Bumberger, A. (2023). Defect Chemistry and Electrochemical Properties of Lithium-Ion Battery Cathode Materials [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2023.111391
Lithium-Ionen-Batterien (LIB) haben sich als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts etabliert und spielen aktuell eine zentrale Rolle in der rapide voranschreitenden Transformation der Autoindustrie. Auf elektrochemischer Ebene wird die Energiespeicherung in LIB durch Li-Interkalationsmaterialien bewerkstelligt, die eine wichtige Klasse ionisch-elektronischer Gemischtleiter (MIECs) darstellen. Beim Laden/Entladen der Batterie durchläuft ein solches Elektrodenmaterial ein breites Kontinuum thermodynamischer Zustände, die jeweils durch ein bestimmtes Elektrodenpotential, einen bestimmten Lithiumgehalt, und die entsprechenden elektrochemischen Materialeigenschaften gekennzeichnet sind. Um die Gesamtkinetik einer LIB-Elektrode genau zu verstehen, werden daher diese elektrochemischen Eigenschaften (Ladungstransferwiderstand, ionische und elektronische Leitfähigkeit, chemische Kapazität und chemischer Diffusionskoeffizient) in Abhängigkeit des Lithiumgehalts benötigt. Solche vollständigen Datensätze wurden bisher allerdings nur selten gemessen, und auch ihre defektchemische Interpretation ist nicht sehr verbreitet. In der vorliegenden Arbeit werden diese Defizite adressiert und der Grundstein für ein defektchemisches Verständnis von LIB-Kathodenmaterialien und ihren elektrochemischen Eigenschaften gelegt.Um einen Ausgangspunkt für die Bestimmung der Materialeigenschaften aus elektrochemischen Messungen zu schaffen, wird das Impedanzverhalten von MIECs basierend auf dem eindimensionalen Transmission-Line-Modell von Jamnik und Maier betrachtet. Die präsentierten Sichtweisen erleichtern das intuitive Verständnis aller MIEC-Impedanzspektren und bieten einen Ansatz zur Herleitung maßgeschneiderter Ersatzschaltbilder für verschiedenste Messsituationen. MIEC-Bauteile und -Messsituationen werden entsprechend der Art der Kontaktmaterialien als symmetrisch (Charakterisierung von Bulk-Eigenschaften), asymmetrisch (Festoxid-Brennstoffzellen (SOFCs)) oder antisymmetrisch (Batterien) klassifiziert. Je nach Randbedingung mündet die Transmission-Line in klassische Warburg-Elemente und ist damit auch mit dem in der Batterieforschung weitverbreiteten Randles' Circuit konsistent. Das Transmission-Line-Modell erlaubt zudem eine Erweiterung der Warburg-Elemente für MIECs mit ähnlicher ionischer und elektronischer Leitfähigkeit. Darüber hinaus wird gezeigt, dass ein Blockieren der Sauerstoffaustauschreaktion an der Oberfläche einer SOFC-Elektrode diese in eine Batterie-Elektrode verwandelt, und dass Nebenreaktionen in einer nicht-idealen Batterie mithilfe der Transmission-Line im Ersatzschaltbild berücksichtigt werden können.Als erstes Anwendungsbeispiel wird das Impedanzverhalten gesputterter Li1-δCoO2 Dünnschichten untersucht und daraus die elementaren Materialeigenschaften in Abhängigkeit des Ladezustands (SOC) gewonnen. Innerhalb des zugänglichen SOC-Bereichs ändern sich der Ladungstransferwiderstand sowie die ionische Leitfähigkeit um mehr als eine Größenordnung. Die aus Impedanzspektren abgeleitete chemische Kapazität stimmt mit der differenziellen Kapazität aus Lade-/Entladekurven sehr gut überein und entspricht im verdünnten