Um die verkehrsbezogenen CO2-Emissionen zu reduzieren, ist die Senkung des Kraftstoffverbrauchs von Verbrennungsmotoren von essentieller Bedeutung. Da ein großer Anteil der Kraftstoffenergie über die Abgaswärme verloren geht, kann der Kraftstoffwirkungsgrad verbessert werden, indem ein Teil dieser Wärme zurückgewonnen wird. In dieser Arbeit wird ein Abwärmerückgewinnungssystem (englisch: waste heat recovery - WHR) für schwere Nutzfahrzeuge untersucht, das die Abwärme nutzt, um ein organisches Arbeitsmedium zu verdampfen. Dieses expandiert über eine Expansionsmaschine, welche einen elektrischen Generator antreibt. Abschließend kondensiert das Arbeitsmedium und wird dem Verdampfungsprozess erneut zugeführt. Das untersuchte System unterscheidet sich von ähnlichen Systemen in der Literatur, da es mit einem hydraulisch geschlossenen Niederdruckteilsystem betrieben wird. Dies ermöglicht, den Austrittsdruck der Expansionsmaschine unter den Umgebungsdruck abzusenken, um den Wirkungsgrad der Expansionsmaschine zu steigern. Die Abgasbedingungen ändern sich hochdynamisch, was einen erheblichen Einfluss auf den Verdampfungsprozess hat. Daher erfordert dieses System eine leistungsfähige Regelung, um die zurückgewonnene Energie zu maximieren und die Systembeschränkungen einzuhalten. Aufgrund des komplexen nichtlinearen Systems und zahlreicher Systembeschränkungen stellt die Regelung von WHR-Systemen eine herausfordernde Aufgabe dar. In der Literatur werden einfache PID-Regler und LQR-Konzepte für WHR-Systeme angewendet, allerdings ermöglichen diese keine systematische Berücksichtigung der Beschränkungen. Daher werden lineare und nichtlineare modellprädiktive Regelungen (engl.: model predictive control - MPC) für WHR-Systeme untersucht. Die linearen MPC-Konzepte können aufgrund der erheblichen Systemnichtlinearitäten im Allgemeinen keine zufriedenstellende Regelgüte erzielen. Diese kann durch den Einsatz einer nichtlinearen MPC erheblich gesteigert werden, allerdings ist es schwierig eine echtzeitfähige Implementierung auf einem industriellen Steuergerät durchzuführen. Im Betrieb sind große Abweichungen zwischen den nominellen und den tatsächlichen Systemparametern sowie fehlerhafte Messungen der Abgasgrößen zu erwarten. Diese beeinflussen die Regelgüte erheblich, werden allerdings nur in wenigen Regelungskonzepten berücksichtigt. Da in der Literatur häufig hydraulisch offene Systeme betrachtet werden, bei denen die Kondensation bei Umgebungsdruck stattfindet, wurde die Regelung des Kondensationsdrucks bisher selten untersucht. In dieser Arbeit wird eine echtzeitfähige nichtlineare MPC für den Verdampfungsund den Kondensationsprozess entwickelt, die die Abweichung zwischen Modell und Strecke berücksichtigt. Um die zurückgewonnene Energie zu maximieren, werden optimale Referenzgrößen verwendet. Die Entwicklung der MPC erfordert ein mathematisches Modell, welches das stationäre und dynamische Systemverhalten genau abbildet. Außerdem soll das Systemmodell numerisch effizient sein, um als Basis für (transiente) Simulationen zu dienen. In dieser Arbeit wird ein detailliertes physikalisches Systemmodell entwickelt, welches einfach für verschiedene Systemkonfigurationen (z.B. mit einem bzw. zwei Verdampfern) adaptiert werden kann. Die Verdampfer und der Kondensator werden durch ein verteilt-parametrisches System beschrieben, welches eine geeignete örtliche Diskretisierung erfordert. Um ein numerisch effizientes und robustes Simulationsmodell zu erhalten, wird die Anwendung der Finite-Volumen Methode im Detail untersucht. Das Systemmodell wird anhand von stationären und dynamischen Prüfstandsmessungen experimentell validiert und zeigt eine hohe Modellgüte. Zur Bestimmung optimaler Referenzgrößen werden für stationäre Abgasgrößen die Zustandsund Stellgrößen berechnet, die die zurückgewonnene Energie maximieren und einen sicheren Betrieb gewährleisten. Hierzu wird ein beschränktes nichtlineares Optimierungsproblem mit zahlreichen Unbekannten numerisch effizient gelöst. Die Anwendung dieser Methode auf unterschiedliche Systemkonfigurationen ermöglicht einen Vergleich der Vorund Nachteile der einzelnen Systemkonfigurationen. Auf Basis der Optimierungsergebnisse werden die Sollgrößen für den dynamischen Betrieb abgeleitet. Für die Entwicklung der MPC wird das WHR-System mit einem Verdampfer betrachtet. Die Regelungsaufgabe kann in zwei getrennte Regelungsaufgaben für den Verdampfungsund den Kondensationsvorgang aufgeteilt werden. Da beide Teilsysteme durch nichtlineare numerisch steife Differentialgleichungssysteme beschrieben werden, ist eine nichtlineare MPC auf Basis dieser Modelle nicht echtzeitfähig. Deshalb werden die Systeme in Form von Gain-Scheduling-Modellen approximiert. Diese werden für die MPC verwendet, was auf effizient lösbare quadratische Programme zur Berechnung der optimalen Stellgrößen führt. Zur Berücksichtigung der Abweichungen zwischen Modell und Strecke wird das Systemmodell um ein Störmodell erweitert, das durch einen Beobachter geschätzt und in der MPC berücksichtigt wird. Das Regelungskonzept wird in verschiedenen Simulationsszenarien am validierten Systemmodell getestet. Die Simulationsergebnisse zeigen eine sehr hohe Regelgüte für beide Teilsysteme, selbst bei relativ großen Abweichungen der Systemparameter von den nominellen Werten.
