Rischanek, A. O. (2023). Normierung und Regelwerke in der Lehmbaupraxis [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2023.109922
E251 - Institut für Kunstgeschichte, Bauforschung und Denkmalpflege
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Date (published):
2023
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Number of Pages:
359
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Keywords:
Normierung; Regelwerke; Lehmbau
de
Standardization; Regulations; Earth Building
en
Abstract:
Dem wohl ältesten Baustoff, der bis heute noch weltweit zur Anwendung gelangt, wird immer wieder vorgeworfen, dass seit Aufzeichnungsbeginn von Bauvorschriften es zum einen für diesen keine historisch belegbaren schriftliche Quellen existieren und zum anderen bis heute dieses Fehlen an normativen Regelungen eine gravierende Hürde für Baugenehmigungen speziell im öffentlichen Bereich darstellt. Es handelt sich dabei um das Baumaterial Lehm. Dieser ist weltweit so gut wie überall vorhanden und zeichnet sich bei seiner Anwendung über dessen kompletten Lebenszyklus als höchst nachhaltig aus im Sinne der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit und ist in seiner Ausführung einfach und universal anwendbar.Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher zunächst im ersten Teil der Nachweis erbracht, dass sehr wohl eine erstaunliche Anzahl von teils sehr alten dokumentierten Quellen über den Lehmbau vorhanden ist. Denn schon ab dem Neolithikum konnte über die Untersuchung von alten Keilschriften nachgewiesen werden, dass man sich bereits Gedanken über eine optimierte Bauausführung von Lehmziegeln machte. Später lässt sich aus der Hochkultur der Ägypter über Hieroglyphen das damalige Wissen der Ägypter zur Lehmziegelherstellung nachvollziehen. Die Aufzeichnungen römischer Gelehrter liefern wiederum nicht nur einen umfangreichen Einblick zum Stand des Bauwissens zur Zeit der Römer, sondern auch über die hellenistische Baukultur. Denn deren Bücher verweisen immer wieder auf Publikationen griechischer Architekten. Und gerade ab der Spätantike und dem Mittelalter wurden diese römischen Texte immer wieder aufgegriffen und später auch vom Latein in die verschiedenen Landessprachen übersetzt. Ab den 16. Jahrhundert bedeutete die nun wieder stärker einsetzende Bautätigkeit in Europa, dass es notwendig wurde, für den Baubereich Vorschriften bzw. Baugesetze zu erlassen. Dies betraf zunächst vor allem den gebrannten Ziegel betreffend Abmessungen, Qualität und Kennzeichnung und später gab es immer wieder Angaben auch für das Bauen mit Lehm. Doch nicht nur in Baugesetzen wurden Anforderungen für den Lehmbau beschrieben, sondern auch in technischen Fachbüchern setzte eine rege Publikationstätigkeit über die unterschiedlichen Lehmbautechniken ein. Die ersten österreichischen Landesbauordnungen nach 1848 enthielten dann noch genauere Angaben über den Lehmbau, die teilweise bis 1976 ihre Gültigkeit hatten. Es kann also mit Recht festgehalten werden, dass die Techniken für das Bauen mit Lehm seit Beginn der ersten Niederschriften zum Bauwesen stets mitberücksichtigt wurden, was durch umfangreiche historische Dokumente belegt ist.KURZFASSUNGSeite | 4KurzfassungDer zweite Teil der vorliegenden Arbeit behandelt den heutigen Stand über Normen bzw. Regelwerken zum Lehmbau. Dabei wurde als erster Schritt eine Zusammenstellung sämtlicher derzeit weltweit gültiger Lehmbaunormen vorgenommen. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in dieser Arbeit unter Lehmbau immer jener Baulehm verstanden wird, der wenn überhaupt nur mit organischen oder natürlichen mineralischen Zusatzstoffen ergänzt wird und dessen alleiniges Bindemittel Ton darstellt. Anschließend wurden diese Normen auf dessen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiedlichkeiten in Hinblick auf Anforderungen an das Material, Planung und Ausführung überprüft. Neben diesen Lehmbaunormen wurden parallel zusätzlich noch die in Österreich derzeit gültigen fachverwandten Baunormen, die für den Lehmbau relevant sind, mitbetrachtet. Ziel dieser Analyse war es, festzustellen, ob es Sinn macht, einen einheitlichen weltweit gültigen Standard zum Lehmbau zu verfassen. Es zeigte sich dabei, dass große Überschneidungen zu den wesentlichen Anforderungen zur Planung und Ausführung von Lehmbauwerken durchaus vorhanden sind. Unterschiede ergaben sich lediglich auf Grund regionaler, klimatischer Bedingungen sowie Anforderungen an erdbebensicheres Bauen. Damit kann festgehalten werden, dass unter Berücksichtigung dieser regionalen Spezifikationen es durchaus interessant wäre, ein einheitliches weltweit gültiges Rahmenwerk für den Lehmbau zu erstellen.Im abschließenden dritten Teil dieser Arbeit wurde deshalb auf Basis der durchgeführten Normenanalyse ein „Normen-Leitfaden“ und ein „Normenvorschlag“ für den Lehmbau zu den Themenbereichen Materialien, Planung und Ausführung erstellt. Der „Normen-Leitfaden“ ist dabei eine Normenliste zu den bereits vorhandenen Baunormen, die auch für den Lehmbau ihre Gültigkeit aufweisen. Diese vorhandenen fachverwandten Normen zeigen klar, dass für den Lehmbau bereits sehr viele normative Grundlagen vorhanden sind. Was fehlt ist ein Verbindungsglied zu diesen Normen mit ergänzenden, für den Lehmbau spezifischen Anforderungen, um so endgültig die normative Lücke eines Regelwerkes für den Lehmbau zu schließen. Der abschließend verfasste „Normenvorschlag“ für den Lehmbau versucht genau dieser Anforderung gerecht zu werden.
