Stowasser, J. (2022). Konkludente Vertragsänderungen im Wohn- und Liegenschaftsrecht und ihre Auswirkungen im Rahmen der Liegenschaftsbewertung [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2022.102443
Willenserklärungen als Ausdruck rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillens können im österreichischen Recht nicht nur „ausdrücklich“ (also durch Sprache ausgedrückt) kommuniziert werden, sondern auch „stillschweigend“ bzw. „konkludent“ durch solche Handlungen, die keinen Zweifel daran lassen, dass eine bestimmte Erklärung beabsichtigt war. Das Postulat solcher konkludenter Willenserklärungen bietet die Möglichkeit, wechselseitige rechtliche Verpflichtungen an die (gegenüber dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses veränderte) faktische Ausgestaltung solcher Beziehungen anzupassen, ohne dass konkrete, ausdrückliche vertragliche Abreden nachgewiesen werden müssen. Anhand einer Vielzahl konkreter Beispiele stellt die vorliegende Arbeit dieses Rechtsinstitut in seiner praktischen Anwendung durch die Rechtsprechung in den Bereichen des Wohnrechts, aber auch im Hinblick auf die Begründung von Nutzungsrechten im Miteigentum oder von Dienstbarkeiten dar. Im Mietrecht beispielsweise geht es in diesem Zusammenhang um stillschweigende Begründungen und Beendigungen von Mietverhältnissen, Ausweitungen Mietgegenstände bzw. Inanspruchnahme ursprünglich nicht vermieteter Flächen, stillschweigende Verzichte auf Entgelte und insbesondere mögliche Entgelterhöhungen oder Wertanpassungen und Änderungen der vertraglich vereinbarten Anwendungszwecke der Mietgegenstände – was sich insbesondere im Ertragswertverfahren auf die Bewertung einer Liegenschaft auswirken kann. In Hinblick auf Wohnungseigentum und schlichtes Miteigentum können insbesondere konkludente Änderungen der Widmung den Wert einer Liegenschaft beeinflussen. Auch überschneidende bzw. thematisch verwandte Rechtsinstitute wie die Ersitzung oder die Begründung offenkundiger Dienstbarkeiten werden kurz umrissen, da auch diese Bereiche im Rahmen einer Bewertung zu berücksichtigen sein können. Der Bewerter wird in diesem Zusammenhang grundsätzlich auf die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Informationen vertrauen dürfen, es sei denn, er hat „erhebliche Anhaltspunkte“ für deren Unrichtigkeit. Dem mit der Bewertung einer Liegenschaft beauftragten Sachverständigen ist daher anzuraten, als Grundlage seines Begutachtungsauftrages festzuhalten, dass eine umfassende Prüfung der sich anhand der übergebenen Unterlagen ersichtlichen Rechtsverhältnisse nicht Teil des Auftrages ist, und ein entsprechender, besonders qualifizierter Befund gesondert zu beauftragen wäre. Beschränkt sich der Gutachter auf die Verarbeitung von Angaben, die ihm von einem anderen Sachverständigen zur Verfügung gestellt wurden, kann er sich grundsätzlich auf deren Richtigkeit verlassen (wobei insbesondere gewerbliche Hausverwalter als Sachverständige gelten). Die vorliegende Arbeit enthält in diesem Zusammenhang im Schlusskapitel Tipps und Formulierungsvorschläge für Auftragsbedingungen, um Auftragsumfang und allfällige Haftungen in obigem Sinne zu regeln und Haftungsrisiken auszuschließen.
de
Weitere Information:
Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers