Kuba, W. (2022). The Perfect Match: Chemical Tools for Next-Level Bioorthogonal Bond-Cleavage [Dissertation, Technische Universität Wien]. reposiTUm. http://hdl.handle.net/20.500.12708/80053
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Number of Pages:
336
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Abstract:
Die bioorthogonale Chemie umfasst chemische Reaktionspartner, die schnell und selektiv – selbst in einer komplexen biologischen Umgebung – miteinander reagieren können. Da diese Reaktionspartner trotz der umliegenden chemischen Komplexität unversehrt bleiben und gleichzeitig selektiv nur miteinander reagieren, stellen sie den „perfekten Match“ dar. Eine der Triebkräfte der bioorthogonalen Chemie ist es die Mechanismen, die normalen und abnormalen biologischen Prozessen in lebenden Organismen zugrunde liegen, zu verstehen. Dadurch ist es möglich, eine molekulare Werkzeugkiste mit diagnostischen und therapeutischen Strategien zur Lösung klinischer Probleme zu entwickeln. Während bioorthogonale Ligationen („Click“) anfänglich nur für Molekülmarkierungen/molekulare Bildgebung und Radiotherapie verwendet wurden, hat die Entwicklung von bioorthogonalen Eliminationsreaktionen („Release“) im letzten Jahrzehnt ein weiteres Anwendungsfeld hervorgebracht. Diese neuen Anwendungen umfassen zum einen Strategien für den zielgerichteten und selektiven Wirkstofftransport (zum erkrankten Gewebe), der gegenwärtig in der klinischen Phase getestet wird, und zum anderen die Steuerung von (Bio)molekülen mit molekularer Präzision. Die außergewöhnliche Click-Reaktionsgeschwindigkeit, strukturelle Vielseitigkeit und hohe mechanistische Effizienz, machen die Ligation mit anschließender Elimination zwischen Tetrazinen (Tz) und trans-Cyclooctenen (TCO) bei zeit- und konzentrationskritischen Anwendungen zum Werkzeug der Wahl.Bei den meisten bioorthogonalen Eliminationsreaktionen, die durch Tetrazine ausgelöst werden, haben chemische Biolog*innen die Reaktionsgeschwindigkeit durch den Einsatz von relativ hohen Tz-Konzentrationen optimiert. Derzeit liegt die größte Herausforderung in folgendem Dilemma: Die reaktivsten Tetrazine wie Bis(2-pyridyl)-Tz weisen bisher nur sehr niedrige Ausbeuten der Eliminationsreaktion auf, während weniger reaktive Bis(alkyl)-Tz zu vollständigen Ausbeuten führen. Deshalb ist eine Beschleunigung des Gesamtprozesses – hohe Click- und Eliminierungs-Reaktionsgeschwindigkeiten und hohe Ausbeuten der Eliminationsreaktion – wesentlich für Anwendungen, in denen Zeit und Konzentration eine kritische Rolle spielen (insbesondere in vivo). Zusätzlich zur Optimierung müssen gleichzeitig auch alle essenziellen bioorthogonalen Stabilitäts- und Selektivitätskriterien erfüllt sein. Diese Arbeit präsentiert eine Lösung des gerade skizzierten Problems durch die Vorstellung eines neuen TCOs (iTCO), das alle bisher in der Literatur beschriebenen spaltbaren trans-Cyclooctene übertrifft. iTCO nützt dabei einen intramolekularen Mechanismus zur Steuerung der Tautomerisierung und intramolekularen Zyklisierung, um eine fast universelle Eliminierung sogar mit den reaktivsten Tetrazinen zu ermöglichen. Konkret weist iTCO eine bemerkenswerte in vitro und in vivo Stabilität auf, erreicht eine hohe Click- Reaktionsgeschwindigkeit (10,000 M-1s-1mit Bis(2-pyridyl)-Tz), sowie beinahe augenblickliche und vollständige Eliminierung. Auch ein Lösungsansatz zur Beschleunigung des Gesamtprozesses von derzeit eingesetzten trans-Cyclooctenen ist von der Tetrazin-Seite (unter Verwendung von dirigierenden Gruppen) dargestellt. Darüber hinaus werden in dieser Arbeit zwei neue Strategien zur Spaltung von trans-Cyclooctenen – ausgelöst durch eine Reaktion mit Tetrazinen – beschrieben und daraus resultierende bemerkenswerte Aktivierungen von phenolischen Prodrugs aufgezeigt. Schließlich werden zwei neue bioorthogonale Konzepte eingeführt: Eine chemoenzymatische Kaskade, die eine chemische Steuerung von enzymatischen Reaktionen erlaubt sowie das Tandem release, das eine aufeinanderfolgende Freisetzung zweier Moleküle ermöglicht.
Bioorthogonal chemistry encompasses chemical partners that can react both rapidly and selectively with one another, even in complex biological environments. Remaining intact despite the surrounding chemical complexity, they are partners that constitute a perfect match. One of the driving goals of bioorthogonal chemistry is understanding the underlying mechanisms that govern normal and abnormal biological processes in living systems at the molecular level, thereby providing a toolbox with diagnostic and therapeutic strategies for overcoming important clinical problems.While bioorthogonal ligations initially focused on applications ranging from molecular labeling/imaging to radiotherapy, the appearance of bond-cleavage reactions during the past decade has augmented the bioorthogonal toolkit with new approaches. These have included strategies for targeted drug delivery, now being tested in phase I clinical trials, and the spatiotemporal on/off control of (bio)molecules. Given exceptional click reaction rates, architectural versatility, and high mechanistic efficiency, the 1,2,4,5-tetrazines (Tz)-triggered cleavage of trans-cyclooctenes (TCO) has become the bioorthogonal tool of choice for applications with critical time or concentration constraints.