de
Probably the oldest building material, which is still used worldwide today, is repeatedly accused of the fact that, on the one hand, there have been no historically verifiable written sources for it since building regulations began to be recorded and, on the other hand, this lack of normative regulations is a serious hurdle for building permits to this day especially in public areas. It is the building material clay. This is available almost everywhere in the world and, when used over its entire life cycle, is characterized as being highly sustainable in terms of ecological, economic and social sustainability and its execution is simple and universally applicable.In this work, the first part is about the proof that there is indeed an astonishing number of partly very old, documented sources about earth building. Because already from the Neolithic it could be proven through the examination of old cuneiform scripts that one was already thinking about an optimized construction of adobe. Later, from the high culture of the Egyptians, hieroglyphs show the ancient knowledge of the Egyptians for producing adobe. The notes of Roman scholars not only provide a comprehensive insight into the state of building knowledge at the time of the Romans, but also about the Hellenistic building culture. Because their books repeatedly refer to publications by Greek architects. From late antiquity and the Middle Ages, these roman texts were taken up again and again and later also translated from Latin into the various national languages. From the 16th century onwards, building activity in Europe, which began again more strongly, meant that it became necessary to issue regulations for the building sector. Initially, this mainly affected fired bricks in terms of dimensions, quality and labeling and later there were also references to building with earth. However, requirements for earth building were not only described in building laws, but also in technical books there was a lively publication activity on the different earth building techniques. The first Austrian building regulations after 1848 then contained more detailed information on earth buildings, which were valid till 1976. So it can rightly be stated that the techniques for building with earth have always been taken into account since the beginning of the first writing on the building, which is proven by extensive historical documents.The second part of the present work deals about the current status of standards and regulations for earth building. As a first step, all earth building standards currently valid worldwide were compiled. In this context, it should be noted that in this thesis earth building is always understood to be that building earth that is only supplemented with organic or natural mineral additives and whose onlySeite | 6Abstractbinding agent is clay. These standards were then checked for their similarities or differences in terms of requirements for the material, planning and execution. In addition to these earth building standards, the related building standards currently valid in Austria that are relevant for earth building were also considered. The aim of this analysis was to determine whether it makes sense to write a uniform global standard for earth building. It showed that there are large overlaps with the essential requirements for planning and executing of earthen structures. The only differences arose due to regional, climatic conditions and requirements for earthquake-proof construction. It can thus be stated that, taking these regional specifications into account, it would be quite interesting to create a uniform global framework for earth building.In the closing third part of this work based on the standards analysis a "Normen-Leitfaden" and a " Normenvorschlag " for earth building on the topic of materials, planning and execution were created. The “Normen-Leitfaden” contains a list of standards for the existing building standards that are also valid for earth building. These existing related standards show very good that there are already a lot of normative bases for earth building. What is missing is a link to these standards with additional requirements specific to earth building in order to finally close the normative gap in a set of rules for earth constructions. The proposed standard for earth building tries to meet precisely this requirement.
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Zusammenfassung in englischer Sprache Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers