung und Zusammensetzung von Schalen zwischen zwei Datensatztransekten am Riff (N-S, W-E). Beitrag III beschreibt die Einstellungen von Datenerfassung, Datenmanagement und Koordinatensystemen zur Digitalisierung eines großen versteinerten Austernriffs. Die Studie demonstriert das Potenzial hochauflösender 3D-Daten und -Fotografien, indem sie einen Ansatz dokumentiert, der einzelne Schalen in einer komplexen Umgebung erfasst. Dies ist eine entscheidende Aufgabe, um die Schalen an einer paläontologischen Stelle zu zählen. Beitrag IV untersucht die automatische Bestimmung von 3D-Orientierungen von versteinerten Austernschalen in einem kartesischen Koordinatensystem, wo sie als langgestreckte Objekte dargestellt wurden, deren Rotationswinkel (Roll, Pitch, und Yaw) für eine geowissenschaftliche Anwendung bestimmt wurden. Das Ziel der Untersuchung war herauszufinden, ob die Standorte von stark geneigten Austernschalen eine statistisch signifikante Korrelation mit den nahe gelegenen Verwerfungslinien im Riff aufweisen. Der Artikel V untersucht technisch, wie man die 3D-Länge von Muscheln bestimmen kann und demonstriert eine Methode, um automatisch eine 3D-Mittellinie aus verschiedenen Formen fossiler Austernschalen zu extrahieren. Bestimmte zentrale Linieneigenschaften stehen in direktem Zusammenhang mit den Inkrustationsschätzungen. Der Artikel VI präsentiert die erste GIS - Datenbank als Schnittstelle eines digitalen Austernriffs und eines Verwaltungswerkzeug für ein geschütztes Naturerbe. Die Beiträge der Dissertation zeigen, dass die terrestrischen Laser-Scanning-Punktwolken effektive und bequeme Datenquellen sind, um millimetergroße Modelle paläontologischer Standorte zu erstellen. TLS bietet genaue Messungen von Objekten mit komplexer Geometrie, wie versteinerten Austernschalen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung der Möglichkeiten von Laserscanning-Daten in verschiedenen Modellierungsaufgaben, einschließlich der Identifizierung von fossilen Umrissen und der Bestimmung ihrer Größe, Orientierung, Volumen und anderer physikalischer Parameter, die für genaue paläontologische Interpretationen benötigt werden. Diese Arbeit untersucht dazu photogrammetrische Methoden, die diese Anforderungen erfüllen und Ergebnisse liefern, die zur Unterstützung paläontologischer Interpretationen leicht visualisiert werden können. Die Ergebnisse unter Berücksichtigung aller Bewertungen werden ebenfalls beschrieben. Als ein Beispiel für die entwickelten Methoden hat die Arbeit zur Vorbereitung und Veröffentlichung eines umfassenden paläontologischen 3D-Datensatzes beigetragen. Der Datensatz dokumentiert das Austernriff mit Millimeterpunktwolken, digitalen Oberflächenmodellen und Orthophotos. Der Datensatz bietet ein umfangreiches Testfeld für die weitere Methodenentwicklung in den Bereichen Photogrammetrie und Computer Vision und soll Paläontologen helfen, neue Datenerfassungskampagnen zu planen, um genauere Interpretationen zu ermöglichen.