Nachhaltigkeit als Preisfaktor für Immobilien? : eine statistische Analyse zum Einfluss des Heizwärmebedarfs auf Kaufpreise am Wiener Wohnimmobilienmarkt

Abstract

Die vorliegende Masterarbeit untersucht den Einfluss des Nachhaltigkeitsgrades von Wohnprojekten in Wien auf deren Verwertungspreise. Dieser Forschungsfrage soll anhand einer mehrstufigen statistischen Analyse auf den Grund gegangen werden. Als Basis hierfür dient ein Datensatz des Unternehmens EXPLOREAL, welcher sowohl Nachhaltigkeits- als auch Preisvariablen zu 2432 Neubau-Wohnprojekten in Wien umfasst. Nach Aufarbeitung der immobilienökonomischen, nachhaltigkeitsbezogenen und statistischen Grundlagen erfolgte die Operationalisierung der zu untersuchenden Variablen. Als „Nachhaltigkeitsgrad" dient die Kennzahl Heizwärmebedarf, aufgrund der hohen Datenverfügbarkeit und vergleichsweise hohen Präsenz für Endverbraucher. Als Verwertungspreise wurden im Zuge dieser Arbeit lediglich Transaktionskaufpreise herangezogen. Die Forschungshypothese wurde demnach wie folgt konkretisiert: „Der Heizwärmebedarf hat einen Einfluss auf den Kaufpreis." Die durchgeführte Statistik reichte von einer deskriptiven Statistik, gefolgt von einer hierarchischen Regression über den gesamten Datensatz bis zu isolierten Regressionsanalysen, in welchen die Faktoren „Lage" und „Zeit" weitestgehend „konstant gehalten" wurden. Diese mehrstufige methodische Herangehensweise ermöglicht eine umfassende Untersuchung der komplexen Zusammenhänge. Zunächst zeigte sich eine essenzielle Erkenntnis: Selbst bei nachweisbarem Einfluss des HWB auf Kaufpreise bleibt dessen Erklärungsgehalt im Vergleich zu klassischen Preisdeterminanten wie Lage und Fertigstellungszeitpunkt marginal. Zudem zeigt sich als zentrales Ergebnis der Analyse, dass in spezifischen Teilmärkten Wiens (Bezirkscluster 10,11,12,23) bereits heute ein statistisch signifikanter und aussagekräftiger Einfluss des HWB auf Kaufpreise besteht, welcher mit fast 91 €/m2 pro eingesparter kWh/m2a von erheblicher wirtschaftlicher Relevanz ist. In den anderen untersuchten Teilmärkten(Bezirkscluster 14,15,16 und Bezirkscluster 21,22) sowie in der hierarchischen Regression über ganz Wien konnte jedoch kein solcher Effekt nachgewiesen werden. Diese Diskrepanz in den Analyseergebnissen könnte dabei sowohl durch methodische Herausforderungen als auch durch mögliche marktstrukturelle Unterschiede plausible Erklärungen finden, weshalb von einer Verallgemeinerung der Teilmarktuntersuchung auf ganz Wien Abstand genommen wird. Auch wenn der Einfluss des HWB auf Kaufpreise nicht in sämtlichen Teilmärkten Wiens statistisch nachgewiesen werden konnte, widerlegen die empirischen Ergebnisse jedoch keinesfalls die Existenz eines generellen Zusammenhangs zwischen Nachhaltigkeitsgrad und Verwertungspreisen im gesamten Wiener Markt, noch implizieren diese, dass der Nachhaltigkeitsgrad tatsächlich einen regional unterschiedlich starken Effekt auf die Preisbildung hat. Vielmehr verdeutlichen sie die methodischen Herausforderungen von Analysen in komplexen Immobilienmärkten. Mit Blick auf die Zukunft ist vor dem Hintergrund zunehmender gesellschaftlichen Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie steigender regulatorischer Anforderungen anzunehmen, dass der in Teilen Wiens bereits nachweisbare Einfluss des Nachhaltigkeitsgrades auf Verwertungspreise sich künftig verstärken wird. Die vorliegende Arbeit liefert einen empirisch fundierten Ausgangspunkt für die Beobachtung dieser dynamischen Entwicklung.