Svatunek, D. (2016). Rapid and controlled bioorthogonal ligations and their application in molecular imaging [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2016.41056
Umgebungen wie etwa lebenden Organismen und haben daher breite Anwendung in vielen Bereichen der Wissenschaft gefunden. Derartige Reaktionen müssen hochselektiv ablaufen und die Reaktionspartner sowie das Produkt müssen hohe Stabilität aufweisen. Des Weiteren sind hohe Reaktionsgeschwindigkeiten vorteilhaft und teilweise sogar essentiell, da speziell in biologischen Umgebungen die Konzentration der Reaktanden stark limitiert ist. Eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit gewährleistet, dass ein ausreichender Umsatz in kurzer Zeit erreicht werden kann. Während in den letzten Jahren mehrere bioorthogonale Reaktionen entwickelt wurden, finden nur zwei Varianten breite Anwendung: (1) die strain-promoted alkyne azide cycloaddition (SPAAC; Deutsch: durch Ringspannung begünstigte Alkin-Azid Cycloaddition) und (2) Tetrazin-Ligationen. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der kinetischen Untersuchung dieser beiden Reaktionen, der Beschreibung bislang unbekannter Selektivitäten sowie Anwendungen bioorthogonaler Chemie im Bereich der Radiochemie, im speziellen der zweistufigen Bildgebung mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Als SPAAC-Reaktionen versteht man Huisgen-Cycloadditionen zwischen Cyclooctinen und organischen Aziden zu 1,2,3-Triazolen. Aufgrund der hohen Ringspannung der Cyclooctine laufen diese Reaktionen auch ohne Verwendung eines Katalysators bei Raumtemperatur mit beachtlichen Geschwindigkeitskonstanten zweiter Ordnung von bis zu 4 M-1s-1 ab. Große Anstrengungen zur Verbesserung dieser Reaktion, vor allem in Bezug auf die Reaktionsgeschwindigkeit, wurden unternommen, wobei jedoch hauptsächlich strukturelle Veränderungen des Cyclooctins untersucht wurden. Der Einfluss struktureller Eigenschaften des Azids auf die Reaktionsgeschwindigkeit und Selektivität von SPAAC-Reaktionen wurde nur in wenigen Studien untersucht. Mit dem Ziel den Einfluss unterschiedlicher Azide besser beschreiben zu können, wurde die Kinetik von SPAAC-Reaktionen primärer, sekundärer und tertiärer Azide mit verschiedenen Cyclooctinen untersucht. Im Gegensatz zu primären als auch sekundären Aziden konnte festgestellt werden, dass die Reaktion von tertiären Aziden mit sterisch anspruchsvollen Cyclooctin-Derivaten mit signifikant geringerer Reaktionsgeschwindigkeit abläuft -. Dieses Verhalten wurde anschließend mittels quantenchemischer Berechnungen untersucht, wobei festgestellt werden konnte, dass die erniedrigte Reaktivität in der Tat auf sterische Effekte zurückzuführen ist. Die kinetische Untersuchung von SPAAC-Reaktionen wird üblicherweise mittels 1H-NMR Methoden durchgeführt, was jedoch zu einer starken Limitierung der zu untersuchenden Reaktionsbedingungen führt, da ausschließlich deuterierte Lösungsmittel ohne zusätzliche Additive verwendet werden können. Reaktionskinetische Untersuchungen unter komplexen Bedingungen können auf diese Weise nicht durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, eine neuartige Methode basierend auf ATR/IR-Messungen zu entwickeln, welche die Untersuchung von SPAAC in komplexen und auch biologischen Medien, bis hin zu humanem Blutplasma, ermöglicht. Bioorthogonale Reaktionen sind von großem Interesse für die Entwicklung neuer Methoden im Bereich der Radiomarkierung und Positronen-Emissions-Tomographie. Die hohe Reaktionsgeschwindigkeit und Selektivität bioorthogonaler Chemie ermöglichen die Entwicklung von Methoden im Bereich -Rapid Radiolabeling- (Deutsch:.schnelle Radiomarkierung) Des Weiteren ist eine bioorthogonale in vivo Ligation entscheidend für Anwendungen im Bereich -Pretargeted Imaging- (Deutsch: vormarkierte Bildgebung). Dieses zweistufige Verfahren zur Bildgebung stellt eine äußerst vielsprechende Methode für diagnostische Anwendungen dar. Hierbei wird in einem ersten Schritt ein nicht radiomarkierter