Kowalski, M. (2024). Scheduling of a multi-line steel hot rolling mill [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2024.127542
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Prozesszeit- und Produktreihenfolgenoptimierung eines Mehrlinienwalzwerks der voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG. In der betrachteten Anlage werden hochlegierte Stähle verarbeitet. Kennzeichnend für die Produktion sind eine große Produktvielfalt, kleine Losgrößen und eine alternierende Produktion an einer Profilwalzlinie und einer Flachwalzlinie. Die Arbeit behandelt zwei wesentliche Problemstellung der Produktion: 1. die Bestimmung des frühestmöglichen Startzeitpunkts jedes Produkts bei gegebener Produktreihenfolge, 2. die Optimierung der Produktauswahl und Reihenfolge für gegebene Produktionsaufträge. Bei der Fertigung durchlaufen die Produkte die Anlage entlang verschiedener Routen. Es wird zunächst das Anlagen- und Prozesszeitmodell beschrieben. In diesem Modell wird der Prozessverlauf eines Produkts durch diskrete Zeitpunkte beschrieben, zu denen die Produktenden entlang der Fertigungslinien definierte Checkpoints passieren. Das entwickelte Modell erlaubt eine für die betrachtete Planungsaufgabe ausreichend detaillierte Erfassung des Prozessablaufs jedes Produkts, sowie eine hinreichend schnelle Simulation der Fertigung einer gegebenen Reihenfolge von Produkten. Derzeit werden die Produkte nach manueller Freigabe durch das Bedienpersonal gestartet, d.h. der Anlage zugeführt. Die zeitlichen Abstände zwischen den Produktstarts werden dabei anhand von Erfahrungswerten festgelegt. Um diese Startzeitpunkte genauer planen und in weiterer Folge Leerlaufzeiten zwischen den Produkten verringern zu können, wird eine Methode zur Berechnung optimaler Startzeitpunkte präsentiert. Die Methode erlaubt die Berücksichtigung von sowohl deterministischen als auch stochastischen Bearbeitungszeiten. Das Ziel ist die gleichzeitige Minimierung der Gesamtfertigungszeit und der Anzahl an Verletzungen von sogenannten no-wait Beschränkungen. Verletzungen von no-wait Beschränkungen treten auf, wenn ein Produkt zu früh gestartet wird und es deshalb im Bearbeitungsverlauf mit stochastischen Prozesszeiten zu einer ungeplanten Wartezeit kommt. Typische Prozessschritte, bei denen ungeplante Wartezeiten unerwünscht oder inakzeptabel sind, sind Erwärm-, Glüh- oder Warmumformprozesse. Die Optimierung der Startzeitpunkte für einige wenige Maschinen kann analytisch erfolgen. Für die Optimierung von Systemen mit einer höheren Anzahl von Maschinen wird eine auf Monte-Carlo Simulationen basierende Methode beschrieben. Die Optimierung eines Fertigungsprozesses mit stochastischen Prozesszeiten in einem Warmwalzwerk wird anhand eines praktischen Beispiels gezeigt. Schließlich werden die Vorteile der Optimierung unter systematischer Berücksichtigung der stochastischen Prozesszeiten gegenüber einfacheren ad-hoc Methoden durch einen Vergleich verdeutlicht. Zur Startzeitpunktplanung anhand des entwickelten Anlagen- und Prozesszeitmodells wurde ein Prototyp entwickelt und dem Bedienpersonal der Anlage zur Verfügung gestellt. Dabei wurden die frühestmöglichen Startzeitpunkte der nachfolgenden Produkte berechnet und entsprechend angezeigt. Die Funktion wurde im praktischen Betrieb erprobt und validiert. Aufgrund der positiven Ergebnisse wurde die Startzeitpunktplanung in das Produktivsystem übernommen, wobei die Integration in das bestehende System während des Verfassens dieser Arbeit noch im Gange war. Bei der Erstellung von Einsatzplänen werden Jobs verplant, welche aus ein oder mehreren zusammengehörenden Produkten bestehen. Diese Jobs werden innerhalb von Gruppen verplant. Die Gruppen werden alternierend an der Profil- und an der Flachwalzblocklinie gefertigt. Eine Gruppe, die an der Profilwalzlinie der Anlage gefertigt wird, besteht aus Jobs eines oder mehrerer zusammengehörender Enddurchmesser. Nach der Fertigung einer Gruppe an der Profilwalzlinie wird diese umgerüstet. Während des Umrüstvorgangs wird eine aus einem Job Pool passend zusammengestellte Gruppe von Jobs an der Flachwalzlinie gefertigt. Die Erstellung eines Produktionsplans erfordert eine Jobauswahl, Reihung und für manche Jobs die Festlegung einer Erwärmungsmethode. Ein optimaler Produktionsplan minimiert unproduktive Zeiten während der Produktion und nützt die Umrüstzeiten an der Profilwalzlinie zur Fertigung an der Flachwalzlinie bestmöglich aus. Gleichzeitig müssen im Produktionsplan zusätzliche Regeln, z.B. hinsichtlich der Anordnung von Produktmarken, berücksichtigt werden. Das resultierende Optimierungsproblem ist eine Kombination aus Problemen ähnlich dem Traveling Salesperson Problem und dem Orienteering Problem. Für einen gegebenen Produktionsplan können basierend auf dem entwickelten Anlagen- und Prozessmodell unproduktive Zeiten sowie die Ausnutzung der Umrüstvorgänge ermittelt werden. Weiters werden in einer Kostenfunktion alle zusätzlich erforderlichen Regeln mit Prioritäten versehen und berücksichtigt. Die Kostenfunktion wird in einem speziell für dieses Problem entwickelten Algorithmus, bestehend aus einer Simulated Annealing Metaheuristik gefolgt von einem Algorithmus zur lokalen Suche, minimiert. Die effektive Anwendung und der Nutzen der Optimierung wird anhand eines realen Anwendungsfalls und einem Vergleich mit einem manuell erstellten Einsatzplan gezeigt. Der entwickelte Optimierungsalgorithmus wurde auf Planungen der realen Produktion angewandt. Die optimierten Einsatzpläne wurden von erfahrenen Planern überprüft und bewertet. Die Schwierigkeiten im praktischen Einsatz liegen insbesondere in der Vielzahl von Produkten, für die gesonderte Vorgaben und Produktionsregeln berücksichtigt werden müssen. Im Rahmen dieser Arbeit war es nicht möglich, all diese Regeln zu dokumentieren und in weiterer Folge in den Optimierungsalgorithmus zu integrieren. Dennoch waren die Rückmeldungen des Personals positiv. Hervorgehoben wurden die Zeitersparnis bei der automatisierten Erstellung der Einsatzpläne (auch wenn diese aufgrund einzelner Produkte manuell kontrolliert und gegebenenfalls angepasst werden müssen) sowie die Minimierung der unproduktiven Zeiten. Zur Minimierung der unproduktiven Zeiten muss eine Vielzahl an Produktionsparametern der Produkte gleichzeitig berücksichtigt werden, was manuell schwierig ist, aber durch ein rechnergestütztes Planungstool vorteilhaft erfolgen kann.
