Preh, A., & Poisel, R. (2022, May 6). Klassifizierung von Massenbewegungen und Typisierung sowie Prognosen von Verschiebungsverläufen [Conference Presentation]. 16. TIROLER GEOTECHNIKTAG NATURGEFAHREN, Insbruck, Austria.
Klassifizierung von Massenbewegungen; Ablösemechanismen; Auslaufmechanismen; Prognose von Verschiebungsverläufen
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Abstract:
Abgesehen von Hängen, in denen es z.B. nicht zur Bildung von durchgehenden Scherbrüchen und damit nicht zur vollständigen Ablösung von Locker- oder Festgesteinsmassen kommt, bestehen Massenbewegungen aus dem Ablöse- und dem darauffolgenden Auslaufprozess. Der Ablösemechanismus ist ein mehr oder weniger „statischer“ Prozess, der z.B. vorgibt, welche physikalische Größe wo beobachtet werden muss, um Annäherungen an kritische Zustände zu erkennen, oder welche Masse sich mit welcher Wahrscheinlichkeit ablösen wird. Diese Mechanismen (z.B. Translationsgleiten von Blöcken, Kippen von Kluftkörpern) können meist mit Grenzgleichgewichtsbetrachtungen oder numerischen Verfahren beschrieben werden.
Die Ablösung von Locker- oder Festgesteinsmassen kann zu den dynamischen Prozessen
• Fallen, Springen und Rollen von Blöcken,
• Gleiten von Blöcken,
• Massenstrom von kohäsionslosen Gemengen aus Gesteinsfragmenten, Luft, Staub und Wasser (z.B. Felslawine, Mure),
• Erdstrom aus überwiegend kohäsivem, feinkörnigem Lockergestein in plastischem bis flüssigem Zustand,
• Auseinanderdriften von kompetenten Blöcken aus kohäsivem Lockergestein oder aus Fels auf einem inkompetenten Sockel
führen. Diese Auslaufmechanismen bestimmen die Geschwindigkeit und die Ausbreitung der abgelösten Masse und in weiterer Folge welchen Schaden sie eventuell verursachen wird.
Die Einteilungen in einzelne Ablöse- und Auslaufvorgänge erfolgen ausschließlich nach dem physikalischen Prozess und nach dem daraus folgenden mechanischen Modell.
Vorhersagen von Verschiebungsverläufen dienen z.B. dazu, instabile Entwicklungen vorherzusehen und Warnwerte festzulegen. Dies stellt in den meisten Fällen eine besondere Herausforderung dar, weil jede Massenbewegung als Individuum zu betrachten ist, das von zahlreichen Faktoren in unterschiedlichem Ausmaß beeinflusst wird. Ein Beispiel dafür sind Massenbewegungen in geringer Seehöhe. Fallstudien zeigen, dass in geringer Seehöhe während der Winterzeit die Verschiebungsgeschwindigkeiten wesentlich größer sind als im Sommer. Bei Massenbewegungen in größerer Seehöhe ist es umgekehrt.
Die Ursachen dafür können sein:
• Reduzierte Evapotranspiration,
• Zufrieren von vernässten Zonen und/oder Quellen, dadurch Schaffung einer dichten Oberfläche.
Beide Ursachen führen zu einer Anhebung des Grundwasserspiegels und damit zu größeren Verschiebungsgeschwindigkeiten im Winter. Beobachtungen einer Großhangbewegung zeigen, dass in Wintern mit einer Durchschnittstemperatur von oder unter 0°C die Verschiebungsgeschwindigkeiten deutlich größer sind als in Wintern mit einer Durchschnittstemperatur über 0°C.
Effekte wie dieser machen verlässliche Vorhersagen von Massenbewegungen erst nach einer gewissen Beobachtungszeit möglich, in der das individuelle Verhalten und die besonderen Einflussfaktoren z.B. einer Großhangbewegung erkannt werden können. Das Festlegen von Alarmwerten ohne eine vorlaufende Beobachtung z.B. einer Felswand oder einer künstlich hergestellten Böschung grenzt daher an Wahrsagerei. Solcherart festgelegte Alarmwerte müssen durch eine intensive Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens bestätigt und so weit wie möglich verringert werden, um die Gefährdung von Menschenleben und Sachwerten auf akzeptable Werte zu reduzieren.
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Research Areas:
Beyond TUW-research foci: 50% Modeling and Simulation: 50%