Willburger, H. (2007). Adaptive myo-signal processing for multidimensional prosthesis control [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. http://hdl.handle.net/20.500.12708/179480
Elektrisch betriebene Hand- und Armprothesen stellen für viele Personen mit Amputationen oder angeborenen Fehlbildungen der oberen Extremitäten eine große Hilfe bei täglichen Aktivitäten dar. Zur Steuerung solcher Prothesen wird hauptsächlich das Elektromyogramm (sEMG) herangezogen, da es problemlos mit Elektroden auf der Haut abgeleitet werden kann. Ein chirurgischer Eingriff ist dazu nicht erforderlich. Eine weit verbreitete Methode ist die Verwendung der sEMG-Signalstärke zur proportionalen Steuerung einfacher Prothesen mit ein bis maximal zwei Motoren. Komplexere Handprothesen, die beispielsweise unterschiedliche Greifbewegungen durchführen können, lassen sich damit nicht steuern. Neue Ansätze müssen dafür gefunden werden.<br />Ein möglicher Ansatz zur Steuerung von Prothesen mit mehreren Freiheitsgraden besteht in der Einbeziehung der noch vorhandenen Beweglichkeit des Amputationsstumpfes. Unterschiedliche Bewegungen sollen als Kommandos an die Prothese eingesetzt werden. Elektroden an der Hautoberfläche leiten die zugehörigen sEMGSignale ab.<br />Charakteristische Eigenschaften der Signale, die einen Rückschluss auf die zugrundeliegende Bewegung zulassen, werden extrahiert und von einem Klassifizierer in ein Kommando an die Prothese übersetzt. Bisher sind Lösungen nach diesem Ansatz in keinem kommerziellen Produkt zu finden.<br />Eine Ursache dafür ist unter anderem die unzureichende Zuverlässigkeit, die für einen problemlosen Einsatz unerlässlich ist.<br />Diese Arbeit hat ihren Schwerpunkt demzufolge auf der Klassifizierungssicherheit. Dabei werden drei Teilbereiche dieses Ansatzes untersucht: Die sEMG-Abnahme, die Zusammensetzung eines Ensembles von Signaleigenschaften, und die Auswahl eines geeigneten Klassifizierers. Signaleigenschaften im Zeit- und Frequenzbereich werden in Bezug auf deren Klassifizierbarkeit beurteilt. Der Einfluss verschiedener Parameter dieser Eigenschaften wird untersucht und empirisch optimiert. Unterschiedliche Elektrodenkonfigurationen werden im Zusammenhang mit unterschiedlichen Algorithmen verglichen.<br />Ein neuer Typ von Eigenschaften basierend auf Ausbreitungsmustern des Elektromyogramms wird vorgestellt. Lineare Elektroden leiten das Elektromyogramm entlang der Muskelfasern ab, die Eigenschaften werden dann aus der Beziehung benachbarter Kanäle zueinander berechnet. Nach Meinung des Autors sind bisher keine Lösungen, die diesen Ansatz verfolgen, bekannt. Die Klassifizierbarkeit dieser ausbreitungsbasierten Eigenschaften wird mit jener bekannter Eigenschaften verglichen.<br />Ensembles mit guter Klassifizierbarkeit werden zusammengestellt. Dabei bilden Daten aufgenommen von Personen mit transradialen Amputationen die Grundlage für alle Analysen und Vergleiche. Personen mit transradialen Amputationen zeigen unter schiedlichere Voraussetzungen als jene mit gesunden Unterarmen.<br />"Kernel Machines" werden in der Anwendung zur sEMG-Klassifizierung vorgestellt. Ihre Lernergebnisse sind in mehrerer Hinsicht jener der künstlichen neuronaler Netze überlegen.<br />Als Ergebnis dieser Arbeit wurde eine neue Methode zur Steuerung von Unterarmprothesen entwickelt, die auf überraschend gute Benutzerakzeptanz stößt, da der mentale Aufwand zur Prothesensteuerung beträchtlich gesenkt werden konnte. Die Wahrscheinlichkeit einer unbeabsichtigten Prothesenbewegung wurde erheblich reduziert.<br />Ein Prototyp auf Basis eines Digitalen Signalprozessors (DSP) wurde aufgebaut, der in der Lage ist die vorgeschlagenen Algorithmen in Echtzeit zu verarbeiten. Ein internationales Patent wurde angemeldet.<br />
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Electrically driven prosthetic hands and arms are of immense help in everyday activities for many individuals with amputations or congenitally deficient upper limbs. Surface Electromyographic (sEMG) signals are key sources for the retrieval of control information since they are easily acquired by surface electrodes without the need for surgery. Control schemes based on the sEMG signal strength are widely used in conjunction with prosthetic hands that allow simple gripping tasks. Complex prosthetic hands that perform different types of grip cannot be controlled using these schemes. New approaches have to be found. A possible approach to control multidimensional hand prosthesis is to use the remaining motility of the amputee to form commands. Electrodes located at the amputees stump pick up the associated sEMG signal.<br />Characteristic features are extracted by a signal processing stage and then distinguished by a classifier. Up to now such an approach cannot be found in commercially available products. A major issue is the classification error, which is to be reduced to gain user acceptance. This work mainly focuses on improving the classification performance by highlighting three basic entities of this concept, the sEMG signal acquisition, the assembly of a feature set and the selection of a classifier. Features in the time-domain and in the frequency domain are compared and evaluated in terms of their classification performance. The influence of parameters are empirically analyzed, optimal values are identified. Different electrode configurations are evaluated in conjunction with these feature extraction algorithms.<br />A new type of features based on propagation properties of sEMG components is introduced. These features are calculated from sEMG signals acquired from linear electrode arrays. In the authors opinion, this approach was neither previously used nor published by other researchers. Classification performance is assessed by a set of data originating from subjects with transradial amputations. Compared to healthy subjects, amputees show highly diverse preconditions. Features are arranged to sets that show good results for the majority of users.<br />Kernel machines are introduced as classifiers for sEMG signal feature sets. Their performance is superior in many aspects compared to artificial neural networks. As a result of this work, a new prosthesis control scheme with a surprisingly good user acceptance was developed as the mental effort for the user to control the prothesis is highly reduced. The likelihood to unintentionally trigger a wrong prosthesis movement is low.<br />An embedded prototype, that uses an Digital Signal Processor (DSP) capable of processing the proposed algorithms in real time, was implemented. An application for a international patent was filed.<br />