To reduce the traffic-related CO2 emissions, it is essential to decrease the fuel consumption of internal combustion engines. Since a large amount of the fuel energy is lost through the heat of the exhaust gas, the fuel efficiency can be further enhanced by recovering some of this heat using a waste heat recovery (WHR) system. This thesis considers a WHR system for heavy-duty trucks that is based on the Organic Rankine Cycle and uses the exhaust gas heat to evaporate an organic working fluid. The evaporated working fluid expands over an expansion machine, which drives an electric generator. Finally, the working fluid condenses before it is again fed to the evaporation process. The considered system differs from several similar concepts in the literature because it is operated with a hydraulically closed low-pressure part. This allows to decrease the outlet pressure of the expansion machine below the atmospheric pressure and thus increase its efficiency. The exhaust gas conditions change in a highly dynamic way, which significantly influences the evaporation process. Thus, the operation of the WHR system requires a suitable control strategy which maximizes the recovered energy and at the same time ensures that the system constraints are met. The complex nonlinear system and several system constraints make the control of WHR systems a challenging field of research. In the literature, control concepts like simple PID controllers and LQR are presented, which, however, do not allow to consider the system (state) constraints in a systematic way. To meet this demand, linear and nonlinear model predictive control (MPC) strategies are investigated in the literature. Since linear MPC strategies do not consider the significant system nonlinearities, they show a non-satisfying control performance. The nonlinear MPC exhibits a higher control performance, but is in general not real-time capable on an automotive electronic control unit (ECU). A model-plant mismatch is expected due to deviations of the system parameters and erroneous measurements of the exhaust gas quantities. This significantly influences the control performance, but only a few control concepts take into account these effects. Several research works examine WHR systems with a hydraulically open low-pressure part. Thus, the control of the expansion machine outlet pressure has been hardly examined in the literature so far. Furthermore, most of the works do not consider a power maximizing system operation. The aim of this thesis is to develop a real-time capable nonlinear MPC strategy for the evaporation and the condensation process that takes into account the model-plant mismatch and uses power maximizing reference values for the system states. The development of the MPC strategy requires a mathematical model that accurately captures the steady-state behavior and the dynamic system operation. Moreover, this model should be computationally efficient to serve as a suitable basis for (transient) simulation studies. A detailed first-principles mathematical model is presented, which allows to easily adapt the system model to different system configurations (e.g., with one or two evaporators). The evaporator and condenser model is represented by a nonlinear distributed-parameter system, which has to be approximated by a spatial discretization. To yield a numerically efficient and robust approximation, the application of the finite-volume method is analyzed in detail. The system model is validated with measurements from an experimental test bench and shows a high model accuracy for both the steady-state and the dynamic system operation. To determine power maximizing reference values, the optimal control inputs and system states are determined for steady-state exhaust gas quantities. Since the considered system comprises several states and actuating variables and to ensure a safe system operation, the calculation of the optimal actuating variables yields a constrained nonlinear optimization problem with multiple degrees of freedom. A computationally efficient solution approach is proposed, which is applied to different system configurations to analyze the optimal operating points and their pros and cons. Subsequently, the optimal steady-state operating points are used to derive an optimal control reference for the dynamic system operation. For the MPC design, the WHR system with one evaporator is considered. Based on an analysis of the system coupling, the control structure can be split into two separate controllers, one for the evaporation and one for the condensation process. Both system parts are described by nonlinear numerically stiff differential equations, which cannot be directly used for a nonlinear MPC design. Thus, the dynamics of each system part are approximated by a suitable gain scheduling approach. The calculation of the optimal control inputs finally results in a quadratic program for each system part, which can be solved in a numerically very efficient way. To consider the significant model-plant mismatch, it is modeled by unknown but constant disturbances, which are estimated by a suitable observer and then taken into account in the MPC. The control concept is tested on the validated simulation model for several simulation scenarios in the entire operating range of the system. In conclusion, the simulation results show that the proposed control concept achieves a high tracking performance of the power maximizing control reference for both system parts, even for a large model-plant mismatch.