Zementgebundene Materialien weisen unter Zugbeanspruchung ein sprödes Verhalten auf. Das bedeutet, die Materialien bleiben solange intakt, bis die maximale Zugbeanspruchung die jeweilige Zugfestigkeit erreicht. Anschließend versagt ein zementgebundenes Material durch sprödes Risswachstum, wobei sich eine dreidimensionale Schädigungsakkumulationszone ausbildet, in der größere Risse mit zahlreichen Mikrorissen interagieren.
In der vorliegenden Diplomarbeit wird das mechanische Entfestigungsverhalten von Schädigungsakkumulationszonen mit Hilfe der Kontinuumsmikromechanik modelliert. Zu diesem Zweck werden rissgeschädigte Mörtel und Betone als Verbundbaustoffe idealisiert, deren Mikrostruktur aus einem homogenen Matrixmaterial und darin eingebetteten Einschlüssen besteht. Die Matrix weist homogenisierte Eigenschaften von ungerissenem Mörtel bzw. Beton auf. Einschlüsse werden in Form von parallelen Rissen berücksichtigt, die miteinander interagieren. Als Zustandsgröße für die Schädigung wird der dimensionslose Rissdichteparameter von Budiansky und O'Connell verwendet. Die Homogenisierung der (geschädigten) elastischen Steifigkeit erfolgt mit Hilfe des so-genannten Mori-Tanaka Schemas.
Schließlich wird ein thermodynamisch fundiertes Kriterium für die Schädigungsentwicklung verwendet, das auf einem Mode I Rissausbreitungsgesetz der linear-elastischen Bruchmechanik basiert.
Zuerst wird die Beziehung zwischen abnehmender Steifigkeit und abnehmender Festigkeit in einer Schädigungsakkumulationszone sowohl qualitativ als auch quantitativ bestimmt. Dazu dienen Messdaten aus direkten Zugversuchen an taillierten Betonprobekörpern mit fünf verschieden Größen, siehe (Van Vliet und Van Mier, 1999). Die realen geometrischen Formen der messtechnisch erfassten mittleren Bereiche der Probekörper werden zu Quadern idealisiert. Zur Beschreibung der gemessenen Materialentfestigung werden die Quader gedanklich in eine Schädigungsakkumulationszone und in einen Bereich mit ungeschädigtem Material unterteilt. Im Einklang mit facheinschlägigen Beobachtungen wird dabei die Größe der Schädigungsakkumulationszone in Rissöffnungsrichtung gleich dem Dreifachen des Größtkorndurchmessers gesetzt. Damit kann das Spannung-Dehnungs-Verhalten der Schädigungsakkumulationszone aus experimentellen Messdaten rückbestimmt werden. Die identifizierte Ausgangsfestigkeit sinkt mit zunehmender Größe des Probekörpers, was mit Hilfe eines Weibull'schen Größeneffekts erkärt werden kann: Je größer das Volumen eines Probekörpers ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein größer Materialdefekt bereits von Anfang an auf der Mikrostruktur existiert, und desto kleiner ist die Ausgangsfestigkeit. Dieses größenabhängige Verhalten wirkt sich aber nur ganz zu Beginn des Entfestigungsbereichs aus, denn im Anschluss daran liegt größenunabhängiges und somit Material-spezifisches Entfestigungsverhalten vor. Ausgehend vom ermittelten Spannung-Dehnungs-Verhalten der Schädigungsakkumulationszone wird weiters ein Schädigungsevolutionsgesetz identifiziert. Es stellt eine lineare Beziehung zwischen dem (steifigkeitsbezogenen) Rissdichteparameter und der (festigkeitsbezogenen) charakteristischen Rissgröße dar.