Marker verabreicht, der mit einer bioorthogonal reaktiven Gruppe modifiziert ist. Nach Anreicherung dieses Markers im Zielgewebe wird in einem zweiten Schritt ein radiomarkiertes Agens verabreicht, welches eine komplementäre bioorthogonal reaktive Gruppe trägt und nun in vivo an den zuvor angereicherten Marker bindet. Dies erlaubt die Verwendung von kurzlebigen Radioisotopen für die Bildgebung und Lokalisation von langsam akkumulierenden Wirkstoffen und Substanzen. Im Rahmen dieser Arbeit konnten mehrere 18F-markierte Alkylazide hergestellt werden, welche auf ihre Eignung als sekundäres Agens für die zweistufige Bildgebung mittels PET untersucht sowie erfolgreich für Rapid Radiolabeling angewendet wurden. Svatunek, D. (2016) 5 Aufgrund der üblicherweise geringen Konzentrationen bei der Herstellung und Anwendung von Radiopharmazeutika wird die Tetrazin Ligation im Vergleich zu SPAAC bevorzugt angewendet, da bei Reaktionen mit gespannten Dienophilen wesentlich höhere Reaktionsgeschwindigkeiten von bis zu 3 000 000 M-1s-1 erreicht werden können. Das Tetrazin reagiert hierbei mit einem gespannten Cycloocten, üblicherweise ein trans-Cyclooctenderivat, in einer Diels-Alder Cycloaddition gefolgt von einer Retro-Diels-Alder Reaktion (Cycloreversion) zu einem stabilen Dihydropyridazin. Die extrem schnell ablaufende Reaktion zwischen gespannten trans-Cyclooctenen und Tetrazinen wurde genutzt, um ein neues Verfahren für die Radiomarkierung von Proteinen zu entwickeln. Hierbei wurde die Reaktion eines Tetrazin-markierten RGD-Peptids mit einem radiomarkierten trans-Cycloocten (TCO) verwendet, um innerhalb weniger Minuten 18F-markierte RGD-Peptide zu erzeugen, welche im Vergleich mit direkt markierten oder mit zuvor beschriebenen Methoden hergestellten Radio-Peptiden verbesserte in vivo Eigenschaften aufweisen. Des Weiteren konnten mehrere radiomarkierte Tetrazine für die Radiomarkierung sowie die bioorthogonale zweistufige Bildgebung mittels PET hergestellt und evaluiert werden. Theoretische Studien zeigten, dass mit der Kombination aus relativ weniger reaktiven Dialkyltetrazinen und hochreaktiven trans-Cyclooctenen ähnliche Reaktionsgeschwindigkeiten erreicht werden können wie mit üblicherweise angewendeten hochreaktiven Tetrazinen in Kombination mit weniger reaktiven trans- Cyclooctenen. Dieser reaktionskinetische Kompromiss ermöglichte die Verwendung von stabileren Tetrazinen, welche mittelsdirekter Radiofluorierung mit 18F modifiziert werden konnten. Dies führte zum ersten bekannten 18F-markierten Tetrazin. Dieses sekundäre Agens zeigte vielversprechende in vivo Eigenschaften wie hohe Stabilität und homogene Biodistribution und stellt daher einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu neuen diagnostischen Methoden dar. Basierend auf diesen Resultaten konnte eine Reihe weiterer 18F-markierten Tetrazine entwickelt werden, wobei die Reaktivität des Tetrazins durch Optimierung der Methode zur Radiofluorierung schrittweise erhöht werden konnte. Darüber hinaus wurde ein Kohlenstoff-11 markiertes Tetrazin entwickelt, welches ebenfalls auf einem Dialkyltetrazin Grundgerüst aufbaut. Dieses wurde erfolgreich in einem ersten Modell-Experiment zur zweistufigen Bildgebung mittels PET angewandt.Dazu wurden trans-Cycloocten derivatisierte Nanopartikel verwendet, welche durch bioorthogonale in vivo Reaktion mit dem erwähnten 11C-Tetrazin visualisiert werden konnten. Im Rahmen dieser Arbeit konnte zudem ein Photoflussreaktor entwickelt werden, welcher die kostengünstige Photoisomerisierung von cis-Cyclooctenen erlaubt, um auf diese Weise eine Vielzahl von TCO-Verbindungen herstellen zu können. Zusammenfassend konnte die Kinetik der zwei herausragendsten bioorthogonaler Reaktionen auf vielfältige Weise untersucht und signifikante neue Erkenntnisse gewonnen werden. Basierend auf diesen Resultaten konnten bioorthogonale Ligationen erfolgreich angewendet werden, um neue Methoden in den Bereichen Rapid Radiolabeling und Pretargeted PET Imaging zu entwickeln.