de
The present work deals with optimized scheduling of processing times and product sequences for a multi-line steel hot rolling mill of voestalpine BÖHLER Edelstahl GmbH & Co KG. In the considered plant, high-alloyed steel is processed. The production is characterized by a wide variety of products, small batch sizes, and an alternating production on a profile rolling line and a flat rolling line. The work addresses two main production problems: 1. determining the earliest possible start time for each product in a given product sequence, 2. optimizing product selections and sequences for given scheduling problems. During production, the products follow different routes through the plant. First, the model of the production process and the plant is described. This model represents the processing of a product by discrete points in time when the product ends pass defined checkpoints. In view of the considered scheduling task, the model allows for a sufficiently detailed representation of the production process of each product and facilitates fast simulation of the production of a given sequence of products. Currently, the products are started, i.e. submitted to the plant, after a manual command by the operating personnel. In this way, the time intervals between the starts of consecutive products are chosen based on empirical values. To more accurately plan these start times and reduce idle times between products, a method for calculating optimal start times is presented. The method allows the consideration of deterministic and stochastic processing times. The objective is to simultaneously minimize the total production time and the number of violations of so-called no-wait constraints. Such violations occur when a product is started too early, leading to unplanned waiting time during processing. Typical process steps where unplanned waiting times are undesired or unacceptable are heating, annealing-, or hot forming processes. Two methods to solve the optimization problems were developed. The optimization of start times with only a few machines can be solved by analytical computation. For the optimization of systems with more machines, a method based on Monte Carlo simulations is described. The optimization of a production process in a hot rolling mill is demonstrated, and the advantages of considering stochastic process times systematically over simpler ad-hoc methods are illustrated by a comparison. For the practical start time planning, a prototype was created and made available to the operating personnel of the plant. The earliest possible start times for the subsequent products were calculated and appropriately displayed. The function was tested and validated in practical operation. Due to the positive results, the start time scheduling was integrated into the production system, with the integration into the existing system still ongoing at the time this work was written. In production schedules, jobs which consist of one or more products that belong together are scheduled in groups. The groups are alternately processed at the profile and at the flat rolling line. A group processed on the profile rolling line consists of jobs with one or more related final diameters. After manufacturing a group at the profile rolling line, this line is retooled for the next final diameter. During this retooling, a group of jobs selected from a job pool is processed at the flat rolling line. Thus, the creation of production schedules requires job selection, sequencing, and, for some jobs, the assignment of a heating method. An optimal schedule minimizes unproductive times during production and utilizes the retooling times of the profile rolling line as best as possible for manufacturing at the flat rolling line. Additionally, in a schedule additional rules, such as the arrangement of product grades, must be considered. The resulting optimization problem is a combination of problems similar to the Traveling Salesperson Problem and the Orienteering Problem. Based on the developed model of the production process and the plant, unproductive times and the utilization of retooling times can be determined for a given schedule. Furthermore, a cost function takes all additional required rules into account with different priorities. The costs function is minimized by a tailored optimization algorithm, which consists of a simulated annealing metaheuristic followed by a local search. The effective application and benefit of this algorithm are demonstrated in a case study with a comparison to a manually created production schedule. The developed optimization algorithm was applied to real production planning. The optimized schedules were reviewed and evaluated by experienced planners. The practical challenges lie primarily in the multitude of products, each requiring specific guidelines and production rules to be considered. Within the scope of this work, it was not possible to document all these rules and subsequently integrate them into the optimization algorithm. Nevertheless, the feedback from the staff was positive. They highlighted the time savings in the automated creation of schedules (even though these must be manually checked and adjusted if necessary for certain products) as well as the minimization of unproductive times. To minimize unproductive times, a multitude of production parameters of the products must be considered simultaneously, which is difficult to manage manually but can be effectively handled by a computer-aided planning tool.