Die Vorhersageeigenschaften des beschriebenen Modells werden einem kritischen Test unterzogen. Das erfolgt im Rahmen des Vergleichs von Modellprognosen mit Messdaten von indirekten Zugversuchen (so genannten Drei-Punkt-Biegeversuchen) an gekerbten Mörtelbalken mit drei verschiedenen Größen, siehe (Le Bellego et al., 2000). Die Simulation des nichtlinearen Strukturproblems erfolgt mit Hilfe der Methode der Finite Elemente und einer sequentiellen linear-elastischen Simulationsstrategie, siehe (Rots et al., 2008). Wie zuvor wird die Größe der Schädigungsakkumulationszone in Rissöffnungsrichtung gleich dem Dreifachen des Größtkorndurchmessers gesetzt. Die Abhängigkeit der Materialfestigkeit von der Probekörpergröße wird wieder mit Hilfe des genannten Weibull'schen Gesetzes beschrieben.
Zwei Modellparameter können dennoch nicht a priori vorausgesagt werden:
die Mörtel-Zugfestigkeit der mittleren Balkengröße und der Proportionalitätsfaktor zwischen dem Rissdichteparameter und der charakteristischen Rissgröße. Diese Parameter werden so identifiziert, dass die erhaltenen Simulationsergebnisse die Messdaten so gut wie möglich reproduziert. Anpassen der zwei genannten Eingabewerte erlaubt die zufriedenstellende Simulation der gemessenen Kraft-Verschiebungs-Diagramme für alle drei Balkengrößen. Das unterstreicht das Potential des mikromechanischen Modells für die Untersuchung von zug-induzierten Schädigungsakkumulationszonen in Strukturen, die aus zementgebundenen Materialien hergestellt sind.
Cementitious materials subjected to tensile loading exhibit brittle behavior, i.e. the materials remain intact as long as the maximum tensile stress is smaller than the tensile strength, and once the latter is reached, the materials fails by the progressive accumulation of damage in form of cracking. In a structure made up from a cementitious material, tension-induced damage localizes in narrow damage accumulation zones, in which larger defects interact with small microcracks.
The mechanical behavior of damage accumulation zones is modeled based on a micromechanics-inspired approach. To this end, cementitious materials are envisioned to exhibit a matrix-inclusion morphology, with a matrix made up from the sane cementitious material and inclusions in form of interacting, parallel microcracks. As a dimensionless state variable for damage, Budiansky and O'Connell's crack density parameter is employed.
As for homogenization of the (damaged) elastic stiffness, the matrix-inclusion morphology-related Mori-Tanaka scheme is taken from continuum micromechanics. Finally, a thermodynamics-based criterion for onset of damage evolution is employed, resting on a mode I crack propagation criterion taken from Linear Elastic Fracture Mechanics.
In order to identify qualitative and quantitative aspects of the relationship between decreasing stiffness and decreasing strength, the post-peak regime of direct tension tests on dog-bone shaped concrete specimens with five different sizes (taken from the open literature) are re-analyzed. The central parts of these specimens are modeled as rectangular prisms. In the post-peak regime, they are subdivided into two subdomains: one, in which the material remains intact, and a second, in which damage localizes. Thereby, the width of the damage accumulation zone (measured in the crack opening displacement direction) is set equal to three times the maximum aggregate size. The re-analysis allows for extracting a stress-strain behavior of the damage accumulation zones, exhibiting a Weibull-type size-effect close to the peak load, but size-independent and, hence, material-intrinsic softening later in the softening regime. From the extracted stress-strain behavior, a damage evolution law is identified, representing a simple linear relationship between the (stiffness-related) crack density parameter and the (strength-related) characteristic crack size.
In order to assess the predictive capabilities of the micromechanics-inspired approach, the model is applied to the re-analysis of three-point bending experiments (taken from the open literature), involving notched mortar beams of three different sizes.
The nonlinear Finite Element analyses are based on a sequential linear-elastic solution strategy taken from the open literature. Again, the width of the damage accumulation zone is set equal to three times the maximum aggregate size. Also, the Weibull-type size-effect law is used to deal with the different specimen sizes. Lack of quantitative knowledge on the mechanical behavior of mortar raises the need to fit two numerical input values: the tensile strength of the mortar building up the medium-sized specimen, and the proportionality factor between the crack density parameter and the characteristic crack size. Fitting of these two numerical inputs allows for a very satisfactory reproduction of measured force-deflection diagrams, underlining the potential of the micromechanics-inspired model for the analysis of structures made up of cementitious materials exhibition tensile softening in damage accumulation zones.