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Bioorthogonal reactions are powerful tools for the formation of covalent linkages, even in complex systems like living organisms, and have found applications in fields ranging from material sciences to biological chemistry. Important characteristics of such reactions are the (metabolic) stability of reactants and the products, high selectivity of the reactants towards each other, and high reactivity. This is of particular interest, since reactions in biological environments are commonly performed at very low concentration, especially in the case of radiolabeled probes. High reaction rates ensure good yields within an appropriate time span. While several of those reactions have been introduced only two are commonly used: (1) strain-promoted alkyne azide cycloadditions (SPAACs), and (2) tetrazine ligations. This thesis focuses on the kinetics of those two reactions and their application in pretargeted PETimaging. Due to the ring strain of cyclooctynes a Huisgen-cycloaddition with azides can be performed at room temperature without any catalyst. These strain-promoted alkyne azide cycloadditions show high reaction rates with second order rate constants of up to 4 M-1s-1. In the last decade several improvements of the kinetics of this reaction were achieved, mainly through structural alterations of the cyclooctyne. Only few studies were conducted focusing on the influence of different azides in SPAACs. Within this thesis NMR kinetic experiments were conducted to study the influence of primary, secondary and tertiary aliphatic azides on the reaction rates with different cyclooctynes. It could be shown that tertiary azides show a significantly lower reactivity with steric demanding cyclooctynes compared with both primary and secondary azides. A computational study on these systems confirmed that this lower reactivity is caused by steric effects. Kinetics of SPAACs are usually assessed by NMR experiments, and solvents are therefore limited to deuterated substances. As part of this thesis a new method was developed that enables the measurement of strain-promoted alkyne azide cycloadditions under more complex reaction conditions and even in biological media like human blood plasma, using an in-line ATR-IR probe in combination with a custom made reaction vessel. Bioorthogonal reactions are of high interest in the field of radiochemistry. To achieve rapid radiolabeling bioorthogonal ligations are used for fast and clean attachment of a radioisotope to the tracer molecule by using a radiolabeled bioorthogonal reagent. In pretargeted imaging approaches a non-radiolabeled marker molecule bearing a bioorthogonal reactive group is first administered in vivo. After accumulation in target tissue a radiolabeled compound with the complementary bioorthogonal reactive group is used as a secondary agent, which selectively reacts with the pre-administered marker forming a stable covalent linkage. This allows for prolonged accumulation of marker molecules in target tissue while using short-lived radioisotopes for imaging. Several 18F-labeled low-molecular-weight alkylazides were prepared and evaluated in regards to their suitability as secondary agents in pretargeted PET imaging. However, these compounds were not sufficiently stable in vivo but were shown to be useful and versatile reagents for rapid radiolabeling applications. Due to the extremely low concentrations as used in the field of radiochemistry the tetrazine ligation is considered to be superior over SPAAC, since second order rate constants of up to 3 000 000 M-1s-1 can be reached. 1,2,4,5-Tetrazines react with strained dienophiles, such as trans-cyclooctenes, in an inverse electron-demand Diels-Alder cycloaddition, followed by a retro Diels-Alder reaction forming dihydropyridazines. The ultrafast reaction between a conformationally strained trans-cyclooctene and tetrazines was utilized to develop a method for rapid radiolabeling of a tetrazine-tagged RGD-peptide using an 18F-labeled trans-cyclooctene. This strategy afforded imaging probes with improved metabolic stability and pharmacokinetic properties compared to previously developed and reported rapid radiolabeling or direct labeling strategies, resulting in prolonged blood circulation and thus better accumulation. Furthermore, several radiolabeled tetrazines for pretargeted PET imaging and rapid radiolabeling were prepared and evaluated. Computational investigations of the kinetics of tetrazine ligations suggested, that the combination of less reactive dialkyltetrazines and highly reactive trans-cyclooctenes leads to reaction rates similar to the commonly used combination of highly reactive tetrazines and less reactive Svatunek, D. (2016) 3 trans-cyclooctenes. However, while highly reactive tetrazines are not sufficiently stable under commonly used direct 18F-labeling conditions the use of dialkyltetrazines allows for effective radiolabeling and led to the development of the first reported 18F-tetrazine. This secondary agent showed promising in vivo stability and homogeneous biodistribution. On the basis of these results several second generation 18Flabeled tetrazines with improved Diels-Alder reactivity were developed. In addition, an 11C-labeled tetrazine based on a similar dialkyl scaffold could be prepared and successfully used in a pretargeted PET imaging experiment using trans-cyclooctene-tagged mesoporous silica nanoparticles that were shown to accumulate in the lungs. Furthermore, a low-cost flow setup for photoisomerization of cis-cyclooctenes to trans-cyclooctenes, the most commonly used dienophiles for tetrazine ligation, was designed and characterized. In summary, valuable insights in the kinetics of the two most common bioorthogonal ligations were obtained, and new analytical and computational methods for monitoring these reactions and predicting reactivities, respectively, were developed. These ligations were also successfully used in the field of radiochemistry leading to new radiolabeled tetrazines for pretargeted PET imaging and new methods for rapid radiolabeling.
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Zusammenfassung in deutscher Sprache Abweichender Titel nach Übersetzung der Verfasserin/des Verfassers