Fallgewichsdeflektometer (FWD)-Versuche sind zerstörungsfreie in-situ-Experimente, die durchgeführt werden, um Einblick in den strukturellen Zustand starrer und flexibler Fahrbahnkonstruktionen zu erhalten. Der Aufprall des Fallgewichts erzeugt eine gedämpfte Schwingung der getroffenen Fahrbahnkonstruktion. Verschiebungsmesssensoren, sogenannte Geophone, messen die maximalen Auslenkungen in bestim...
Fallgewichsdeflektometer (FWD)-Versuche sind zerstörungsfreie in-situ-Experimente, die durchgeführt werden, um Einblick in den strukturellen Zustand starrer und flexibler Fahrbahnkonstruktionen zu erhalten. Der Aufprall des Fallgewichts erzeugt eine gedämpfte Schwingung der getroffenen Fahrbahnkonstruktion. Verschiebungsmesssensoren, sogenannte Geophone, messen die maximalen Auslenkungen in bestimmten Abständen von der Fallgewichtsachse entlang der Fahrtrichtung. Zwei damit verbundene Herausforderungen bilden die Motivation für die vorliegendeArbeit: (i) Bei Betonplatten starrer Fahrbahnkonstruktionen kann der beschriebene Standard-FWD-Versuch mögliche Asymmetrien des Tragverhaltens nicht erkennen. (ii) Die Durchführung von nominell identischen FWD-Versuchen auf derselben mehrschichtigen Fahrbahnkonstruktion,aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten, ergibt normalerweise unterschiedliche Oberflächendurchbiegungen.Die vorliegende Dissertation befasst sich mit diesen beiden Herausforderungen im Kontext ingenieurmechanischer Ansätze, die innovative experimentelle Versuchsprotokolle und effiziente Struktursimulationen kombinieren, die mit mehreren Methoden durchgeführt werden.Kapitel 2 befasst sich mit der Quantifizierung von Asymmetrien des Tragverhaltens starrer Fahrbahnkonstruktionen, wobei die oberste Schicht aus rechteckigen Betonplatten besteht. Der Hauptbeitrag ist eine experimentelle Innovation: Bei in Betonplattenmitte durchgeführten FWD Versuchen werden die Durchbiegungen in acht verschiedenen radialen Richtungen und in neun verschiedenen Abständen vom Zentrum des Fallgewichts gemessen. Daraus ergibt sich ein dichtes Gitter von Punkten, an denen Durchbiegungen gemessenen werden. Die dort gewonnenen experimentellen Daten erlauben die bisher unmögliche Bewertung von Asymmetrien des Verhaltens der getesteten Fahrbahnkonstruktionen, basierend auf einem neuen Deflektionsmuldenparameter,der als Asymmetrie-Indikator bezeichnet wird. Eine alte Betonplatte, die 22 Jahre in Betrieb war, weist erhebliche Asymmetrien auf. Eine neu gebaute Platte verhält sich wiederum praktisch doppelsymmetrisch, wenn auch nicht radialsymmetrisch. Das liefert die Motivation, ein Modell mit endlicher Plattengröße für die elastostatische Nachrechnung des FWD-Versuchs auf der neuen Platte zu verwenden. Das Modell besteht aus einer Kirchhoff-Platte mit freien Rändern, die auf einer Winkler-Bettung gelagert ist. Die Steifigkeit der simulierten Platte wird gleich jener der realen Betonplatte gesetzt. Nach Optimierung von zwei Variablen: dem Bettungsmodul und einer neu eingeführten Oberflächenhilfslast, reproduziert das Modell die gemessenen Durchbiegungen sehr zufriedenstellend. Somit bietet das vorgeschlagene Modell eine interessante Alternative zum üblicherweise verwendeten, radialsymmetrischen dense-liquid-Modell (unendliche Platte auf Winkler-Bettung), bei dem die Steifigkeit der Platte und der Bettungsmodul optimiert werden,um gemessene Durchbiegungen bestmöglich zu reproduzieren.In Kapitel 3 werden FWD-Versuche mit einer T-förmigen Anordnung von Geophonen vorgeschlagen,gleichsam als Kombination der Vorteile (1) des Standard-FWD-Versuchs, nämlich:schnelle in-situ Charakterisierung und (2) des innovativen FWD-Testprotokolls von Kapitel 2,nämlich: Aussagekraft bezüglich der Bewertung von asymmetrischem Strukturverhalten. Die Hauptinnovation bezieht sich auf eine neue Anordnung der Geophone: Sieben sind entlang der Fahrtrichtung platziert, und zwei weitere entlang einer Achse orthogonal zur Fahrtrichtung,eines links und eines rechts des Fallgewichts. Um den Abstand der seitlichen Geophonevom Zentrum des Fallgewichts zu optimieren, werden FWD-Versuche