Mertl, S. (2015). Characterization of local seismic events on the deep-seated gravitational slope deformation Gradenbach [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2015.21398
Das Bewegungsmuster tiefgreifender Massenbewegungen ist häufig durch eine quasistationäre Basisaktivität mit langsamer Hanggeschwindigkeit, die durch Beschleunigungsphasen unterbrochen wird gekennzeichnet. Diese Variationen der Hangbewegung können nicht immer eindeutig mit externen Auslöse-Ereignissen in Verbindung gebracht werden. Besonders der abrupte Übergang von einer Beschleunigungsphase in eine langsame, quasistationäre Bewegung zeigt, dass geodätische Messdaten alleine nicht ausreichen, um die zugrunde liegenden Prozesse zu verstehen und eine fundierte Prognose für den Bewegungsverlauf einer tiefgreifenden Massenbewegung zu treffen. Für aussagekräftige Prognosemodelle müssen noch weitere Parameter eingebunden werden. Die in dieser Dissertation untersuchte seismische Aktivität auf Massenbewegung bietet sich als ein solcher zusätzlicher Parameter an. Für die Untersuchung der seismischen Aktivität von Massenbewegungen wurde nach mehreren Pilotstudien die Massenbewegung Gradenbach in Kärnten, Österreich ausgewählt. Die Zuordnung der Massenbewegung zur Rheologie des spröden Fels und die Annahme, dass die Bewegung der Hangrutschung einer Stik-Slip Bewegung entlang einer oder mehrerer Gleitzonen entspricht, lassen als Begleiteerscheinung der Verschiebung seismische Massenbewegungen erwarten. Im Jahr 2007 wurde auf der Massenbewegung Gradenbach ein permanentes seismisches Monitoringnetzwerk mit kontinuierlicher Datenerfassung installiert. Im Frühling 2009 wurde eine Beschleunigungsphase mit einer Dauer von ungefähr 3 Monaten beobachtet. Die Massenbewegung beschleunigte von der Basisaktivität ~10cm/a auf eine Geschwindigkeit von ~0.8 cm/d mit einer darauf folgenden Restabilisierung auf die Verschiebungsraten der Basisaktivität. Die während dieser Beschleunigungsphase aufgezeichneten seismischen Daten bildeten die Grundlage für die Charakterisierung der seismischen Aktivität der tiefgreifende Massenbewegung Gradenbach. Für die teilweise automatisierte Auswertung der seismischen Daten wurde eine Methode zur Detektion seismischer Signale entwickelt, die auf der Segmentierung der aus den Seismogrammen erzeugten Spektrogrammen unter Anwendung von Methoden der digitalen Bildverarbeitung basiert. Die Bewertung und Klassifizierung der Ereignisse erfolgte durch eine interaktive, computerunterstützte Durchsicht der Daten. Die Klassifizierung der Ereignisse basierte auf der Beurteilung unterschiedlicher Parameter wie der Wellenform, Muster im Zeit-Frequenzbereich, der Polarisierung des Wellenfeldes oder der Epizentren der seismischen Ereignisse. Um den Anforderungen der Auswertung kontinuierlicher Daten und der Notwendigkeit der Entwicklung neuer Auswertemethoden gerecht zu werden, wurde eine MATLAB Software entwickelt, die einen schnellen Zugriff auf das vorhandene Datenmaterial sowie eine einfache Implementierung neuer Algorithmen und deren Test ein einer großen Datenmenge ermöglicht. Während der Beschleunigungsphase wurde eine Erhöhung der seismischen Aktivität registriert und es wurden Ereignisse identifiziert, die bereits einen Monat vor der mit dem Extensometer gemessenen Beschleunigung des Hangs auftraten. Für sechs unterschiedliche Ereignis-Typen wurde als Quelle die Verschiebung der Massenbewegung identifiziert. Die lokalen Magnituden der Ereignisse lagen zwischen -2.3 und -0.5. Ein Vergleich der Seismizität mit komplementären Daten wie der Hangverschiebung, meteorologischen- und hydrologischen Daten zeigte Zusammenhänge zwischen dem Auftreten unterschiedlicher Ereignistypen und der zunehmenden- oder abnehmenden Beschleunigung. Weiters konnte die empfindliche Reaktion der Massenbewegung auf versickerndes Schmelzwasser durch eine erhöhte seismische Aktivität während der Schneeschmelze nachgewiesen werden. Diese Arbeit wurde von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften im Rahmen des International Strategy for Desaster Reduction (ISDR) Programms finanziert.
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The pattern of motion of deep-seated gravitational slope deformations can often be characterized by a base activity with slow velocities which is interrupted by phases of acceleration. These variation of the slope movement can not always be related to a certain triggering event. Especially the sometimes where fast change from an acceleration phase back to the base activity shows, that geodetic measurements alone are not sufficient to understand the underlying processes and to make forecast the movement of a deep-seated gravitational slope deformation. For reliable forecast models, other parameters than the surface deformation have to be taken into account. The seismic activity of mass movements, which is studied in this thesis is one of these additional parameters. The mass movement Gradenbach in Carinthia, Austria, was selected to study the seismic activity of deep-seated gravitational slope deformations. The mass movement Gradenbach can be assigned to the rheology of brittle. The movement of the slope deformation was expected to follow a stik-slip pattern along one or more sliding zones. Therefore, accompanying creation of seismic events can be expected. In 2007, a permanent seismic monitoring network with continuous data recording was installed at the mass movement Gradenbach. In spring 2009, an acceleration phase with a duration of approximately 3 months was observed. The mass movement accelerated from a base activity of ~10cm/a to a velocity of ~0.8 cm/d. After 3 months, the deformation re-stabilized to the base activity. The seismic data recorded during this acceleration phase is the basis for the characterization of the seismic activity of the deep-seated gravitational slope deformation Gradenbach. For the semi-automatic processing of the seismic data, a method for the detection of seismic signals based on the segmentation of spectrograms using digital image processing algorithms was developed. The evaluation and classification of the detected events was done using an interactive, computer aided screening of the data. The classification of the events was based on various parameters like the waveform, pattern in the time-frequency domain, polarization of the wavefield or the epi-centers of the seismic event. To account for the processing of continuous seismic data and the need for the development of new processing algorithms, a MATLAB software was developed, which enabled a quick access to the data and an easy testing environment for processing algorithms. During the acceleration phase an increase of the seismic activity was observed. Event types where identified which occurred already a month before the acceleration of the slope measured by a wire-extensometer at the toe of the slope. For six different event types, the deformation of the mass movement was identified as the seismic source. The local magnitudes of the registered events were between -2.3 and -0.5. A comparison of the seismictiy with complementaty data like the slope displacement, meteorological- and hydrological data showed connections between the occurrence of the various event types and the acceleration or deceleration of the mass movement. Furthermore, a sensitive reaction of the mass movement to infiltrating melt water was observed by an increase of the seismic activity. This work was funded by the Austrian Academy of Sciences within the framework of the International Strategy of Desaster Reduction (ISDR) programme.
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Parallelt. [Übers. des Autors]: Charakterisierung lokaler seismischer Ereignisse auf der tiefgreifenden Massenbewegung Gradenbach Zusammenfassung in deutscher Sprache