Gross, B. (2015). Betriebliche, messtechnische Online-Überwachung von Schienenfahrzeugen [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2015.29707
Im Betrieb einer Straßenbahn können, abhängig von der Qualität der Fahrstrecke (Gleiszustand und Zustand des Gleisunterbaus), Beeinflussungen des Fahrkomforts aber auch erhöhte Bauteilbelastungen durch Schwingungsanregungen über das Fahrwerk inklusive dem Antriebssystem auftreten. Zur Analyse solcher im Betrieb festgestellten Komfortbeeinflussungen werden als Stand der Technik spezielle Messfahrzeuge eingesetzt, die das Erregerspektrum entlang der Fahrstrecke aufnehmen und eine Analyse ermöglichen. Nachteil dieser Vorgehensweise ist, dass das Messfahrzeug völlig andere Lastzustände für die Fahrstrecke darstellt und die dabei gemessenen Erregerspektren nur eine Näherung der realen Situation wiederspiegeln. Darüber hinaus wird die Problemanalyse dadurch erschwert, dass das Messfahrzeug ein völlig anderes Schwingungsverhaltens als das tatsächlich eingesetzte Schienenfahrzeug aufweist. Das Ziel dieser Dissertation war daher die Entwicklung eines Messsystems, das bei Bedarf im konkret betroffenen Fahrzeug installiert werden kann und somit im normalen Fahrgastbetrieb repräsentative Messergebnisse liefert. Ein wesentliches Kriterium für die Praxistauglichkeit eines solchen Systems stellt der, bei der Installation des Systems, erforderliche Verkabelungsaufwand dar. Im Idealfall sollten die im Fahrzeug verteilten Komponenten des Messsystems autark vom Bordnetz sein (z.B. lokaler Energiespeicher oder Versorgung über elektromagnetische Felder) und die Messdaten drahtlos übertragen. Konkret soll das Messsystem in der Lage sein über eine Dauer von 10 bis 20 h Messdaten von zumindest 26 im gesamten Fahrzeug verteilten Sensoren mit einer Abtastrate von 1 kS/s aufzuzeichnen. Stand der Technik sind einerseits Oberflächenwellensensoren und passive RFID-Systeme (Radio Frequency Identification), die per Funk ausgelesen werden können und keine zusätzliche Energiequelle benötigen, und andererseits drahtlose Sensornetzwerke und Telemetriesysteme, die Messdaten ebenfalls per Funk übertragen, jedoch in der Regel mittels Batterien oder Akkumulatoren mit Energie versorgt werden. Aus den zu Oberflächenwellensensoren und passiven RFIDs veröffentlichten Leistungsdaten geht hervor, dass beide Systeme unter anderem auf Grund der geringen überbrückbaren Auslesedistanz für einen Einsatz in Schienenfahrzeugen nicht geeignet sind. Bei drahtlosen Sensornetzwerken und Telemetriesystemen besteht wiederum die Problematik, dass diese entweder einen zu geringen Datendurchsatz für Messungen mit Abtastraten im Bereich von 1 kS/s aufweisen (drahtlose Sensornetzwerke) oder nicht für Messungen mit einer Vielzahl von Sensoren ausgelegt sind (Telemetriesysteme). Um eine möglichst hohe Flexibilität des Messsystems zu erzielen sieht das, im Rahmen dieser Arbeit entwickelte, Konzept im gesamten Fahrzeug verteilte Messknoten mit lokalem Datenspeicher vor, wobei die einzelnen Knoten mittels eines Mesh-Funknetzwerkes miteinander kommunizieren. Die lokale Datenspeicherung erlaubt einerseits den Einsatz einer Funktechnologie mit geringem Energiebedarf und andererseits kann ein Verlust von übertragenen Messdaten auf Grund von elektromagnetischer Interferenz ausgeschlossen werden. Speziell die Auswahl von Komponenten mit geringem Energiebedarf ermöglicht in weiterer Folge neben einer Versorgung der Messknoten durch das 24 V-Bordnetz des Fahrzeuges auch den Einsatz von Akkumulatoren als Energiequelle. Die in der Regel geringe Reichweite von Funktechnologien mit niedrigem Energiebedarf wird bei diesem Konzept durch die Verwendung der Mesh-Topologie ausgeglichen. Darüber hinaus ist durch diese Topologie eine hohe Robustheit gegenüber der Abschattung einzelner Funkverbindungen gegeben. Die Steuerung des Messsystems