Schnabel, G. (2015). Large scale Bayesian nuclear data evaluation with consistent model defects [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2015.25983
Das Ziel von Kerndatenevaluationen ist die zuverlässige Bestimmung von Wirkungsquerschnitten und verwandten Observablen der Atomkerne. Die Bestimmung dieser Observablen geschieht mittels einer Evaluationsmethode, in der die Information aus Experimenten mit den Ergebnissen aus Modellrechnungen kombiniert wird. Die auf diese Weise erhaltenen Schätzwerte mitsamt den zugehörigen Unsicherheiten und Korrelationen werden zu Datensätzen zusammengefasst, welche für die Entwicklung von zukünftigen nuklearen Einrichtungen, wie Fusionsreaktoren zur Energiegewinnung und Beschleuniger getriebenen Systeme zur Verbrennung nuklearen Mülls, benötigt werden. Die Effizienz und Sicherheit solcher Einrichtungen wird in hohem Maße von der Qualität der Datensätze und folglich auch von der Zuverlässigkeit der eingesetzten Evaluationsmethoden abhängen. In dieser Arbeit wurde ein Großteil der existierenden Evaluationsmethoden in zwei Szenarien studiert. Dabei hat sich herausgestellt, dass in nahezu allen Methoden eine wesentliche Annahme fehlt. Üblicherweise basieren Nuklearmodelle auf Näherungen, weshalb die Vorhersagen dieser Modelle schon alleine aus diesem Grund von zuverlässigen experimentellen Daten abweichen können. Dennoch bleibt diese Unzulänglichkeit der Modelle in den Evaluationsmethoden unberücksichtigt. Dieser Umstand kann, wie in dieser Arbeit demonstriert wurde, zu evaluierten Schätzwerten und Unsicherheiten führen, die nicht mit den experimentellen Daten verträglich sind. Deshalb wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Erweiterung Bayesscher Evaluationsmethoden vorgeschlagen um einen eventuellen Modellfehler zu berücksichtigen. Diese Erweiterung basiert auf der Modellierung des Modellfehlers durch einen Gauß-Prozess. In dieser neuen Formulierung werden die Summenregeln zwischen Reaktionskanälen erhalten und weiters ist eine explizite Abschätzung des Modellfehlers möglich. Die letztgenannten Besonderheiten der neuen Formulierung sind bisher in keiner anderen Evaluationsmethode vorhanden. Außerdem wurden zwei Verbesserungen für existierende Evaluationsmethoden erarbeitet. Die eine Verbesserung betri-t Methoden, die Ergebnisse mittels Monte-Carlo-Simulation erzielen. Es wurde ein Metropolis-Hastings-Algorithmus mit einer speziellen Vorschlagsverteilung entwickelt, der sich in den studierten Szenarien als effizienter als bestehende Monte-Carlo-Simulations-Techniken erwiesen hat. Die zweite Verbesserung betrifft Evaluationsmethoden, die das Nuklearmodell auf bestimmte Weise vereinfachen. Bisher war die Anwendung dieser Methoden auf zehntausende Observablen beschränkt. Eine neue Formulierung ermöglicht die Auswertung von zehn Millionen und mehr Observablen und kann problemlos um die Berücksichtigung von Modellfehlern erweitert werden. Der neue Ansatz ist bestens für die Implementierung als Datenbankanwendung geeignet. Die Realisierung einer solchen Anwendung und ein öffentlicher Zugang versprechen die beschleunigte Erzeugung von zuverlässigen Datensätzen. Weiters erlaubt die um Modellfehler erweiterte Formulierung die automatische Erkennung von Unzulänglichkeiten des Modells und der experimentellen Daten. Folglich würde auch die Entwicklung von Nuklearmodellen mit hoher Vorhersagekraft von einer solchen Datenbankanwendung profitieren.
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The aim of nuclear data evaluation is the reliable determination of cross sections and related quantities of the atomic nuclei. To this end, evaluation methods are applied which combine the information of experiments with the results of model calculations. The evaluated observables with their associated uncertainties and correlations are assembled into data sets, which are required for the development of novel nuclear facilities, such as fusion reactors for energy supply, and accelerator driven systems for nuclear waste incineration. The efficiency and safety of such future facilities is dependent on the quality of these data sets and thus also on the reliability of the applied evaluation methods. This work investigated the performance of the majority of available evaluation methods in two scenarios. The study indicated the importance of an essential component in these methods, which is the frequently ignored deficiency of nuclear models. Usually, nuclear models are based on approximations and thus their predictions may deviate from reliable experimental data. As demonstrated in this thesis, the neglect of this possibility in evaluation methods can lead to estimates of observables which are inconsistent with experimental data. Due to this finding, an extension of Bayesian evaluation methods is proposed to take into account the deficiency of the nuclear models. The deficiency is modeled as a random function in terms of a Gaussian process and combined with the model prediction. This novel formulation conserves sum rules and allows to explicitly estimate the magnitude of model deficiency. Both features are missing in available evaluation methods so far. Furthermore, two improvements of existing methods have been developed in the course of this thesis. The first improvement concerns methods relying on Monte Carlo sampling. A Metropolis-Hastings scheme with a specific proposal distribution is suggested, which proved to be more efficient in the studied scenarios than the Monte Carlo sampling schemes of available evaluation methods. The second improvement concerns Bayesian evaluation methods based on a certain simplification of the nuclear model. These methods were restricted to the consistent evaluation of tens of thousands of observables. In this thesis, a new evaluation scheme has been developed, which is mathematically equivalent to existing methods, but allows the consistent evaluation of dozens of millions of observables. The new scheme is suited for the implementation as a database application. The realization of such an application with public access can help to accelerate the production of reliable nuclear data sets. Furthermore, in combination with the novel treatment of model deficiencies, problems of the model and the experimental data can be tracked down without user interaction. This feature can foster the development of nuclear models with high predictive power.
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