mit multidirektionalen Durchbiegungsmessungen an zehn Platten durchgeführt: vier neu gebaute Platten und sechs alte Platten, die jahrzehntelang in Betrieb waren. Zwei zusätzliche Deflektionsmuldenparameter werden eingeführt: (i) der effektive Asymmetrieindex, AE28, der alle Asymmetrien, die mittels FWD-Versuchen mit multidirektionaler Messung von Durchbiegungen festgestellten werden können, in nur eine aussagekräftige Zahl zusammenfasst und (ii) der laterale Asymmetrieindex, LASIX, der für die Auswertung von FWD-Versuchen mit einer T-förmigen Anordnung von Geophonen maßgeschneidert ist. Der Abstand der beiden seitlichen Geophone vom Zentrum des Fallgewichts wird so optimiert, dass entsprechende Werte von LASIX bestmöglich mit Werten des effektiven Asymmetrieindex korrelieren. Als optimal erweist sich ein Abstand von 1,20 m. Weiters wird der Ursprung des asymmetrischen Verhaltens der Platten untersucht. Kleine LASIX-Werte,die für leichte Asymmetrien stehen, treten hauptsächlich aufgrund der endlichen Größe der Platten und/oder der Interaktion zwischen benachbarten Platten auf. Große LASIX-Werte, die für starke Asymmetrien stehen, entstehen durch die zusätzliche Langzeitbeanspruchung der Fahrbahnkonstruktion durch Gebrauchslasten, die zu einer ungleichmäßigen Schädigung des Untergrunds führen. Die LASIX-Werte korrelieren nachweislich gut mit den Richtungsvariationskoeffizienten des Parameters AREA7, der im dense-liquid-Standardmodell als Grundlage für die Quantifizierung des Bettungsmoduls verwendet wird. Damit ermöglicht LASIX die Klärung,ob die Annahme eines einheitlichen Bettungsmoduls sinnvoll oder fraglich ist. Die empfohleneT-förmige Anordnung von Geophonen ist vom Blickwinkel der praktischen Anwendbarkeit attraktiv,da sie hochautomatisierte und daher schnelle FWD-Versuche durchführbar macht, wo beider Vor-Ort-Aufwand jenem von Standard-FWD-Versuchen entspricht und gleichzeitig ein noch nie dagewesenes Quantifizieren des asymmetrischen Plattenverhaltens ermöglicht.Kapitel 4 ist der innovativen Instrumentierung von drei FWD-Feldmessstellen gewidmet. Ein starrer und zwei flexible Fahrbahnkonstruktionen wurden mit Temperatursensoren, Asphalt-Dehnungsmesssensoren und Beschleunigungsaufnehmern ausgestattet. Dies ermöglicht die Erfassung der Temperaturverteilung in der Fahrbahnkonstruktion, der Verformung des Asphalts an ausgewählten Punkten während der FWD-Versuche und der Ausbreitung von Fronten elastischer Wellen, die durch die Schichten der Fahrbahnkonstruktionen laufen. Die mit dem Entwurf,der Herstellung und dem Betrieb der Feldmessstellen gesammelten Erfahrungen werden geteilt.Hinsichtlich des Einbaus von Asphalt-Dehnungsmesssensoren wird empfohlen, in heiße Asphaltschichten unmittelbar nach deren Einbau und unmittelbar vor deren Verdichtung Stahlattrappenals Platzhalter für die Asphalt-Dehnungsmesssensoren in die Oberfläche einzubauen und kurz vor Installation der nächsten Schicht durch den eigentlichen Sensor zu ersetzen. Erste Daten aus dynamischenTests an den Feldmessstellen werden präsentiert. Bei unterschiedlichen Temperaturendurchgeführte FWD-Versuche liefern erwartungsgemäß unterschiedliche Oberflächendurchbiegungen.Schläge mit einem Vorschlaghammer auf eine Metallplatte, die über eine Hartgummiplatte auf die Fahrbahn übertragen werden, werden als kostengünstiges, einfach durchzuführendes und schnell wiederholbares dynamisches Testverfahren eingeführt. Die Versuche erlauben dieMessung der Geschwindigkeit von elastischen Longitudinalwellen, die sich von einem Beschleunigungsaufnehmer zum anderen ausbreiten. Das ermöglicht die Quantifizierung der Steifigkeiteinzelner Schichten von Fahrbahnkonstruktionen, basierend auf der Theorie zur Ausbreitungelastischer Wellen durch isotrope Materialien. Bei flexiblen Fahrbahnkonstruktionen wird gezeigt,dass saisonale Schwankungen der FWD-Ergebnisse hauptsächlich auf temperaturabhängigeSteifigkeitsänderungen von Asphaltschichten zurückzuführen sind, da andere Schichten deutlich geringere Steifigkeitsschwankungen aufweisen. Bei der starren Fahrbahnkonstruktion wird gezeigt,dass Vorschlaghammertests