Gebiet sogar den thermodynamisch berechneten Absolutwerten. Der Verlauf des chemischen Diffusionskoeffizienten entlang der Ladekurve wird in die separaten Beiträge aus ionischer Leitfähigkeit und chemischer Kapazität aufgetrennt. Schließlich wird ein defektchemisches Modell präsentiert, das die beobachteten Veränderungen ausgehend von der Lithiumaktivität und den einzelnen Punktdefektkonzentrationen erklärt. Die Übereinstimmung von Impedanzmessungen, Lade-/Entladekurven und thermodynamischer Theorie unterstreicht die Aussagekraft der chemischen Kapazität als zentrale Materialeigenschaft und die Relevanz defektchemischer Konzepte für alle Lithium-Interkalationselektroden.Im nächsten Schritt wird eine umfassende Impedanzstudie epitaktisch gesputterter Li2-δMn2O4 Dünnschichten als Funktion des Ladezustands für nahezu das gesamte \linebreak Tetraeder-Gebiet (1 ≤ δ ≤ 1.9) präsentiert und ein vollständiger Datensatz bestehend aus Ladungstransferwiderstand, ionischer Leitfähigkeit, chemischer Kapazität und chemischem Diffusionskoeffizienten abgeleitet. Die gemessenen Eigenschaften verändern sich um bis zu drei Größenordnungen und geben Aufschluss über die Einflüsse verschiedener Punktdefektkonzentrationen auf das Elektrodenpotential. In weiterer Folge wird ein defektchemisches Modell entwickelt, basierend auf einfachen Konzentrationsabhängigkeiten des chemischen Potentials von Li, unter Berücksichtigung der materialspezifischen tetra- und oktaedrischen Platzbeschränkungen. Die mithilfe des Defektmodells berechnete chemische Kapazität stimmt, bis auf das Zweiphasengebiet um 4.15 V gegen Li+/Li, mit den experimentellen Daten sowohl qualitativ als auch quantitativ hervorragend überein und kann generell für die defektchemische Analyse aller Spinell-Kathodenmaterialien eingesetzt werden.Abschließend wird das komplexe Zusammenspiel zwischen Lithium- und Sauerstoff- Nichtstöchiometrie in LIB-Kathodenmaterialien untersucht. Der Sauerstoff-Defizienzgrad δ in Hochvolt-Spinellen der chemischen Zusammensetzung LiNi0.5Mn1.5O4-δ (LNMO) beeinflusst maßgeblich die thermodynamischen und kinetischen Eigenschaften des Materials und letztlich auch das elektrochemische Verhalten der entsprechenden LIB. In diesem Teil wird eine umfassende defektchemische Analyse von LNMO-Dünnschichten mit Sauerstoff-Leerstellen-Konzentrationen von 2.4% und 0.53% präsentiert, mit einem besonderen Fokus auf dem Sauerstoff-Leerstellen-Gebiet um 4 V gegen Li+/Li. Ein Datensatz elektrochemischer Eigenschaften wird aus impedanzspektroskopischen Messungen in Abhängigkeit des Ladezustands für das gesamte Tetraeder-Gebiet (3.8 bis 4.9 V gegen Li+/Li) gewonnen. Daraus wird ein defektchemisches Modell (Brouwer-Diagramm) abgeleitet, das eine zusammenhängende Erklärung für alle wichtigen Veränderungen der elektrochemischen Eigenschaften und der Ladekurve liefert. Hochaufgelöste Messungen der chemischen Kapazität erlauben zudem eine Verfeinerung des Defektmodells im Sauerstoff-Leerstellen-Gebiet. Dadurch kann gezeigt werden, dass ein hoher Sauerstoff-Defizienzgrad nicht nur die Menge an redoxaktivem Mn3+/4+ beeinflusst, sondern darüber hinaus auch Elektronen-Trapping-Reaktionen in unmittelbarer Nähe einer Sauerstoff-Leerstelle begünstigt. Die daraus resultierende Stabilisierung von Mn3+ vermindert den Spannungsverlust im Sauerstoff-Leerstellen-Gebiet.