erfolgt über das Funknetz, wobei hier neben den grundlegenden Funktionen (z.B. Start und Stopp der Messung) ebenfalls die Konfiguration einzelner Messkanäle (Abtastrate, Verstärkung, etc.) sowie die Übertragung und Anzeige der aktuellen Messwerte eines einzelnen Sensors vorgesehen sind. Nach Abschluss der Messung können die Messdaten durch Entfernen der Massenspeicher (SDHC-Karten) aus den Messknoten entnommen werden und in weiterer Folge am PC ausgewertet werden. Die Erprobung der entwickelten Schaltungen erfolgte im Rahmen eines speziell für die einfache Handhabung im Labor ausgelegten Laborsystems. Neben den Messungen und Tests im Labor wurde mit den Knoten des Laborsystems ebenfalls eine Testfahrt in einer Straßenbahn auf dem Werksgelände der Firma Bombardier absolviert. Die Analyse der hierbei aufgezeichneten Daten hat gezeigt, dass in der realen Betriebsumgebung beim Einsatz von Funktechnologien mit Paketverlusten durch elektromagnetische Interferenz gerechnet werden muss, wobei dies jedoch natürlich keinerlei Einfluss auf die am Knoten aufgezeichneten Daten hatte. Das im Rahmen dieser Arbeit entwickelte und erprobte Konzept ist auf Grund seiner Flexibilität und Leistungsfähigkeit nicht auf den Einsatz in Schienenfahrzeugen beschränkt und kann auf Grund nicht erforderlicher Kabelverbindungen bei einer Vielzahl von messtechnischen Aufgabenstellungen vorteilhaft eingesetzt werden.
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During operation railway vehicles are exposed to vibrational excitations, which can result in reduced riding comfort and increased component strain. This excitation depends on the state of the tracks and the track substructure. State of the art are special measuring vehicles, which record the excitation spectrum along the route for subsequent analysis. The disadvantage of this procedure is that the measuring vehicle represents a completely different load condition for the tracks and the track substructure. The measured excitation spectrum is therefore only an approximation of the real situation. Moreover, the problem analysis is complicated by the fact that the measuring vehicle has a completely different vibration characteristic than the actually used railway vehicle. The aim of this thesis was therefore to develop a measuring system that can be installed on demand in the actually used railway vehicle. To be useful during normal passenger operation, the measuring system has to be based on radio technology. The reason for this is, that the movement of the passengers should not be impaired by cabling. Moreover, the time required for the installation of the system should be as low as possible. In this work, a measuring system was developed, which utilizes distributed measuring nodes. The nodes are placed strategically near or at the intended measuring points and communicate via a radio based mesh network (ZigBee). The whole system is controlled by commands sent over this wireless connection. In addition to starting and stopping the recording, the measurement channels can be configured (gain, sampling rate, etc.) and the data of a single measurement channel can be streamed for live viewing. Measurement data is stored locally on SDHC cards. This enables the use of low energy, low bandwidth wireless technology and eliminates the risk of data loss due to electromagnetic interference. The use of components with low energy requirements permits the autonomous operation of the system with batteries. Typically the nodes will be powered using the on board power supply system (24 V) of the vehicle. After completion of the measurement the recorded data can be extracted by removing the SDHC cards. The concept developed and tested in this work is not limited for use in railway vehicles due to its flexibility and performance. It may be used to advantage in a variety of test and measurement tasks.