es ermöglichen, Situationen mit Vollflächenkontakt entlang allerSchichttrennflächen von Situation zu unterscheiden, bei denen es zu Temperaturgradienten induziertem Aufwölben der Betonplatte kommt, was zu einem teilweisen Kontaktverlust entlang einer Schichttrennfläche führt.Kapitel 5 bezieht sich auf die asphaltbezogene Temperaturkorrektur von Durchbiegungen,die während FWD-Versuchen auf einer Fahrbahnverbundkonstruktion gemessen wurden. An einer der im Kapitel 4 beschriebenen Feldmessstellen (starre Fahrbahnkonstruktion) wurden fünf FWD-Versuche im Sommer, im Winter bzw. in der Übergangszeit durchgeführt. Die gemessenen Durchbiegungen ergeben sich durch temperaturabhängige Steifigkeitsänderungen der Asphaltschicht und durch jahreszeitliche Steifigkeitsänderungen des Untergrunds. Die wesentliche Neuerung besteht darin, die gemessenen Durchbiegungen so zu korrigieren, dass sie nur noch Informationen über die saisonalen Steifigkeitsänderungen des Untergrunds enthalten. Dazu sind einige Schritte erforderlich. Zuerst werden die Steifigkeiten der Materialien der vier obersten Schichten des Fahrbahnaufbaus wie folgt ermittelt. Zwei Betonarten und Asphalt werden im Labor durch zerstörungsfreie einachsige Druckversuche bzw. zyklische Zug-Druck-Versuche (Dynamisch-Mechanische Analyse) charakterisiert. Die Steifigkeit der zementstabilisierten Schicht wird in-situ mit den in Kapitel 4 beschriebenen Vorschlaghammerversuchen quantifiziert. Der jahreszeitlich veränderliche Elastizitätsmodul des Untergrunds wird zusammen mit seiner konstanten Dicke durch mehrschichtige elastostatische Simulationen zurückgerechnet, sodass die simulierten Verformungen nahezu perfekt mit den gemessenen Verformungen übereinstimmen. Die Aussagekraft des angepassten Modells wird dadurch bestätigt, dass vorhergesagte Asphaltdehnungen hinreichend gut mit in-situ-Messungen übereinstimmen. Das mehrschichtige Modell wird verwendet, um Durchbiegungen für Asphalttemperaturen zwischen −5○C und +30○C zu berechnen, während die Dicken und Steifigkeiten aller anderen Schichten mit kontanten saisonale Durchschnittswerten in Rechnung gestellt werden. Die numerischen Ergebnisse ermöglichen die Entwicklung einer von Westergaard inspirierten Formel zur Umwandlung von gemessenen Durchbiegungen in korrigierte Durchbiegungen, die sich auf eine Asphalttemperatur von 20○C beziehen. Somit resultieren die verbleibenden jahreszeitliche Schwankungen der korrigierten Durchbiegungen auf jahreszeitlichen Schwankungen der Steifigkeit des Untergrunds. Mit der AREA4-Methode des dense-liquid-Modells werden Bettungsmoduln aus den korrigierten Durchbiegungen quantifiziert.Diese Bettungsmoduln korrelieren gut mit saisonalen Schwankungen des Elastizitätsmoduls des Untergrunds. Die gewonnenen Erkenntnisse betreffend den Einfluss der Steifigkeit des Asphalts bzw. des Untergrunds auf die Oberflächendurchbiegungen ermöglichen die Entwicklung eines weiteren Korrekturansatzes. Er ist besonders gut für die Anwendung in der Ingenieurpraxis geeignet, da er sehr einfach ist und ausschließlich gemessene Durchbiegungen als Eingabewerte erfordert. Dieser Ansatz besteht darin, die bei einem FWD-Versuch an einem Referenzdatumgemessenen Durchbiegungen gleichmäßig zu erhöhen oder zu verringern, sodass die verschobene Durchbiegung, die sich auf einen Abstand von 1500 mm vom Zentrum des Fallgewichts bezieht,gleich jener Durchbiegung ist, die in dieser Distanz während eines FWD-Versuchs an einem anderen Datum gemessen wurde. Abermals werden Bettungsmoduln aus korrigierten Durchbiegungen quantifiziert, und es wird gezeigt, dass sie gut mit saisonalen Steifigkeitsänderungen des Untergrunds korrelieren. Das entwickelte Verfahren ist auch deshalb attraktiv, weil es korrigierte Durchbiegungen (anstelle von korrigierten Werten von aus Durchbiegungen abgeleiteten Größen) liefert, und somit die Anwendung aller Methoden ermöglicht, die üblicherweise für die Interpretation und/oder Auswertung von FWD-Versuchsergebnissen verwendet werden. Das schließt sowohl verschiedene Deflektionsmuldenparameter als auch diverse Strukturmodelle ein.