Fischer, H. (2003). Kalibrierung des klinischen Ganzkörperzählers im AKH Wien und Anwendung der Dosimetrie in der Palliativtherapie mit 153Sm-EDTMP [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://resolver.obvsg.at/urn:nbn:at:at-ubtuw:1-10774
E141 - Atominstitut der Österreichischen Universitäten
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Date (published):
2003
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Number of Pages:
153
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Abstract:
Ganzkörperzähler sind Messgeräte für die Bestimmung der Gesamtaktivität gammastrahlender inkorporierter radioaktiver Stoffe. Mit einem kalibrierten Ganzkörperzäh-ler können Radionuklide qualitativ und quantitativ gemessen werden, die Gammastrahlung ab einer Energie von etwa 60 keV emittieren. Das Haupteinsatzgebiet von Ganzkörperzählern liegt im Strahlenschutz zur Inkorporationsüberwachung von beruflich strahlenexponierten Personen, die mit offenen Radionukliden arbeiten. Eine besondere Bedeutung haben Ganzkörperzähler nach Strahlenunfällen oder Reaktoratastro-hen zur Bestimmung einer eventuellen Inkorporation. Auch haben derartige Geräte ihre Bedeutung in der nuklearmedizi-ischen Diagnostik und Therapie. Die vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Kalibrier-ng und mit der Anwendung des Klinischen Ganzkörperzählers an der Klinik für Nuklearmedizin am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Da mit dem Klinischen Ganzkörperzähler unbekannte Gammastrahler identifiziert und deren Aktivitäten bestimmt werden sollen, wurden zunächst Kalibrierkurven (Energie-, Halbwertsbreiten- und Efficiencykalibrierung in Abhängigkeit von der Gammaenergie) mittels softwareunter-stützter Analysetechnik bestimmt. Auch wurden charakteristische Grössen wie das Auflösungsvermögen vom NaI(Tl)-Detektorsystems, und der Grenzwert der minimalen feststellbaren Aktivität und der minimal messbaren Aktivität ermittelt. Weiters war von Interesse, wie sich die Efficiencykalibrierkurven punktförmiger Aktivitäten von homogen verteilten Aktivitäten in einem Phantom unterschei-den. Der Zusammenhang zwischen der Quellenposition im Phantom und Efficiency wurde aufgezeigt. Als klinische Anwendung wurden mit dem Ganzkörperzähler Retentionsmessungen von Patienten durchgeführt, die sich einer 153Sm-EDTMP-Therapie unterziehen. Zu dieser Patientengruppe zählen vor allem Frauen mit Brustkrebs und Männer mit Prostatakrebs, die bereits Metastasen in den Knochen haben. Knochenmetastasen können mit grossen Schmerzen verbunden sein, und damit die Lebensqualität sehr stark beeinträchtigen. 153Sm-EDTMP ist ein Wirkstoff, der sich nach intravenöser Injektion innerhalb kurzer Zeit im Knochen (und da vor allem in den Metastasen) einlagert, und zu einer Schmerzlinderung führt. Der "Uptake" dieses Radiopharmakons in die Knochen ist von Person zu Person verschieden, und wurde mit dieser Arbeit erstmals mit einem Ganzkörperzähler bestimmt. (Bisher wurden dazu immer Messungen mit einer Gammakamera gemacht). Der Mittelwert lag bei 48.2% ± 13.1%. Der höchste/niedrigste Wert lag bei 87.2% ± 22.8% / 31.7% ± 7.8%. Analysen der Energiespektren zeigten höherenergetische Gammalinien, die eindeutig nicht 153Sm zugeordnet werden konnten. Es zeigt sich, dass die Intensität der unbekannten Gammastrahler mit der Therapiezahl korreliert: Je öfters eine Therapie durchgeführt wurde, um so höher war auch die inkorporierte Aktivität. Genaue Auswertungen konnten 152Eu (T1/2 = 13.53 a), 154Eu (T1/2 = 8.59 a) und 156Eu (T1/2 = 15.19 d) als die unbekannten Gammastrahler identifizieren, die bei der Her-stellung von 153Sm in geringen Mengen mitproduziert werden. Da beide Elemente Lanthanoide sind, und damit ähnliche chemische Eigenschaften haben, bildet sich bei der Produktion von 153Sm-EDTMP auch 152Eu-EDTMP, 154Eu-EDTMP und 156Eu-EDTMP. Mit Profilscanmessungen konnte nachgewiesen werden, dass die Europiumkomplexe praktisch den gleichen Metabolismus haben wie 153Sm-EDTMP. Damit lagern sich auch diese in den Knochen an, und führen insbesondere zu einer Strahlenbelastung des roten Knochenmarks. Berechnungen zeigen, dass diese zusätzliche Strahlenbelastung für das rote Knochenmark nach einer Therapie um den Faktor 21 (nach fünf Therapien um den Faktor 101, nach zwölf Therapien um den Faktor 204) höher ist als infolge der natürlichen Strahlenbelastung aufgrund 40K. Allerdings liegt auch ab der zwölften Therapie die Gesamtdosis und die Folgedosis für das rote Knochenmark aufgrund der unerwünschten radioaktiven Verunreinigungen im Bereich der Dosis einer Samariumtherapie. Dieser Umstand schlägt sich wahrscheinlich auch im Blutbild der Patienten nieder. Nach jeder Therapie nimmt die Zahl der Blutzellen stark ab, und regeneriert sich im Allgemeinen nach 5-8 Wochen wieder. Ab einer bestimmten Therapieanzahl erholt sich jedoch das Blutbild nicht mehr vollständig, was damit erklärt werden könnte, dass die gespeicherte Europium-ktivität im Knochen zu hoch ist um eine Regeneration zu erlauben. Inkorporierte Radionuklide mit Aktivitäten von einigen kBq können praktisch nur mit Ganzkörperzählern detektiert werden. Mit dieser Arbeit konnte einmal mehr gezeigt werden, wie wichtig derartige Geräte für den medizinischen Strahlenschutz sind.