de
Lithium-ion batteries (LIBs) have emerged as one of the key technologies of the 21st century and are currently revolutionizing the automotive industry. On an electrochemical level, energy storage in LIBs is accomplished by lithium insertion materials, which represent an essential class of mixed ionic and electronic conductors (MIECs). During every charge-discharge cycle, a LIB electrode material evolves across a wide range of thermodynamic states, each being defined by a specific electrode potential, Li content, and a corresponding set of electrochemical properties. Thus, an accurate understanding of the overall electrode kinetics requires knowledge of the composition-dependent electrochemical material parameters, which consist of the interfacial charge-transfer resistance, the ionic and electronic conductivity, the chemical capacitance, and the chemical diffusion coefficient. However, complete sets of these properties are rarely reported as a function of state-of-charge (SOC). Moreover, the interpretation of these properties from a defect chemical point of view is not very common. This thesis addresses these shortcomings and lays the groundwork for a better defect chemical understanding of LIB cathode materials and their associated electrochemical properties.To provide a starting point for the extraction of these material properties from electrochemical measurements, we first revisit the impedance of MIECs based on the one-dimensional transmission line model proposed by Jamnik and Maier, aiming to improve the intuitive understanding of all MIEC impedance spectra and provide a practical approach for the derivation of tailored equivalent circuits for any specific experimental situation. MIEC devices and measurement setups are classified as symmetrical (setups for the characterization of bulk properties), asymmetrical (solid-oxide fuel cell (SOFC) electrodes), and antisymmetrical (battery electrodes) with respect to the ion and electron blocking behavior of the two contacts. For certain boundary conditions, the transmission line is consistent with classical Warburg elements and the intuitively constructed Randles' circuit, but it also provides an extension of these circuits for MIECs with similar ionic and electronic conductivities. Furthermore, we demonstrate how blocking the surface exchange reaction transforms an SOFC electrode into a battery electrode, and how a finite side-reaction resistance can be included in the impedance model of a non-ideal battery.As a first application example, the impedance of sputtered Li1-δCoO2 thin films is analyzed to extract the fundamental electrochemical properties as a function of SOC. Within the accessible SOC range, the charge-transfer resistance and ionic conductivity vary by more than one order of magnitude. The chemical capacitance determined from impedance spectra agrees excellently with the differential capacity from charge/discharge curves, and, in the dilute regime, even matches the absolute values predicted by defect thermodynamics. The evolution of the chemical lithium diffusivity along the charge curve is deconvoluted into the separate contributions of ionic conductivity and chemical capacitance. Finally, we apply the principles of defect chemistry to evaluate the observed trends in terms of lithium activity and point defect concentrations. The consistency of impedance measurements, cycling data, and thermodynamic theory highlights the key role of the chemical capacitance as a powerful material descriptor and emphasizes the relevance of defect chemical concepts for all lithium insertion electrode materials.In the next step, we report a comprehensive impedance study of sputter-deposited epitaxial Li2-δMn2O4 thin films as a function of SOC for almost the entire tetrahedral-site regime (1 ≤ δ ≤ 1.9) and provide a complete set of electrochemical properties, consisting of the charge-transfer resistance, ionic conductivity, volume-specific chemical capacitance, and chemical diffusivity. The obtained properties vary by up to three orders of magnitude and provide essential insights into the point defect concentration dependences of the overall electrode potential. We introduce a defect chemical model based on simple concentration dependences of the Li chemical potential, considering the tetrahedral and octahedral lattice site restrictions defined by the spinel crystal structure. The proposed model is in excellent qualitative and quantitative agreement with the experimental data, excluding the two-phase regime around 4.15 V versus Li+/Li, and is applicable to the defect chemical analysis of all spinel-type cathode materials.Finally, we consider the complex interplay of lithium and oxygen nonstoichiometry. The level of oxygen deficiency δ in high-voltage spinels of the composition LiNi0.5Mn1.5O4-δ (LNMO) significantly influences the thermodynamic and kinetic properties of the material, ultimately affecting the cell performance of the corresponding lithium-ion batteries. This study presents a comprehensive defect chemical analysis of LNMO thin films with oxygen vacancy concentrations of 2.4% and 0.53%, focusing particularly on the oxygen vacancy regime around 4 V versus Li+/Li. A set of electrochemical properties is extracted from impedance measurements as a function of SOC for the full tetrahedral-site regime (3.8 to 4.9 V versus Li+/Li). A defect chemical model (Brouwer diagram) is derived, providing a coherent explanation for all important trends of the electrochemical properties and charge curve. Highly resolved chemical capacitance measurements allow a refining of the defect model for the oxygen vacancy regime, showing that a high level of oxygen deficiency not only impacts the amount of redox active Mn3+/4+, but also promotes the trapping of electrons in proximity to an oxygen vacancy. The resulting stabilization of Mn3+ thereby mitigates the voltage reduction in the oxygen vacancy regime.
en
Additional information:
Arbeit an der Bibliothek noch nicht eingelangt - Daten nicht geprüft Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers