Bernsteiner, M. (2018). Experimentelle Untersuchungen zur Übertragung von Schubkräften über Rissreibung [Diploma Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2018.41686
Obwohl Stahlbeton als Konstruktionsbaustoff in der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken ist, konnte insbesondere das Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen ohne ausreichender Querkraftbewehrung bis heute noch nicht restlos geklärt werden. Auch wenn die für die Abtragung vorherrschenden Tragmechanismen allgemein bekannt sind, ist deren jeweiliger Anteil an der Gesamttragfähigkeit unter Forschenden umstritten. Grund dafür ist das komplexe Zusammenwirken dieser Traganteile, welche von vielen verschiedenen Parametern abhängen und sich mit dem fortschreitenden Rissverlauf im Beton durchgehend ändern. Deswegen basieren die zur Zeit vorhandenen Modellvorstellungen auf rein empirischen Formelapparaten mit nur teilweise mechanisch begründetem Hintergrund. Wünschenswert wäre die Erarbeitung eines weltweit anerkannten, mechanisch begründetem Modell zur Berechnung der Querkrafttragfähigkeit von Stahlbetonbauteilen ohne Querkraftbewehrung. Nach einer einleitenden Problemstellung, infolgedessen auch die Ziele dieser Diplomarbeit abgehandelt werden, sind im zweiten Kapitel die Erkenntnisse einer Literaturrecherche dargestellt. Dabei wird auf die verschiedenen Tragmechanismen und zu deren Beschreibung entwickelter Ansätze eingegangen. Des Weiteren werden vorhandene Modelle zur Berechnung der Gesamtquerkrafttragfähigkeit vorgestellt und darauf aufbauende Bemessungsmodelle verschiedener gängiger Normen diskutiert. Unter Anleitung von T. Huber wurden im Herbst 2015 insgesamt 15 „Push-Off“-Versuche und sieben Querkraftversuche am institutseigenen Labor durchgeführt und anschließend von Hackl in [2] beschrieben und ausgewertet. Dabei wurden neben der Rissreibung auch die Auswirkungen verschiedener Betonsorten und -güten untersucht und miteinander verglichen. Auch die Betondruckfestigkeit wurde variiert (40N/mm2 bzw. 60N/mm2). Diese Versuchsreihe wurde anschließend im Zuge dieser Arbeit um weitere sechs „Push-Off“- sowie drei Querkraftversuche erweitert und um die darin noch fehlenden Betonsorten DNC40 (Normalbeton aus kantkörnigem Zuschlag mit gebrochenem Dolomit) und QSCC40 (Selbst verdichtender Beton mit quarzitischem Sand als Zuschlag) ergänzt. Die Versuchsdurchführung, den Aufbau und das Messkonzept sind dabei in Kapitel drei beschrieben. Abschließend werden in Kapitel vier und fünf die erhaltenen Messergebnisse ausgewertet und mit vorhandenen Modellen verglichen. Dazu sind die Risskinematik und Schubspannungsverläufe der untersuchten „Push-Off“- Versuche einander gegenübergestellt und hinsichtlich etwaiger Einflüsse der variierten Parameter untersucht worden. Des Weiteren werden die erhaltenen Spannungsverläufe mit vorhandenen Rissreibungsmodellen nachgerechnet, um deren Unterschiede herauszuarbeiten und auf Plausibilität zu überprüfen. Zur Untersuchung der Querkraftversuche werden in einem ersten Schritt die erhaltenen Querkrafttragfähigkeiten mit vorhandenen Querkrafttragmodellen und Bemessungskonzepten verschiedener Normen verglichen. Anschließend werden für jeden Traglastmechanismus - bestehend aus Rissreibung, Dübelwirkung und den Schubspannungen der Rissprozesszone bzw. der Betondruckzone - eingangs in Kapitel zwei beschriebene Modelle einander gegenübergestellt. Daraus abgeleitet wird eine Modellkombination gefunden, welche die durchgeführten Querkraftversuche bestmöglich beschreibt, um die darin 4 herrschenden Traglastanteile zu untersuchen. Dabei stellt sich heraus, dass der Hauptanteil der Querkraft entweder von der Betondruckzone oder über die Rissreibung abgetragen wird. Im Verlauf dieser Arbeit hat sich herausgestellt, dass sich das photogrammetrische Messsystem sehr gut zur Versuchserfassung eignet, da dadurch die Veränderung des Rissbildes mit fortschreitender Lasteinleitung aufgenommen und ausgewertet werden kann. Es hat sich gezeigt, dass die Rissöffnung und Rissgleitung von der Rissneigung abhängt, welche wiederum einen positiven Einfluss auf die Größe der mittels Rissreibung über die Rissufer übertragbaren Schubspannungen hat. So konnten bei kleinen Rissneigungen verhältnismäßig große Rissöffnungen gemessen werden, während große Rissufersteigungen zu hohen Rissgleitungen und damit einhergehenden großen Schubspannungen führten. Des Weiteren hat sich das lineare Rissreibungsmodell des Model Code 2010 als gute Berechnungsmethode zur Abschätzung der über Rissreibung übertragbaren Schubspannungen herauskristallisiert, wodurch in Kombination mit dem Betondruckzonenmodell von Zink eine gute Übereinstimmung der berechneten Querkraftwiderstände mit den experimentell ermittelten Querkrafttragfähigkeiten erzielt werden konnte. Es werden jedoch in Zukunft weitere Versuche und darauf aufbauende Analysen nötig sein, da durch die deutliche Streuung der gemessenen Querkrafttragfähigkeiten keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden konnten. Außerdem könnten dadurch beobachtete Tendenzen bestätigt und ein Zusammenhang zwischen Betongüte und Querkrafttragverhalten deutlicher herausgearbeitet werden.
