Sausgruber, J. T. (2010). Ingenieurgeologische und geotechnische Untersuchungen von Massenbewegungen im Gebiet des Bunzkögeles bei Matrei in Osttirol [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://resolver.obvsg.at/urn:nbn:at:at-ubtuw:1-39630
Der Südhang des Bunzkögeles bei Matrei in Osttirol, Österreich, stellt eine tiefgreifende Hangbewegung mit einem Volumen von etwa einem Kubikkilometer dar. Er wird aus einer Serie geringfester Kalkphyllite bis -glimmerschiefer der Bündner Schiefer Gruppe aufgebaut. Im Zuge der verschiedenen alpinen Gebirgsbildungsphasen erlitten die ehemals im penninischen Raum abgelagerten Sedimente eine intensive tektonische Beanspruchung und wurden metamorph überprägt. Die Hauptstruktur des Gebirges bildet die mit 60° nach Süden einfallende Schieferung. Sie folgt dem ursprünglichen Lagenbau der Sedimente und unterteilt den Hang, idealisiert betrachtet, in ein Set von tafelförmigen Kluftkörpern.<br />ZISCHINSKY (1966b), der die Lokalität Bunzkögele in den 60er Jahren eingehend untersuchte, kam aufgrund des Fehlens einer basalen Gleitfläche zum Schluss, dass sich der Hang, makroskopisch betrachtet, quasi bruchlos, d.h. fließend verformt. Aus theoretischen Überlegungen, in Analogie zur Mechanik von Gletschereis, leitete er ein viskoplastisches Modellverhalten ab und bezeichnete diesen Typ von Massenbewegung als "Sackung".<br />Für die numerische Modellierung des Hangversagens wurde der Hang struktur- und ingenieurgeologisch neu kartiert und untersucht. Dabei haben sich einige interessante, bisher nicht bekannte Aspekte zur Mechanik der Hangbewegung ergeben. Das Versagen wird maßgeblich von den mit 60° nach Süden einfallenden Schieferungsflächen bestimmt. Es beginnt mit einem Scherversagen entlang der Schieferungsflächen, was zur Bildung von Geländestufen im Oberhang und zu einer S-förmigen Deformation der Gesteinslamellen im Inneren des Berges führt. Am Unterhang tritt ein Biegekippen auf. Die Deformation beinhaltet einerseits ein Gleiten entlang der Schieferungsflächen, andererseits aber auch das spröde Zerbrechen des Gesteins innerhalb einer breiten Zone. Eine diskrete Gleitfläche an der Basis ist daher nicht ausgebildet. Mechanisch betrachtet bildet die S-förmige, durch scharfe Knicke gekennzeichnete Struktur der Gesteinslamellen (Knickfalte) nichts anderes als eine großdimensionale, breite Scherzone.<br />Der beschriebene Versagensmechanismus wurde mit dem Programm UDEC unter Verwendung des MOHR-COULOMB Bruchkriteriums bei elastoplastischem Verhalten für Material und Trennflächen modelliert. Die Modellierung zeigt das beschriebene komplexe Versagen von Gestein und Schieferungsflächen unter Ausbildung der S-förmigen Deformation der Gesteinslamellen. Die starke Dehnung der Gesteinslamellendicke in den numerischen Berechnungen weist auf eine ausgeprägte Gebirgsdilatanz hin.<br />Eine Parameterstudie hat ergeben, dass Ähnlichkeiten einerseits zum Biegekippen, andererseits aber auch zum Hangkriechen bestehen. Keiner der beiden genannten Mechanismen kann aber das Versagen am Bunzkögele treffend beschreiben. Der wesentliche und bedeutende Unterschied besteht darin, dass ein Zugversagen im Oberhang fehlt. Grund dafür ist die spezielle Orientierung der Schieferungsflächen, die ein Scherversagen entlang dieser Flächen vorgibt. Ein kontinuumsmechanischer Ansatz zur Beschreibung der Mechanik, wie von ZISCHINSKY (1966b) vorgeschlagen, ist daher nicht geeignet, um das angetroffene Deformationsbild des Böschungskörpers mechanisch richtig zu erklären. Sein Ansatz ergibt aus heutiger Sicht ein Hangkriechen mit typischem Zugversagen am Oberhang der Massenbewegung.<br />Es wird vorgeschlagen, den Mechanismus im Sinne von KIEFFER (1998) als "Knickbandsackung", die durch ein "Absacken" respektive ein Abschieben von Gesteinslamellen im Oberhang und die Ausbildung einer Knickfalte beziehungsweise einer breiten Scherzone gekennzeichnet ist, zu bezeichnen.
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The mountain Bunzkoegele, which is located northeast of the village Matrei, Eastern Tyrol, Austria, represents an ancient deep-seated landslide with a total volume of approximately one cubic kilometre. The southern slope is composed of a series of weak rock containing mainly calcareous phyllites and schists of the Buendner-Schiefer-Group. Originally these rocks belonged to sediments which were deposited in the realm of the South Penninic Ocean and became intensively folded and faulted as well as metamorphous during the Alpine orogeny. The main structure today is the 60° southward dipping schistosity forming parallel rock lamellae. The site was investigated in the 60ies by ZISCHINSKY (1966b), who proposed a viscoplastic behaviour of the whole rock mass involved, similar to that of ice, due to his field observations lacking a basal shear zone. He called this type of mass movement "Sackung" (sagging).<br />A reinvestigation of the location using modern structural and engineering geology methods has brought some new, interesting, insights into the mechanics. The gravity-driven failure mechanism is controlled by the 60° southward dipping schistosity planes. Once the failure along these planes is initiated, morphological head scarps due to normal faulting are being produced. Simultaneously the rock lamellae begin to form kink-bands, i.e. S-shaped deformation of the lamellae in deeper parts of the mountain. The mountain's toe, however, shows flexural toppling. The kink-bands represent a wide, triangle shaped failure zone where the rock undergoes distinct brittle deformation. Therefore the failure mechanism is a combination of sliding along the planes of weakness, representing the schistosity planes, and of breaking rock material, especially within the kink-bands, accompanied by a strong dilatancy.<br />The landslide behaviour was modelled by the numerical program UDEC 4.0 (Universal Distinct Element Code) from the Itasca Consulting Group. In order to model the failure and post yield behaviour of the rock the Mohr-Coulomb failure criterion and an elastoplastic material behaviour were chosen. For the joints the Coulomb slip model was applied. The model has confirmed the observed complex failure mechanism based on the slipping of joints and the yielding of rock. A parameter study has proved that the mechanism bears similarities not only to slope creep but also to flexural toppling. The main difference to the mentioned mechanisms is that no tensile failure appears on top of the landslide.<br />This is due to the specific orientation of the schistosity planes, which allows shear failure to occur. With reference to ZISCHINSKY (1966b), who described the slope failure behaviour by means of a viscoplastic model, the numeric modelling clearly shows that ZISCHINSKYS model is not able to describe the mechanic behaviour of the mass movement properly. In the case of viscoplasticity, slope creep with tensile failure at the landslide's head occurs. This explains the failure mechanism according to KIEFFER (1998) and his terminology "kink-band sagging", which takes the schistosity planes of the rock mass into account. This special failure results in a combination of sagging at the slope's head, due to normal faulting, and the formation of a kink-band-fold, namely a broad shear zone, deeper within.<br />