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Although reinforced concrete is the most commonly used construction material worldwide, there are still ongoing discussions about the shear behaviour of reinforced concrete beams without stirrups. While there is a general consensus about the existing mechanisms transferring shear forces, their ultimate bearing capacity is highly controversial. Complex interactions between these mechanisms and their tendencies to change with alternating crack patterns hinder the development of a worldwide approved mechanical model. Nowadays only empirical approaches with a partial analytical background have been developed, which lead to different results depending on the used model and its variation of the transferring shear forces. The first chapter introduces the problem, with the objective to find a generally acknowledged shear model based on a mechanical background. Relying on literature research, the second chapter presents existing models for the calculation of the total lateral force bearing capacity, and design models based on different common standards will be discussed. Under the guidance of T. Huber, a total of fifteen „Push-Off“ experiments and seven shear tests on beams were performed at the institutes own laboratory in November 2015 and afterwards described and evaluated by Hackl. In addition to the friction of cracks, different types and grades of concrete were examined and compared with each other. The compressive strength was also varied between 40 and 60N/mm2. Supplementing these tests, through the course of this work, the series of experiments was extended by six more „Push-Off“- and three shear tests on beams, including still missing concrete grades DNC40 (normal concrete with granular aggregate from crushed dolomite) and QSCC40 (self-compacting concrete with quartzitic sand). In order to measure the crack kinematics continuously, a three-dimensional digital image correlation system was used. The experimental design, the structure and measuring concept are described in chapter three. Finally, in chapters four and five, the obtained measurement results are evaluated and compared to existing models. Therefore, the crack kinematics and shear stress curves, obtained by evaluating the „Push-Off“ experiments, were compared with each other and investigated with respect to possible influences from various parameters. Furthermore, the obtained distributions of stress are compared with predictions of existing friction models to evaluate their differences and determine their accuracy in calculating existing stresses. Subsequently the shear force carrying capacities obtained by investigating the shear force tests are compared with available design concepts and different models for shear. Also, diverse approaches to describe the shear transverse actions such as aggregate interlock, dowel action and the shear stresses of the fracture process zone and the concrete compression zone are compared. Based on results derived from these comparisons, a combination of models was found which suites the shear resistance in order to investigate the load components prevailing therein. A conclusion transpires, in which the majority of the shear force is either transferred from the concrete compression zone or by the aggregate interlock. Through the course of this masters thesis, the image correlation system proved to be a viable measuring tool to record and analyse „Push-Off“ experiments and shear tests, since the behaviour of the crack patterns with increasing load applications could be measured and evaluated. Due to 6 those measurements, a relation between crack opening, sliding and tilting was found. Furthermore, the linear model for aggregate interlock released by Model Code 2010 proved to be a good calculation method to estimate the quantity of shear force transferred with aggregate interlock. In combination with the concrete compression zone model by Zink a satisfactory consensus could be achieved with the experimentally obtained shear resistances. Apparently, additional tests containing similar experimental procedures and analyses will be necessary, since no general statements could be made due to the variance of the measured shear resistances. Moreover, previously observed tendencies could be confirmed and a connection between concrete quality and shear force bearing behaviour could be identified through additional tests.